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Verlor den Kampf gegen den Krebs: Thobeka Daki hätte mit besseren Medikamenten eine größere Chance auf Genesung gehabt.

© Promo/Ärzte ohne Grenzen

Krebsforschung in Südafrika: Wer Geld hat, darf weiterleben

Südafrika ist weltweit für medizinische Spitzenforschung bekannt – arme Menschen haben wenig davon, denn der Markt bestimmt die Medizin.

Kurz vor dem Weltkrebstag am Sonntag hätte die Nachricht für Betroffene im südlichen Afrika nicht passender kommen können: Ein Pharmakonzern kooperiert mit Südafrikas Regierung und der Universität Kapstadt, um ein neues Krebsmedikament auf den Markt zu bringen. „Dass wir hier eine lokale Technik in Studien testen, ist eine großartige Entwicklung und zeugt von dem Fortschritt in diesem medizinischen Bereich, der so viele Menschen weltweit bedroht“, so der Präsident von BGM Pharma, Martin Magwaza. Auch Patienten mit Knochenkrebs äußerten zuletzt wieder Hoffnung angesichts verbesserter Verfahren der Knochenspende.

Ein weiterer Hoffnungsschimmer ist saftgrün und trägt Blätter wie Federn: Der Kraalbos (Weidenbusch) wächst ausschließlich in Südafrika und Namibia. Während Schafe und Kühe an seinem Giftsaft sterben, könnte der Strauch das Geheimnis für ein neues Krebsmittel bergen: „Im Labor stellten wir fest, dass er sehr effektiv Brust- und Hautkrebs-Zellen bekämpft“, sagt Burtram Fielding, Professor für Molekularbiologie an der Universität Westkap.

Allerdings: Wie fast überall im Gesundheitssektor der jungen Nation, trifft auch in der Krebstherapie die glänzende Theorie auf eine eher desaströse Realität. Südafrikas Menschenrechtskommission (SAHRC) prangerte zuletzt Wartezeiten auf eine Krebstherapie von bis zu acht Monaten an. Daneben birgt die Behandlung mit 700 bis 70.000 Euro eine finanzielle Belastung – und eine besondere Herausforderung in einem Land, das laut Weltbank die ungerechteste Einkommensverteilung der Welt verzeichnet.

Die meisten Südafrikaner sind arm - die Medizin bestimmt aber der Markt

Trotz Aufschwung gilt mehr als die Hälfte der Südafrikaner als arm. Im staatlichen Gesundheitssystem bleibt diese weitgehend von einer effektiven Behandlung ausgeschlossen. Tausenden Menschen droht ein frühzeitiger Tod nicht zuletzt wegen drakonischer Patentrechte. Selbst der Warnruf von Ärzte ohne Grenzen (MSF) konnte Pharma-Großkonzerne in der Kaprepublik bisher nicht dazu bewegen, ihren eisernen Griff um den Markt zu lockern.

Viele Therapien sind unerschwinglich und werden vom Staat nicht bezahlt

„Ich werde sterben“, wusste Thobeka Daki. Nachdem Ärzte 2013 Brustkrebs diagnostiziert hatten, entwickelte sich die zweifache Mutter aus dem Township zu Südafrikas lautstärkster Gesundheitsaktivistin. Vor einem Jahr erlag sie ihrer Krankheit. Sie starb mit dem Wissen, dass eine Arznei ihre Überlebenschancen um ein Drittel gesteigert hätte: Herceptin vom Pharma-Riesen Roche ist am südafrikanischen Markt erhältlich. Doch eine Jahresbehandlung kostet eine halbe Million Rand (33.000 Euro). Für den Großteil der Südafrikaner bleibt dies unerschwinglich und der öffentliche Gesundheitssektor weigert sich, dafür zu zahlen. So war es auch bei Thobeka Daki, die das Mittel deshalb nicht erhielt.

„Thobeka wurde die Chance auf ein längeres Leben vorenthalten“, sagt Lotti Rutter. Die Sprecherin der „Treatment Action Campaign“ sieht den Tod ihrer Mitstreiterin nicht als Einzelfall: Er sei tägliches Schicksal in Südafrika. Deshalb kämpft ihre Organisation gemeinsam mit MSF dafür, den Markt für günstigere Krebsmedikamente zu öffnen. „Es gibt keine Rechtfertigung für die hohen Preise. Laut einer Studie kostet die Entwicklung von Krebsmedikamenten 648 Millionen US-Dollar, der mittlere Umsatz aber liegt bei 1,6 Milliarden. Es ist gewissenlos, dass Konzerne wie Roche profitieren, indem sie auf hohe Preise und geringe Verbreitung setzen, während durch das gegenteilige Gesundheitsmodell tausende Leben gerettet werden könnten“, sagt Rutter.

2017 konnten die Aktivisten einen Etappensieg verbuchen. Erstmalig leitete Südafrikas Wettbewerbskommission Untersuchungen gegen führende Pharmakonzerne ein, weil sie „Missbrauch“ und „exzessive Preispolitik“ vermutete. Die Ermittlungen gegen Aspen wurden aus Mangel an Beweisen eingestellt. Weiter im Fadenkreuz haben die Ermittler Pfizer und Roche. „Der Wettbewerbsfall wird dazu beitragen, Krebsmedikamente leistbarer zu machen“, ist Natalie Schellack, Pharmazeutin und Universitätsdozentin in Pretoria, überzeugt. „Massive Mittel fließen in Forschung und Biotechnologie, um diese schreckliche Krankheit zu heilen. Dem Großteil der Weltbevölkerung nützt dies aber nicht.“

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