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Armin Laschet hat die französische Seite scharf für ihr Vorgehen kritisiert.

© imago/Future Image/IMAGO/Jean MW

Update

„Unabgestimmte Entscheidung schwächt Europa“: Laschet kritisiert Anerkennung Palästinas durch Frankreich – auch Grüne und SPD dagegen

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron will Palästina als eigenen Staat anerkennen. 142 Staaten tun das bereits. In der Bundespolitik stößt die Entscheidung teils auf deutliche Ablehnung.

Stand:

Die CSU hat die Ankündigung des französischen Präsidenten, Palästina als eigenen Staat anerkennen zu wollen, scharf kritisiert. „Es ist das völlig falsche Signal, zum jetzigen Zeitpunkt einen palästinensischen Staat anzuerkennen“, sagte der CSU-Generalsekretär Martin Huber dem Tagesspiegel. „Damit wird die Hamas für ihren Terror belohnt.“

Eine Zwei-Staaten-Lösung sei nur möglich, wenn die Hamas zerschlagen sei, Frieden herrsche und das Existenzrecht Israels im Nahen Osten nicht mehr angezweifelt würde.

Deutliche Kritik kam auch vom früheren NRW-Ministerpräsidenten und Unionskanzlerkandidaten Armin Laschet. „Die unabgestimmte Entscheidung Frankreichs schwächt Europa und ist ein herber Rückschlag für eine gemeinsame europäische Außenpolitik“, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Deutschen Bundestag dem Tagesspiegel. „Europa wird mit solchen nationalen Alleingängen nicht ernst genommen.“

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Macron beschädige zu einem kritischen Zeitpunkt ohne Not das euro-atlantische Verhältnis. „Ohne die USA ist eine dauerhafte Lösung des Nahostkonflikts nicht möglich“, sagte Laschet. Eine schnelle Freilassung der Geiseln würde so erschwert.

Der CDU-Außenpolitiker Jürgen Hardt hält das Vorgehen Macrons ebenfalls für rein symbolisch und verfrüht. „Die Anerkennung Palästinas als eigenständiger Staat sollte am Ende des Friedensprozesses im Nahen Osten stehen“, sagte Hardt der Nachrichtenagentur AFP. Eine gute Zusammenarbeit mit der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) gebe es auch so. Deutschland gehört zu den größten finanziellen Unterstützern der PA.

Anerkennung für SPD kein Tabu, aber nicht heute

In der SPD weist man den Vorstoß von Macron ebenfalls zurück, wenn auch weniger entschieden als in der Union. „Ohne die Anerkennung eines palästinensischen Staates kann es auf Dauer keinen echten Frieden geben“, , sagte die SPD-Bundestagsabgeordnete Aydan Özoguz dem Tagesspiegel. „Allerdings müssen wir jetzt zunächst die schreckliche Situation in Gaza ändern, den Krieg stoppen, das Hungern und Sterben beenden“.

Ähnlich äußerte man sich in der Fraktionsspitze. „Für uns ist klar, dass die Anerkennung eines palästinensischen Staates kein Tabu sein darf“, sagte die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Siemtje Möller. Auch sie hält den Schritt angesichts der Entwicklungen in den palästinensischen Gebieten aktuell für verfrüht. 

Für notwendig hält sie zunächst den Aufbau staatlicher Strukturen sowie eine Reform der Palästinensischen Autonomiebehörde, die auch die zivile Verwaltung in Gaza übernimmt.  „Es braucht eine Wiederbelebung des Friedensprozesses mit einer klaren zeitlichen Perspektive, der sowohl die Normalisierung zwischen Israel und seinen arabischen Nachbarn umfasst wie auch eine zukünftige Anerkennung Palästinas.“ 

Grüne fordern gegenseitige Anerkennung

Die Grünen haben die Bundesregierung am Freitag zu mehr Druck gegenüber der israelischen Regierung aufgerufen. „Es ist ein Ausmaß an Verzweiflung, an Leid und Sterben erreicht, das nun wirklich allen Teilen der Bundesregierung klar machen sollte: Genug ist genug, mahnende Worte und stille Diplomatie reichen bei weitem nicht“, sagte die Parteivorsitzende Franziska Brantner dem Tagesspiegel. Es brauche ernsthaften Druck für einen sofortigen Waffenstillstand, ein Waffenexportstopp für den Einsatz in Gaza sowie eine Überprüfung des Assoziierungsabkommen zwischen Israel und der EU.

Eine Anerkennung Palästinas als eigenen Staat durch Deutschland forderte die Parteichefin allerdings ebenfalls nicht. Stattdessen warb auch Brantner für die Zwei-Staaten-Lösung. „Dafür braucht es gegenseitige Anerkennung – von Israel und Palästina, aber auch durch die Nachbarstaaten in der Region.“ Die Hamas stehe diesem Ziel fundamental im Wege.

Emmanuel Macron hatte eine Anerkennung schon früher in Aussicht gestellt. Am späten Donnerstagabend teilte er seine Entscheidung auf verschiedenen Plattformen mit. „Ich werde dies im September dieses Jahres vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen feierlich verkünden“, schrieb der französische Präsident auf der Plattform X.

In einem Brief an den Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmud Abbas, begründet er sein Vorgehen damit, dass für ein Ende des Krieges in Gaza und eine sichere Lebensgrundlage für Palästinenserinnen und Palästinenser mit dem Aufbau eines Staates begonnen werden müsse. „Es gibt keine Alternative“, so Macron.

Unterstützung erhielt der französische Staatspräsident aus Spanien und Saudi-Arabien. Die USA und Israel verurteilten seine Äußerungen. Bislang haben laut der Nachrichtenagentur AFP weltweit 142 Staaten einen Palästinenserstaat anerkannt. Deutschland, Großbritannien oder die USA sind nicht darunter.

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