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Der frühere außenpolitische Kommentator Richard Grenell (li.).

© dpa/Richard Drew

USA und Deutschland: Richard Grenell soll US-Botschafter in Deutschland werden

Mit dem US-Präsidenten verbindet Grenell die Entschlossenheit, sich über die Konventionen der traditionellen Außenpolitik hinwegzusetzen.

Bei einem leidenschaftlichen Nutzer des Kurznachrichtendienstes Twitter wie Richard Grenell ist relativ leicht erkennbar, mit welchen Themen er sich gerade beschäftigt. Seit Kurzem folgt er, der schon fast 72.000 Mitteilungen auf Twitter verbreitet hat, in dem sozialen Netzwerk den Stellungnahmen des deutschen Außenministers Sigmar Gabriel und er hebt Medienartikel über die politische Lage in der Bundesrepublik hervor. Grenell arbeitet sich ein, denn demnächst soll er als Botschafter die USA und die Trump-Regierung in Berlin vertreten. Nicht nur die Art der Vorbereitung des designierten US-Gesandten deutet an, dass Grenell ein ungewöhnlicher Botschafter werden dürfte.

Lehrjahre bei den Vereinten Nationen

Seinen neuen Posten verdankt Grenell, der Mitte September 51 Jahre alt wird, seinem engen Verhältnis zu US-Präsident Donald Trump, den er schon früh unterstützte und als außenpolitischer Experte beriet. Grenell studierte Politik an der angesehenen John F. Kennedy School of Government in Harvard und wurde als Sprecher der amerikanischen UN-Mission von 2001 bis 2008 zum Profi in der internationalen Diplomatie. Am Sitz der Vereinten Nationen befasste er sich damals mit vielen Themen, die auch heute aktuell sind. Dazu gehörten die Atomprogramme von Nordkorea und dem Iran sowie der Kampf gegen den Terrorismus.

Mit Trump verbindet Grenell unter anderem die Entschlossenheit, sich über die Traditionen und Konventionen der althergebrachten Außenpolitik hinwegzusetzen. Als der damalige Wahlsieger Trump im Dezember vergangenen Jahres mit der taiwanesischen Präsidentin Tsai Ing-wen telefonierte und damit die Ein-China-Politik der USA infrage stellte, gehörte Grenell zu den Trump-Beratern, die das Vorgehen des neugewählten Staatschefs verteidigten.

Kommentator bei Trumps Lieblingssender

Nicht nur in seinen außenpolitischen Überzeugungen setzt sich Grenell von den meisten US-Karrierediplomaten ab. Er taucht häufig als Kommentator bei Trumps Lieblingssender Fox News auf und bekennt sich zu seiner Homosexualität. Ob sein langjähriger Lebenspartner Matt Lashley mit ihm von der amerikanischen Westküste nach Berlin ziehen wird, ist nicht bekannt. Fest steht aber, dass Grenell der erste offen schwule US-Botschafter der Trump-Regierung sein wird. Grenell ist zudem Mitglied in Trumps republikanischer Partei und frommer Christ. Er ist überzeugt, dass sein Glaube ihm in den vergangenen Jahren dabei half, eine Erkrankung an Lymphdrüsenkrebs zu überwinden.

Ein ausgewiesener Deutschland-Kenner ist Grenell nicht. Auch ist er innerhalb der Trump-Regierung offenbar nicht unumstritten. Laut US-Medienberichten legte Außenminister Rex Tillerson sein Veto ein, als Trump den Hardliner Grenell im Frühjahr zum Nato-Botschafter machen wollte. Als UN-Botschafter der USA war Grenell ebenfalls vorübergehend im Gespräch. Am Freitag gab das Weiße Haus schließlich die Nominierung Grenells für den prestigeträchtigen Posten in Berlin bekannt. Der Posten ist vakant, seit John Emerson wie viele andere US-Botschafter bei Trumps Amtsantritt im Januar abgezogen wurde.

Als Trumps Vertreter in Berlin wird Grenell die Aufgabe haben, Washingtoner Regierungspositionen zu erläutern, die den Deutschen und anderen Europäern suspekt sind. Vor Kurzem betonte er in einem Interview, Trump sei anders als andere Präsidenten vor ihm bereit, „Handelspolitik und Außenpolitik miteinander zu vermischen“. In Europa verlangt Trump mehr Rüstungsausgaben und schimpft auf den deutschen Außenhandelsüberschuss.

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