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Wer provoziert wen? Auf diesem Screenshot wirkt es so, als ob der Schüler den Ureinwohner schikaniert. Doch weitere Filmaufnahmen erzählen eine andere Geschichte.

© Kaya Taitano/Social Media/via REUTERS

Video zu Native American: Vermeintlich eindeutig

Die Aufregung war groß, als ein Video scheinbar zeigte, wie ein amerikanischer Schüler einen Native American schikaniert. Doch die Geschichte ist komplizierter.

Das lässt sich der US-Präsident nicht entgehen. Mit einem Tweet verwandelt Donald Trump die Steilvorlage, die ihm viele Nutzer der sozialen Netzwerke so leichtfertig geschenkt haben: „Nick Sandmann und die Schüler von Covington sind zum Symbol der Fake News geworden und dafür, wie gemein das sein kann…“ Und schon hat er einen Grund mehr, sich über die „unfaire Berichterstattung“ aufzuregen: die über ihn selbst.

Dabei war die Geschichte doch so eindeutig. Da war dieser Junge mit der roten MAGA-Kappe (MAGA steht für Trumps Slogan „Make America Great Again“), der umringt von johlenden Mitschülern grinsend vor dem zerbrechlich-älteren Mann steht, der erkennbar zur Gruppe der Native Americans zählt. Die Szene vor dem Lincoln-Memorial in Washington, festgehalten in einem Video, wirkte respektlos, rassistisch, bedrohlich – das millionenfach angeklickte Video wurde weltweit als Beleg dafür genommen, wie schlimm es mittlerweile um die politische Kultur der USA steht. Beliebte Überschrift vieler Medien: „Jugendliche Trump-Fans verhöhnen Ureinwohner“. Im Internet wurde voller Hass gefordert, den Jungen zu outen, ihn von der Schule zu schmeißen und Schlimmeres.

Es klang zu perfekt

Mit dem Auftauchen weiterer Videos wurde der Fall kompliziert. Neben den Schülern und den Ureinwohnern spielte eine weitere Gruppe eine Rolle: afroamerikanische Aktivisten der Sekte „Schwarze Hebräer“. Alle drei Gruppen hatten zuvor an Demonstrationen teilgenommen, die Schüler der katholischen Covington-Highschool aus Kentucky an einer von Abtreibungsgegnern, die anderen beiden an dem „Marsch der Indigenen Völker“. Wie nun in den anderen Filmaufnahmen zu sehen ist, provozierten vor allem die Handvoll Afroamerikaner. Sie beschimpften besonders die Schüler, machten sich über Trump lustig. Die Schüler, die nach eigenen Angaben auf ihre Rückreise warteten, reagierten mit Gelächter und Gesängen, sie wichen nicht zurück. Zwischen die beiden Gruppen schob sich der Indigene Nathan Philipps und trommelte, um zu deeskalieren, wie er später sagt. Allerdings schiebt er die Schuld an der Spannung den Schülern zu, was die Aufnahmen nicht belegen.

Nicht alles ist eindeutig geklärt, aber sicher ist, dass voreilig geurteilt wurde. Zu perfekt klang die Version rassistischer Schüler versus älterer Ureinwohner. Dabei ist nicht ausgeschlossen, dass es zu solchen Szenen kommt. Rassismus ist immer noch Alltag. Aber hier trifft der Vorwurf offenbar den Falschen. Auch wenn es schwer fällt, Trump in dieser Frage triumphieren zu sehen.

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