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Mit einer abfälligen Bemerkung über eine Muslimin hat sich Donald Trump keinen Gefallen getan.

© Jim Lo Scalzo/dpa

US-Wahlkampf: Trumps Eigentor

Der republikanische Präsidentschaftskandidat hat mit seinen Angriffen auf Muslime der Minderheit in den USA unfreiwillig geholfen.

Donald Trump will keine Muslime mehr ins Land lassen und stellt den Islam generell unter Terrorismus-Verdacht. Er legt sich mit der Familie eines im Krieg getöteten muslimischen US-Soldaten an und verhöhnt die Mutter des Gefallenen. Und was machen die rund drei Millionen amerikanischen Muslime? Wie nicht anders zu erwarten, sind sie erbost. Aber nicht nur: Einige sind Trump sogar dankbar dafür, dass er sich im Wahlkampf an ihrer Religionsgemeinschaft abarbeitet. Denn die Ausfälle des Rechtspopulisten haben eine viel beachtete Gegeninitiative ausgelöst, die das Selbstbewusstsein und die Modernität der Minderheit unterstreicht.

Spätestens seit dem Massaker von Orlando, bei dem ein US-Muslim im Juni fast 50 Besucher einer Homosexuellen-Bar tötete, waren die Muslime in der Defensive. Für Trump war die Gewalttat ein Beweis für seine These, dass sie am besten ganz von Amerika ferngehalten werden sollten.

Als Khizr Khan, der aus Pakistan stammende Vater des im Irak-Krieg getöteten US-Soldaten Humayun Khan, beim Parteitag der Demokraten als muslimischer US-Patriot gegen Trump Stellung bezog, wurde er deshalb für viele Glaubensgenossen zum Helden. Khans Rede sei der Moment gewesen, „auf den Amerikas Muslime gewartet haben“, kommentierte der Nachrichtensender CNN. Trump tat Khans emotionale Ansprache als Wahlkampftrick seiner Kontrahentin Hillary Clinton ab und machte sich über Khizr Khans Ehefrau Ghazala lustig, die bei der Rede ihres Mannes geschwiegen hatte.

Eine Welle der Unterstützung aus allen Teilen der Gesellschaft

Als größter muslimischer Verband in den USA verlangte der Rat für Amerikanisch-Islamische Beziehungen (Cair) darauf eine Entschuldigung von Trump für dessen „schändlichen Bemerkungen“. Muslimische Geistliche, Intellektuelle und Aktivisten protestierten gegen den Präsidentschaftskandidaten.

Trumps Umgang mit den Khans führte aber auch dazu, dass Politiker aller Parteien bis hinauf zu Präsident Barack Obama die muslimische Familie in Schutz nahmen – plötzlich waren die Muslime in der öffentlichen Diskussion nicht mehr die Ausgegrenzten. „Ich möchte Donald Trump dafür danken, dass er die Muslime zum Wahlkampfthema gemacht hat“, erklärte Salam al Marayati, Chef des islamischen Verbandes Rat für Öffentliche Angelegenheiten der Muslime. Der Populist habe amerikanischen Muslimen unfreiwillig geholfen, weil dessen Angriffe eine Welle der Unterstützung aus anderen Teilen der Gesellschaft ausgelöst hätten.

Als Reaktion auf Trumps verächtlichen Sätze über Ghazala Khan organisierte Cair eine Twitter-Kampagne, bei der Musliminnen unter dem Hashtag #CanYouHearUsNow (Kannst du uns jetzt hören) aus ihrem erfolgreichen Leben berichten. Die Botschaft an Trump: Musliminnen sind keine grauen Mäuschen, die nichts zu sagen haben, sondern Powerfrauen, von deren Energie sich andere eine Scheibe abschneiden können.

Viele Beispiele erfolgreicher Musliminnen

In den Medien wurde die Kampagne schnell zur Bühne einer modernen muslimischen Gemeinschaft, die vom restlichen Amerika bisher kaum zur Kenntnis genommen wurde.

„Als Politik-Professorin halte ich Vorlesungen vor schweigenden Männern, weil ich die Expertin im Zimmer bin“, schrieb die Akademikerin Dalia Fahmy von der George-Mason-Universität im Bundesstaat Virginia. Auch jemand wie Miriam Durrani passt so ganz und gar nicht in das Bild muslimischer Frauen, das von Trump transportiert wird: Als allein erziehende Mutter habe sie trotz aller Schwierigkeiten ihren Doktor gemacht und forsche jetzt an der Elite-Universität Harvard, schrieb Durrani auf Twitter. „Mit Schweigen habe ich das bestimmt nicht geschafft!“

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