zum Hauptinhalt
Grünen-Fraktionschefs Anton Hofreiter, Katrin Göring-Eckardt

© dpa

Verschmähte Koalitionsoption: Grüne wollen für die Zukunft auch Linksbündnis denkbar machen

Die SPD hat vor der Bundestagswahl Rot-Rot-Grün ausgeschlossen - und will sich auch daran halten. Führende Grüne ärgert, dass es nicht einmal ein Sondierungsgespräch mit der Linkspartei geben wird.

Von Matthias Meisner

Anton Hofreiter gehörte zu den Vorreitern. Der Grünen-Politiker verfasste Im Januar 2010 mit jungen Bundestagsabgeordneten aus SPD und Linkspartei ein Papier mit dem Titel „Das Leben ist bunter“. „Inhaltsleere Farbenspiele bringen niemanden weiter“, hieß es darin. Und deshalb wurden gemeinsame Ziele aufgelistet - von der Bildungs- über die Gesundheits- bis zur Sozialpolitik -, „die eine rot-grün-rote Option möglich und sinnvoll machen“. Hofreiter, seit ein paar Tagen einer der beiden Chefs der Grünen-Bundestagsfraktion, schrieb damals mit zwei Dutzend weiteren Politikern, der rechtzeitige Beginn des Dialogs zwischen den drei Oppositionsparteien „kann neue politische Perspektiven eröffnen“.

Doch der Dialog kam nicht richtig in Gang, 2013 hat ein Linksbündnis im Bund wieder nur eine rechnerische Chance. Die Grünen, die wohl weiter Oppositionspartei bleiben, ärgert das offenkundig mehr als die SPD. Die Grünen-Politikerin Sylvia Löhrmann, stellvertretende Ministerpräsidentin Nordrhein-Westfalens, etwa riet den Sozialdemokraten am Wochenende, wenigstens noch ein Gespräch zu führen, um die Linke „zu fordern“. Und Hofreiter bekräftigte, eine rot-rot-grüne Koalition hätte „viele inhaltliche Übereinstimmungen“. Der "Rheinischen Post" sagte er, er wolle seine Fraktion "inhaltlich und mental darauf vorbereiten, dass künftig sowohl rot-grün-rote als auch schwarz-grüne Koalitionen denkbar sein sollten". Wobei Schwarz-Grün für ihn "eher eine komplementäre Koalition" wäre, bei der man "in vielen Dingen unterschiedlicher Meinung" wäre. "Aber es könnte auch durchaus spannend sein, in so einer Konstellation zu gemeinsamen Lösungen zu kommen". Schon am Abend der Bundestagswahl hatte Hofreiter im Gespräch mit dem Tagesspiegel mit Blick auf ein Linksbündnis erklärt: "Es ist einfach wichtig, dass demokratische Parteien vernünftig Koalitionen miteinander eingehen können."

Seine Ko-Chefin Katrin Göring-Eckardt sagte: „Wenn der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel uns und die Linkspartei zu Sondierungsgesprächen über eine Regierungsbildung einladen sollte, würden wir auch da hingehen.“ Sie fügt dabei allerdings auch zu, dass sie die Linken wegen deren Außen- und Europapolitik derzeit nicht für regierungsfähig hält." Gabriel indes hat offenkundig kein Interesse, die Linke durch die Einladung zu einem Gespräch aufzuwerten – ein Fehler, wie führende Grüne dazu erklären. Der Ex-Fraktionsvorsitzende Jürgen Trittin bilanzierte: „Solange die SPD sich weigert, das zu tun, kann man freundlich Kaffee trinken mit Gregor Gysi. Aber das wäre noch keine Sondierung.“

Die Linke selbst weiß, dass es aktuell mit Rot-Rot-Grün nicht klappen wird. Aber sie tut alles, um das Thema im Gespräch zu halten. Am Montag in Berlin mahnte deren Bundesvorsitzender Bernd Riexinger erneut, für zentrale Forderungen von SPD, Linken und Grünen gebe es eine Mehrheit im Bundestag. Und warnte die Sozialdemokraten vor dem Weg in eine große Koalition, die "großer Mist" sei. Lob zollte er Vertretern des linken Flügels der Grünen, die auf deren Bundesparteitag am Wochenende für rot-rot-grüne Sondierungen eintreten wollen: "Ich kann das nur begrüßen." An diesem Donnerstagabend will sich Riexinger mit dem Berliner SPD-Chef Jan Stöß und dem Grünen-Bundestagsabgeordneten Hans-Christian Ströbele auf ein Podium setzen. Das Thema der Diskussion lautet: „Rot-Rot-Grün – von der rechnerischen Mehrheit zum politischen Projekt“. Ein Fragezeichen fehlt in der Veranstaltungsankündigung.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false