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Ein US-Bundespolizist trägt eine Waffe mit Gummigeschossen.

© Imago/Nathan Howard

Trumps martialische Bundespolizisten: Warum US-Großstädte plötzlich wie Kriegsschauplätze wirken

Die von der Trump-Regierung entsandten Bundespolizisten fördern die Eskalation der Gewalt in US-Städten. Das steckt hinter ihrem martialischen Aussehen.

Hellgrüne Laserlichter schnellen durch die rauchdurchflutete Dunkelheit. Im Nebel bewegen sich Silhouetten durch die Straßen Portlands. Was aussieht wie eine Kriegsszene, sind Proteste gegen Polizeigewalt und Rassismus nach dem Tod von George Floyd. Die hellgrünen Lichter münden in Schusswaffen von US-Bundespolizisten in Tarnanzügen.

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Die Bundespolizisten, die dem Heimatministerium unterstellt sind, sind im Auftrag der Trump-Regierung in der Stadt, um „Bundesgebäude vor Vandalismus zu schützen“ – gegen den Willen der Stadt und der Regierung des Bundesstaates Oregon. Nach „Hunderten“ in Portland will Trump nun auch 150 Sicherheitskräfte nach Chicago entsenden.

Das ist allerdings nicht der einzige Streitpunkt: In den USA wird immer wieder Kritik laut, dass das martialische Auftreten der US-Bundespolizei eine Eskalation der Gewalt und unangemessenes Verhalten auf Seiten der Demonstranten fördere.

Das martialische Aussehen kommt nicht von ungefähr: Denn die Ausrüstung eines Großteils der Polizeieinheiten ist ehemaliges Equipment des Militärs. Seit 1997 gibt es das US-amerikanische „1033“-Programm. Ursprünglich war es für unterfinanzierte Polizeibehörden gedacht, mittlerweile hat jede Behörde die Möglichkeit, an ehemaliges Kriegsgerät zu kommen.

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Bis 2014 verteilte das „Law Enforcement Support Office“ des Verteidigungsministeriums ehemalige Militärgüter im Wert von rund 3,7 Milliarden Euro an US-Polizeibehörden. Darunter neben Schusswaffen und Uniformen auch massive Fahrzeuge, wie sogenannte Humvees, die auch in Portland zum Einsatz gekommen sein sollen. Die Humvees sind vor allem von Bildern aus dem Irakkrieg und Afghanistan bekannt.

Der ehemalige US-Präsident Barack Obama hatte das Programm 2015 beschränkt, sein Nachfolger Donald Trump die Anordnung dann aber zwei Jahre später wieder aufgehoben – und damit ein Wahlversprechen eingelöst. Durch die Weiternutzung der Güter spart die Bundesregierung zwar Geld. Allerdings gab es schon damals Kritik an der „Militarisierung“ der Polizei.

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Die Bürgerrechtsorganisation ACLU kritisierte schon damals Trumps Entscheidung. Es gebe eine „Epidemie“ von Polizeigewalt, weshalb es jeder Logik entbehre, die Polizei mit Kriegswaffen auszustatten. Die Beamten würden Ausbildungsmethoden und Ausrüstung nutzen, die für das Schlachtfeld bestimmt seien.

Die ACLU äußerte sich auch zum derzeitigen Vorgehen der US-Bundespolizisten äußert kritisch und wirft ihnen „brutale Attacken“ vor:

Bundespolizei in Portland – mit militärischer Ausrüstung.
Bundespolizei in Portland – mit militärischer Ausrüstung.

© Imago/Nathan Howard

Die Schusswaffen, die die US-Bundespolizisten als Ordonanzwaffen – einer Art Dienstwaffen – nutzen dürfen, firmieren unter der Bezeichnung Colt M4. Ähnlich wie das Vorgängermodell M16 ist es ein Sturmgewehr, das vor allem zum Einsatz der US-Armee angedacht ist. In Portland kamen sie allerdings nicht zum Einsatz: Dort waren es lediglich Waffen mit Gummigeschossen und Tränengas.

Allerdings nutzten die Bundespolizisten in Portland beispielsweise Gasmasken oder Schutzwesten, die ursprünglich für militärische Zwecke ausgelegt waren.

Mit einem Dekret hatte Trump nicht nur Beamten der Zoll- und Grenzschutzbehörde den Einsatz in Portland bewilligt, sondern laut „New York Times“ auch Mitgliedern des Sondereinsatzkommandos Bortac, das sonst Drogenschmuggel bekämpft. Wie die „New York Times“ weiter berichtet, sind die Beamten nicht speziell dafür ausgebildet, Massendemonstrationen oder Gewaltausbrüche zu kontrollieren.

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Zum martialischen Auftreten der US-Bundespolizisten passt, dass einer der einflussreichsten Polizeiausbilder der USA, Dave Grossman, nur kämpferische Polizisten für gute Polizisten hält. Von Grossman stammen Sätze wie: „Ihr seid Männer der Gewalt. Gewalt ist euer Werkzeug.“ Der Name seiner Website, über die er auch Seminare anbietet, ist selbsterklärend: killology.com.

Stuart Schrader, Soziologe der Johns Hopkins University nennt Grossman einen „Soziopathen“, der „Polizisten dafür trainiert, erst zu schießen und danach zu fragen“.

Dabei ist der Gebrauch von Schusswaffen in den USA tatsächlich grundlegend anders als in Deutschland: Während er hierzulande in einem Konflikt der letzte Lösungsweg sein soll und nur erlaubt ist, wenn Polizisten und andere konkret bedroht sind, ist er in den USA erlaubt, wenn es den Beamten als angebracht erscheint.

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Geschützt werden sie dabei vom Obersten Gericht: Die Polizisten unterliegen im Dienst einer „qualifizierten Immunität“ – sie sind demnach vor juristischen Folgen geschützt, solange sie im Dienst nicht klar gegen Verfassungsrechte verstoßen. Der Ermessensspielraum darüber, ob die Polizisten Gewalt anwenden dürfen, ist bewusst groß gehalten.

Die Forschung zeige, dass sich nicht gewaltbereite eher mit gewaltbereiten Demonstranten solidarisieren, wenn sie das Vorgehen der Polizei als unangemessen und feindlich erleben, berichtet Soziologin Anne Nassauer von der FU Berlin.

Sie hat Gewaltfaktoren bei zahlreichen Großdemonstrationen verglichen – und kommt zu einem Schluss, der sich sehr gut auf die Geschehnisse in Portland übertragen lassen: „Setzt man auf ausgiebige Kommunikation mit Demonstrierenden im Protestverlauf, trägt dies massiv zur Deeskalation bei.“ Was allerdings nicht funktionieren kann, wenn die Polizisten dazu gar nicht in der Lage sind.

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