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Norbert Walter-Borjans, NRW-Finanzminister, ist Wortführer der SPD im Vermittlungsverfahren.

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Vermittlungsverfahren: Bescherung im Ausschuss

Der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat hat an diesem Mittwoch ein volles Programm. Es geht um mehrere Finanzgesetze. Beim Steuerabkommen mit der Schweiz geht wohl nichts - aber bewegen sich Koalition und Opposition bei der kalten Progression?

Union und FDP haben einen vorweihnachtlichen Wunsch: Es möge doch am Mittwoch im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat ein hübsches Päckchen geschnürt werden, möglichst umfangreich und mit einer Schleife dran. Ein Päckchen, das man den Bürgern unter den Baum legen kann. Wie weit die Oppositionsparteien bei der Bescherungsaktion mitmachen, ist aber die Frage. Das Päckchen wird wohl kleiner ausfallen als von Schwarz-Gelb gewünscht. Es geht in dem hinter verschlossenen Tür tagenden Gremium vor allem um vier nicht ganz unwichtige Gesetze, nicht ganz unwichtig auch für die Schaffensbilanz der schwarz-gelben Koalition: das Steuerabkommen mit der Schweiz, das Gesetz zum Abbau der kalten Progression im Einkommensteuerrecht, das Jahressteuergesetz und die steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung. In der Koalition herrscht die fromme Hoffnung, dass vor allem die Vereinbarung zur Besteuerung von deutschen Schwarzgeldkonten bei Schweizer Banken doch noch Wirklichkeit wird. Doch gerade hier sperrt sich die Opposition: Sie sieht darin eine besonders gute Gelegenheit, die Regierung von Kanzlerin Angela Merkel als Freundin der Reichen anzuprangern und gleichzeitig mit dem Nein deutlich zu machen, dass Schwarz-Gelb im Bundesrat keine Mehrheit mehr hat und ein knappes Jahr vor der Wahl auch in den Umfragen nicht. Freilich: Eine konsistente rot-grüne Strategie lässt sich vor diesem Vermittlungsverfahren auch nicht ausmachen. Wortführer der Oppositionsseite im Bundesrat ist der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD). Er machte vor der Sitzung des Vermittlungsausschusses nochmals klar, dass er von der Vereinbarung mit der Schweiz nichts hält. „Das Abkommen ist tot, dabei wird es bleiben“, sagte er dem „Focus“. Er setzt weiter auf den – allerdings fragwürdigen – Ankauf von gestohlenen Kontendaten, was im Fall von Kunden der UBS erst gerade wieder zur Entdeckung massiver Steuerhinterziehungen geführt hat. Mit dem Abkommen würden Altguthaben pauschal besteuert – zwischen 21 und 41 Prozent der Gesamtsumme –, künftig würde anonym die in Deutschland geltende Abgeltungssteuer auch auf Schweizer Guthabeneinkommen angewendet. Die Koalition hält dagegen, damit wäre ein Strich unter die Vergangenheit gezogen, für die Zukunft habe man verlässliche Einnahmen. Die natürlich auch in die Landesetats fließen – Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) würde sogar zugunsten der Länder auf Geld verzichten. Und zielt damit auf den schwachen Punkt in der Argumentation der Widerständler im Bundesrat: Bei kalter Progression, Gebäudesanierung und kleineren Maßnahmen im Jahressteuergesetz klagen sie händeringend über Einnahmeausfälle für die Länder. Warum aber verzichten sie dann auf die sicheren Einnahmen aus dem Steuerabkommen? Zumal mit jedem Jahr Ansprüche des Staates wegen Verjährung verfallen. Doch scheint sich vor allem die SPD festgelegt zu haben. Es dürfte auch nicht verfangen, dass Deutschland mit der Ablehnung des Abkommens eine Art Alleingang beginnt. Denn die Schweiz hat ganz ähnliche Abkommen mit anderen EU-Staaten gemacht oder ist gerade dabei, es zu tun – unter anderem mit Griechenland. Wie stehe man gegenüber Athen da, wenn das Abkommen scheitere, fragt man in der Union. Bewegung könnte es bei der Progression geben, als der kleinen Entlastung für Mittelverdiener. In der Union setzt man darauf, dass jedenfalls die Sozialdemokraten hier mit einer Blockade nichts gewinnen – sondern sich bei Facharbeitern und Angestellten eher Ablehnung einfangen. SPD und Grüne wollen zwar die Anhebung des steuerlichen Grundfreibetrags mitmachen (schon weil es verfassungsrechtlich geboten ist), aber der Milderung der Progression nur zustimmen, wenn Verluste für die Staatshaushalte über eine „angemessene Erhöhung“ des Spitzensteuersatzes ausgeglichen werden. Die Union wäre da möglicherweise beweglich, die FDP ist es bisher nicht. Freilich ist hier die Frage, wie ein Kompromiss ausgestaltet würde – immerhin greift der aktuelle Spitzensteuersatz schon bei Mittelverdienern unbarmherzig zu, genau wie die kalte Progression.

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