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Schüler mobilisieren in den USA gegen die Waffenlobby – die nennt sie „Schauspieler“. Große Firmen stoppen ihr Sponsoring für Waffenfreunde.

© Damon Higgins/imago/ZUMA Press

US-Waffengesetze: Amerikas Waffenfreunde trotzen der Katastrophe

Die Gegner des laxen Waffenhandels in den USA werden immer mehr, auch große Firmen schließen sich ihnen an. Der Kongress will aber selbst Kriegswaffen nicht verbieten.

Unter dem Druck von Waffengegnern distanzieren sich immer mehr amerikanische Großunternehmen von der NRA, der National Rifle Association, als mächtigem Verband der Waffenbesitzer. Nachdem große Autoverleihfirmen, Banken und Versicherungen ihre Sonderangebote für NRA-Mitglieder nach dem Schul-Attentat von Florida annulliert hatten, zogen am Wochenende die Fluggesellschaften United und Delta nach. Doch im Parlament in Washington hat die NRA trotz dieser neuen Dimension der Debatte um Waffenbesitz nach wie vor nichts zu befürchten: Im Kongress geht es nicht um Verbote, sondern nur um die Überprüfung von Waffenkäufern und um das Verbot von Hilfsmitteln.

Dabei wirft der Tod von 17 Menschen an der Marjory Stoneman Douglas High School in Parkland in Florida vor knapp zwei Wochen vor allem die Frage nach einem Verkaufsverbot von kriegswaffenähnlichen Schnellfeuergewehren auf, finden Waffengegner und selbst einige prominente Republikaner. Das Massaker wurde von dem 19-jährigen Nikolas Cruz verübt, der völlig legal ein Sturmgewehr des Typs AR-15 kaufen konnte. Laut einer CNN- Umfrage befürworten 70 Prozent der Amerikaner strengere Waffengesetze – so viele wie seit 1993 nicht mehr. Die frühere US-Außenministerin Condoleezza Rice, eine Vertreterin der gemäßigten Republikaner, bezweifelte in einem Rundfunkinterview, dass das Recht auf Waffenbesitz in der Verfassung den freien Verkauf von „militärischen Waffen“ einschließe. Amerika müsse über die Bedeutung des Waffenrechts im 21. Jahrhundert diskutieren, sagte Rice dem Radiomoderator Hugh Hewitt: „Wir würden ja auch nicht jeden einen Panzer kaufen lassen.“

Für Waffenfans wäre ein Verbot von Sturmgewehren der Anfang vom Ende des Waffenbesitzes an sich, sie lehnen deshalb jede Änderung ab. Die NRA, Präsident Donald Trump und wichtige republikanische Politiker argumentieren, der eigentliche Skandal in Parkland sei nicht die AR-15 in der Hand eines 19-Jährigen mit Gewaltneigung gewesen, sondern die mangelnde Überprüfung des Teenagers beim Waffenkauf. Cruz sei ein „Monster“, das niemals eine Waffe hätte haben dürfen, sagt NRA-Sprecherin Dana Loesch. Im Internet werden Studenten von Parkland, die die neue Bewegung für Waffenverbote anführen und landesweit dafür eintreten, als „Schauspieler“ diffamiert.

Im Kongress stehen Befürworter eines AR-15-Verbots auf verlorenem Posten

Die demokratische Senatorin und prominente Waffengegnerin kündigte zwar an, sie werde nicht ruhen, bis Schnellfeuergewehre „von der Straße“ verschwunden seien. Doch Feinstein, die schon zu den Architekten eines früheren Sturmgewehr-Banns von 1994 bis 2004 gehörte, findet keine Mehrheit. Die Führung der republikanischen Mehrheitsfraktionen beider Kammern des Parlaments schweigt beharrlich zu allen Forderungen nach strengeren Regeln, berichtete die „Washington Post“.

Eine Gruppe aus Demokraten und gemäßigten Republikanern im Repräsentantenhaus bereitet einen Gesetzentwurf vor, der sich mit einem wirkungsvolleren Prüfverfahren bei Waffenkäufen befasst, nicht mit Waffenverboten. Lediglich die Schnellfeuer-Stutzen, die aus einer halbautomatischen AR-15 ein Maschinengewehr machen, sollen aus dem Verkehr gezogen werden. Damit hatte sich die NRA bereits nach dem Tod von 58 Menschen bei dem Massaker von Las Vegas im Oktober einverstanden erklärt. Ob daraus jetzt ein neues Gesetz wird, ist dennoch nicht sicher. Der Kongress dürfte sich zunächst wieder mit der Einwanderungspolitik befassen, weil am 5. März die bisherige Duldung junger Einwanderer, der sogenannten Dreamers, abläuft.

Angesichts dieser Lage im Parlament ist der Rückzug von Fluggesellschaften und Autoverleihern aus der Zusammenarbeit mit der NRA zwar ein empfindlicher Rückschlag für den Ruf der Waffenlobby, aber keine unmittelbare politische Gefahr. Die NRA warf den Unternehmen denn auch eine „schändliche Vorstellung von politischer und öffentlicher Feigheit“ vor; Anhänger des Rechts auf Waffenbesitz ließen sich davon nicht einschüchtern. Bei Konservativen ist die Beliebtheit der NRA ohnehin ungebrochen: Als der Bürgermeister der texanischen Metropole Dallas, Dwaine Caraway, jetzt der NRA riet, sich eine andere Stadt für ihre Jahreshauptversammlung zu suchen, meldeten sich sofort führende Politiker aus Kansas und Nebraska, um ihre Bundesstaaten der NRA als mögliche Konferenzorte anzubieten.

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