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Ikone der Rechten. Die frühere republikanische Vizepräsidentschaftskandidatin Sarah Palin rief bei der vom TV-Moderator Glenn Beck initiierten Großkundgebung in Washington dazu auf, die „Ehre“ der USA wiederherzustellen.

© AFP

USA: Böses Omen für Obama

Amerikas Rechte hat mit einer provokanten Großkundgebung am Wochenende in Washington einen unerwartet deutlichen Erfolg erzielt. Nach Schätzungen kamen mehrere hunderttausend Menschen zum Lincoln-Memorial. Die Veranstalter hatten 100.000 erwartet.

47 Jahre zuvor hatte der schwarze Bürgerrechtler Martin Luther King dort vor 250 000 Zuhörern seine berühmte Rede „I Have a Dream“ über ein Amerika ohne Rassenschranken gehalten. Es war 1963 der Höhepunkt des wochenlangen „Marschs auf Washington“ im Ringen um die rechtliche Gleichstellung der Afroamerikaner.

Vertreter der politischen Linken bewerten es als Provokation, dass die Rechte ihnen 2010 mit dem Demonstrationsantrag für diesen symbolischen Tag an diesem symbolischen Ort zuvorgekommen war und versuche, sich selbst in die Tradition Kings zu stellen. Doch zur Gegendemonstration unter Leitung des schwarzen Pfarrers und Politikers Al Sharpton kamen nur wenige tausend. Dort sprachen der älteste Sohn Martin Luther Kings und Bildungsminister Arne Duncan. Es ist eine schockierende Erfahrung für die Demokratische Partei, dass sie ihre Anhänger im Gegensatz zur Rechten kaum mobilisieren konnte. Es bleiben nur noch gut zwei Monate bis zur Kongresswahl, bei der sich entscheidet, ob US-Präsident Barack Obama seine Parlamentsmehrheit verliert.

Die tatsächliche Zahl der Teilnehmer der Kundgebung am Lincoln-Memorial werde noch zu einem politischen Streitpunkt werden, hieß es in der „Washington Post“. Polizei und Parkverwaltung verwiesen darauf, dass es schwierig sei, Menschen auf den breiten, mit Bäumen durchsetzten Grünflächen der National Mall zu zählen, und machten daher keine Angaben. Luftaufnahmen zeigten, dass die Menschen auf den 800 Metern zwischen dem Lincoln-Memorial und der Gedenkstätte zur Erinnerung an die im Zweiten Weltkrieg gefallenen US-Soldaten dicht an dicht standen sowie in lockerer Formation zwischen dem Weltkriegsmemorial und dem Washington Monument, dem Obelisken in der Mitte der 2,5 Kilometer langen National Mall.

Initiator war der konservative Fernseh- und Radiomoderator Glenn Beck, der mit seinen Sendungen Millionen erreicht und seit Tagen zur Teilnahme aufgerufen hatte. Er sprach hinterher von 300 000 bis 500 000 Teilnehmern. Die erzkonservative Abgeordnete Michelle Bachmann aus Minnesota sagte: „Wir werden es niemandem durchgehen lassen, zu behaupten, es seien weniger als eine Million da gewesen.“ Nach den Luftbildern ist diese Zahl jedoch eine große Übertreibung.

Beck hatte angekündigt, die Demonstration sei unpolitisch. Sie diene dem Ziel, Amerikas Ehre wiederherzustellen und dem Militär für seine Dienste zu danken. „Hier geschieht etwas, das die menschliche Dimension sprengt“, rief er zum Auftakt im Predigerton. „Heute beginnt Amerika, sich wieder Gott zuzuwenden.“ Ein Begeisterungssturm brach los, als Beck Sarah Palin, die Ex-Vizepräsidentschaftskandidatin der Republikaner, als zweite Hauptrednerin vorstellte. „Ich spreche hier nicht als Politikerin, sondern als Mutter eines kampferprobten Veteranen“, sagte sie. Ihr ältester Sohn Track begann 2008 einen Irak-Einsatz. Die US-Soldaten seien „eine Kraft des Guten“, rief sie aus.

Die Teilnehmer waren zumeist weiße Amerikaner über 50 Jahre. Viele trugen Fahnen der „Tea Party“, einer konservativen Protestbewegung gegen Obama. Amerikas Wirtschaft und Politik seien auf dem falschen Weg; dagegen müsse man etwas tun, antworteten sie auf die Frage, warum sie teilnähmen. „Schaut euch um“, rief Palin. „Ihr seid nicht alleine. Ihr seid Amerikaner. Ihr habt dasselbe stählerne Rückgrat und dieselbe moralische Kraft wie Lincoln und Martin Luther King.“ Es redete auch Alveda King, eine Nichte des Bürgerrechtlers. Wie die meisten Rechten lehnt sie Abtreibung strikt ab.

Bei der Gegendemonstration kritisierte die Demokratin Eleanor Holmes Norton die Vereinnahmung des Bürgerrechtlers. Kings Rede 1963 habe „die Nation verändert“ und geholfen, „den Tiefpunkt des Rassismus in unserer Geschichte zu überwinden“. Becks Marsch werde hingegen „nichts verändern“.

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