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USA-Besuch: Von nun an: Angela und Barack

Nach Staatsbankett und Freiheitsmedaille sind Präsident und Kanzlerin "die allerbesten Freunde".

Ein unbeschwerter lauer Sommerabend unter freiem Himmel mit Freunden bei Kerzenschein und gutem Essen, das tut jedem gut – erst recht Menschen, die sich im Alltag mit Krieg und Krisen befassen und sich oft persönlichen Angriffen oder Missgunst ausgesetzt sehen. So gelöst und fröhlich wie am Dienstagabend sieht man die Kanzlerin und den Präsidenten selten. Aber es war ja auch eine Szene, die den gut 200 Augenzeugen lange im Gedächtnis haften bleiben wird: die festlich gedeckten Tische im Rosengarten vor dem Oval Office, zur einen Hand die weltberühmte Kulisse des Weißen Hauses, zur anderen die mächtigen Kronen der Bäume, die die sich weit nach Süden erstreckende Wiese einrahmen und aus deren Ästen Vogelgezwitscher in die Gesprächspausen drang.

Angela Merkel wurde eine große Ehre zuteil: Barack Obama überreichte ihr die Freiheitsmedaille, die höchste zivile Auszeichnung der USA. Ihr Lebensweg vom Pfarrerskind in der DDR ins Kanzleramt sei eine Inspiration für Menschen weltweit und ein Symbol für den Triumph der Freiheit, sagte er. Der Abend war darauf ausgerichtet, ihr eine Freude zu machen und Deutschland zu ehren. Tische und Gedecke orientierten sich am Bauhausstil. Gemüse und Kräuter stammten aus dem Küchengarten, den die First Lady wenige Schritte weiter südlich am Westrand der Südwiese angelegt hat und mit Schulkindern pflegt, um ihnen den Wert gesunden Essens nahezubringen. Das Menü band beider Lebenswege zusammen: Die Vorspeise Thunfisch-Tartar spielte auf Hawaii an, wo Obama geboren wurde; der Apfelstrudel zum Dessert auf Merkels Herkunft. Und zum Schluss sang James Taylor „You’ve Got a Friend“.

Die Liedzeilen fassen den Hauptertrag der gemeinsamen anderthalb Tage zusammen, so ungewöhnlich das klingen mag: Wenn du ganz unten bist, wenn du eine helfende Hand brauchst, dann bin ich da. Ergebnisse in der Politik sind nicht nur konkrete Vereinbarungen, zum Beispiel, wie es in Libyen weitergeht, wie man die Truppenreduzierung in Afghanistan abstimmt und welche Initiativen beide Länder für neue Friedensgespräche im Nahen Osten starten. Über all das wurde gesprochen. Wichtiger ist: Präsident und Kanzlerin sind sich persönlich nähergekommen und haben dies vor aller Welt gezeigt. Das wird Folgen für beider Politik haben. „It’s Angela and Barack now.“ Sie nennen sich nun beim Vornamen, das war für die „Washington Post“ am Morgen danach die wichtigste Nachricht.

In der Berichterstattung zeigen sich wieder einmal die nationalen Unterschiede. Typische deutsche Schlagzeilen lauteten: „Außen Ehre, innen Leere“ und „Viel Glanz, wenig Substanz“. Alles muss kritisch hinterfragt, jedes Detail mäkelnd hin und her gewendet werden. Amerikanische Medien berichteten vor dem Ereignis kaum. Aber danach schwelgen sie im Pathos und erkennen sowohl Deutschlands als auch Merkels Bedeutung an – ohne abwertende Kommentare. Obama habe keinen anderen Regierungschef aus Europa mit einem Staatsessen geehrt, vermerkt die „Washington Post“. Die Freiheitsmedaille sei den ganz Großen vorbehalten wie Papst Johannes Paul II., Nelson Mandela, Helmut Kohl – und Merkel.

Das Blatt beschreibt die Kanzlerin als nahbar, witzig, authentisch und bescheiden in ihrem Auftreten. Andere US-Medien erklären den Umstand, dass die beiden erst jetzt zum Du übergehen, mit gemeinsamen Charakterzügen. Beide seien als Außenseiter in die Politik gekommen und haben ihre Spitzenämter nicht als vorhersehbare Favoriten erreicht. Beide seien vorsichtig, scheuten unnötige Risiken, achteten auf Distanz.

Deutsche Medien hatten vor dem Besuch mit Zitaten amerikanischer Europaexperten wie Stephen Szabo und Charles Kupchan belegen wollen, wie kritisch Merkel und ihr Land angeblich in den USA gesehen werden. US-Medien nehmen jetzt die gleichen Fachleute als Kronzeugen, wie gut das Verhältnis sei.

Wo die Obamas ihren Hund Bo vor der angeblich hundescheuen Angela versteckt haben, weiß man nicht, schließt die „Washington Post“. „Eins wissen wir. Angela und Barack wollen, dass alle verstehen: Wir sind die allerbesten Freunde.“

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