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Der Bundesnachrichtendienst (BND) stand wegen der Russland-Spionageaffäre massiv in der Kritik.

© dpa/Wolfgang Kumm

Update

Verdacht auf Landesverrat: Prozess gegen mutmaßlichen BND-Spion zeitweise ohne Öffentlichkeit

Ein Mitarbeiter des deutschen Auslandsgeheimdienstes soll Informationen an Moskau weitergegeben haben. Drei Seiten der Anklageschrift wurden ohne die Anwesenheit von Journalisten und Zuschauer verlesen.

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Im Spionage-Prozess gegen einen BND-Mitarbeiter hat das Kammergericht Berlin am Donnerstag die Öffentlichkeit zeitweise ausgeschlossen, um Staatsgeheimnisse zu wahren. Andernfalls drohe eine „Gefährdung der Staatssicherheit“ Deutschlands, sagte der Vorsitzende Richter Detlev Schmidt. Die Verteidigung protestierte gegen die Geheimhaltung und stellte deshalb das ganze Verfahren in Frage.

Angeklagt sind der 53 Jahre alte Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND) Carsten L. und als Komplize der 32 Jahre alte Geschäftsmann Arthur E. Sie sollen während des Ukraine-Kriegs 2022 geheime Informationen an den russischen Geheimdienst FSB weitergegeben haben. Die Bundesanwaltschaft wirft ihnen Landesverrat in besonders schwerem Fall vor. Die beiden Deutschen sitzen in Untersuchungshaft.

Ausgeschlossen wurden Journalisten und Zuschauer bei der Verlesung von drei Seiten der Anklageschrift, in denen es um Details zu den Vorwürfen und zur Art der Geheimnisse ging. Anschließend durfte das Publikum wieder in den Saal. Rechtsanwalt Johannes Eisenberg, Verteidiger von Carsten L., sagte, wegen der Geheimhaltung sei sein Mandant nicht ausreichend in der Lage, sich zu verteidigen. Dieser stehe allein einem „riesigen Machtapparat“ gegenüber.

Eisenberg bestritt die Vorwürfe gegen seinen Mandaten. „Den behaupteten Verrat hat es nicht gegeben“, sagte der Anwalt. Er stellte die Aussagen des mitangeklagten Geschäftsmanns infrage, der ein „Hochstapler“ sei. Der Bundesnachrichtendienst wiederum habe sich an der „Verleumdung“ seines Mitarbeiters beteiligt. Es handele sich um ein „Schauverfahren“, meinte Eisenberg.

Die Verteidigung des mitangeklagten Geschäftsmanns E. legte offen, dass sich dieser bei der Einreise in die USA beim Zoll als „Quelle des BND“ zu erkennen gegeben habe. US-Behörden hätten ihn daraufhin befragt. E. habe sich freiwillig entschieden, nach Deutschland zurückzukehren. Zudem habe er maßgeblich zur Aufklärung in dem Fall beigetragen, sagte Rechtsanwalt Giuseppe Olivo.

Richter Schmidt unterbrach die Verhandlung mittags bis kommenden Mittwoch. Zur Sache äußerten sich beide Angeklagte bislang nicht. Die Verteidigung von E. kündigte jedoch an, dass der Geschäftsmann dies tun wolle. Die Aussage wird Anfang 2024 erwartet. Kommende Woche soll es zunächst um einen mutmaßlich von L. im Gefängnis geschriebenen Brief an E. gehen. Darin soll der BND-Mitarbeiter den Mitangeklagten gedrängt haben, belastende Aussagen zurückzunehmen, auf die sich die Anklage im Wesentlichen stützt.

Andere Vorfälle beim BND

Der Generalbundesanwalt hat im Dezember 2022 einen Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND) wegen des Verdachts auf Landesverrat festnehmen lassen.
Der Generalbundesanwalt hat im Dezember 2022 einen Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND) wegen des Verdachts auf Landesverrat festnehmen lassen.

© dpa/Christophe Gateau

Der BND ist der Auslandsnachrichtendienst Deutschlands. Die Behörde mit rund 6500 Mitarbeitern informiert die Bundesregierung über Entwicklungen von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung.

Zuletzt flog dort 2014 ein sogenannter Maulwurf - ein Doppelagent - auf. Das Münchner Oberlandesgericht sprach den 32-Jährigen später wegen jahrelanger Spionage des Landesverrats sowie der Verletzung von Dienstgeheimnissen schuldig und verurteilte ihn zu acht Jahren Haft. Der gelernte Bürokaufmann hatte zwischen 2008 und 2014 mehr als 200 teils streng geheime BND-Dokumente an den US-Geheimdienst CIA weitergegeben und dafür mindestens 80.000 Euro kassiert.

Die Dimensionen des Falls um Carsten L. und Arthur E. bezeichnete der Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz als „durchaus gravierend“. „Er steht exemplarisch für massive Versäumnisse bei der Eigensicherung“, sagte der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Es sei „richtig und äußerst wichtig, den Fall zum Anlass zu nehmen, die Sicherheitsvorkehrungen innerhalb der Nachrichtendienste grundlegend zu überprüfen“. (dpa)

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