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Dieses Foto veröffentlichte Alexej Nawalny am Mittwoch auf Instagram – tags zuvor war er aus stationärer Behandlung entlassen worden.

© Navalny/Instagram

Update

„Jetzt lerne ich auf einem Bein zu stehen“: Kremlkritiker Nawalny aus stationärer Behandlung entlassen

Alexej Nawalny hat die Berliner Charité erstmals nach seiner Vergiftung verlassen. Er äußert sich ausführlich zu seiner Genesung – und verhöhnt Präsident Putin.

Der vergiftete Kremlkritiker Nawalny ist bereits am Dienstag aus der stationären Behandlung in der Berliner Charité entlassen worden. Das teilte die Klinik am Mittwoch mit.

Der Gesundheitszustand des Patienten habe sich soweit gebessert, dass die akutmedizinische Behandlung beendet werden konnte. Das geht aus einer Pressemitteilung der Charité hervor. Die behandelnden Ärzte hielten aufgrund des bisherigen Verlaufs und des aktuellen Zustandes des Patienten eine vollständige Genesung für möglich. „Eventuelle Langzeitfolgen der schweren Vergiftung können aber erst im weiteren Verlauf beurteilt werden“, heißt es.

Der Kreml erklärte, Nawalny könne nach Russland zurückkommen - die Rückkehr stehe ihm jederzeit „frei“. Seiner Sprecherin zufolge will der Oppositionspolitiker zunächst weiter in Deutschland bleiben.

Die öffentliche Mitteilung zum Gesundheitszustand sei im Einvernehmen mit ihm und seiner Ehefrau erfolgt. Nawalny wurde insgesamt 32 Tage in der Charité behandelt, davon 24 Tage auf einer Intensivstation.

Am Mittwoch, wenige Stunden nachdem die Charité diese Nachricht veröffentlicht hatte, meldete sich Nawalny via sozialem Netzwerk Instagram zu Wort. Neben einem Bild, auf dem er auf einer öffentlichen Bank sitzt, schreibt er: „Das erste Mal brachten sie mich nach 24 Tagen auf der Intensivstation zum Spiegel. Eine Figur aus dem Film 'Der Herr der Ringe' sah mich an. Ich war furchtbar verärgert: Ich dachte, ich würde niemals entlassen werden.“

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Die Ärzte aber arbeiteten weiter am Wunder mit ihm. Er habe mit einem Physiotherapeuten zusammengearbeitet, gegessen und versucht zu schlafen – was sein bisher größtes Problem gewesen sei. In den letzten Tagen hab er dann sogar zweimal fünf Minuten am Tag auf den Balkon gehen dürfen. „Der Balkon war noch melancholischer: Das Wetter war toll, die Sonne schien, es gab einige Parks und Bäume darunter – und ich war auf der Station.“

Nun aber sei der Tag gekommen, an dem die Ärzte entschieden hätten, dass eine weitere Genesung keine stationäre Behandlung, sondern eine Normalisierung des Lebens erfordert. „Und jetzt humple ich in drei Größen größeren Hosen durch den Park“, so Nawalny. Die Pläne seien noch einfach: Er habe jeden Tag Termine mit dem Physiotherapeut.

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Es sei lustig, dass er davon geträumt hatte zu lernen, wie man mit einem Wakeboard hinter einem Boot entlangfährt. Und jetzt? „Jetzt lerne ich auf einem Bein zu stehen“, schreibt Nawalny auf Instagram. Er sei zum Beispiel noch nicht in der Lage, einen Ball zu werfen. Sein Gehirn wolle diese Bewegung einfach nicht machen. Bis vor kurzem war er auch nicht in der Lage, mit der Hand in einer gerade Linien zu schreiben.

Nur werde er versuchen, etwas mehr Zeit in sozialen Netzwerken zu verbringen. Der Grund: „Gestern kam ein Neuropsychologe und machte Tests, um zu überprüfen, ob ich dumm bin. Ich fragte: Was kann ich tun, um nicht nur körperlich, sondern auch vom Kopf her schnell zurückzukehren?“, so Nawalny. Die Antworte habe ihm gefallen: Er solle mehr lesen und in sozialen Netzwerken schreiben.

Es war nicht der erste Wortbeitrag Nawalnys auf Instagram. Vor wenigen Tagen hatte bereits einen Beitrag auf Instagram gepostet. Das Foto, das er dazu veröffentlichte, zeigte ihm beim Treppensteigen in der Charité. In dem Beitrag beschrieb er seinen Genesungsverlauf.

Nawalny wurde am 20. August „zweifelsfrei“ vergiftet

Es seien noch viele Probleme zu lösen, schrieb der 44-Jährige, aber „die erstaunlichen Ärzte“ der Charité „haben das Hauptproblem gelöst“. Sie hätten ihn von einer „technisch lebendigen Person“ zu jemandem gemacht, der jede Chance habe, „wieder die höchste Form des Seins in der modernen Gesellschaft zu werden – eine Person, die schnell durch Instagram scrollen kann und ohne zu zögern versteht, wo man Likes platziert“.

Nawalny war am 20. August auf einem Flug vom sibirischen Tomsk nach Moskau zusammengebrochen und zwei Tage später auf Drängen seiner Familie und Unterstützer zur Behandlung in die Berliner Universitätsklinik Charité gebracht worden. Der 44-Jährige ist inzwischen wieder bei Bewusstsein und auf dem Weg der Besserung.

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Nach Angaben der Bundesregierung wurde der Oppositionelle „zweifelsfrei“ mit einem chemischen Nervenkampfstoff aus der Nowitschok-Gruppe vergiftet, die in der früheren Sowjetunion entwickelt worden war. Moskau weist den Verdacht zurück, staatliche russische Stellen könnten Nawalny gezielt vergiftet haben.

Am Dienstag, dem Tag seiner Entlassung aus der stationären Behandlung, hatte Nawalny sich via Instagram zur Rolle Russlands geäußert – und verhöhnte den russischen Präsidenten Putin. Dieser habe behauptet, dass es doch sein könne, dass Nawalny das Gift selbst geschluckt habe. „Gute Version“, schreibt Nawalny. „Ich glaube, dass das ganz genau untersucht werden sollte.“

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Dann spinnt Nawalny die Theorie voller Sarkasmus weiter: „Ich habe 'Nowitschok' in der Küche gekocht und einen Schluck aus einer Flasche im Flugzeug genommen. Dann bin ich ins Koma gefallen. Zuvor waren meine Frau, meine Freunde und Kollegen einverstanden, dass sie es nicht zulassen würden, wenn das Gesundheitsministerium darauf besteht, dass sie mich zur Behandlung nach Deutschland bringen.“

In einem Krankenhaus in Omsk zu sterben und in einer Leichenhalle zu landen, wo die Todesursache 'genug gelebt' festgestellt werden würde – „das war das ultimative Ziel meines listigen Plans. Aber Putin hat mich durchschaut. Er kann einfach nicht getäuscht werden.“ Infolgedessen habe er „wie ein Dummkopf“ 18 Tage im Koma gelegen, sein Ziel aber nicht erreicht. „Die Provokation ist gescheitert!“

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