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Bundeskanzlerin Angela Merkel (r, CDU) und Olaf Scholz (SPD), Bundesfinanzminister, sitzen zu Beginn der Kabinettssitzung im Bundeskanzleramt.

© Bernd von Jutrczenka / dpa

Merkels Lehre von der Geduld: Wie die Groko noch besser werden kann

„Ungeduld riecht man“, meint die Kanzlerin. Das sollte die SPD bedenken – und cooler werden. Dann klappt's auch in der Groko. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Das ist die Art politische Coolness, die sich Olaf Scholz für die SPD wünscht. Und sie ist seiner eigenen auch gar nicht mal so unähnlich. Gemeint ist Angela Merkel, die Sozialdemokratin ehrenhalber, die beim Tag der Offen Tür der Bundesregierung zum Thema „Wie verhandle ich richtig“ lebensnah und praktisch wurde. O-Ton Kanzlerin: „Wenn Eltern abends ausgehen wollen und wollen, dass die Kinder schnell ins Bett gehen, dann geht das meistens schief, weil die Kinder riechen das und brauchen besonders lange. Genauso ist es in der Politik. Wenn derjenige, mit dem man verhandelt, spürt, dass ich ungeduldig bin, dann wird's garnüscht. Ungeduld riecht man.“

Genau. Deshalb hat die SPD in der öffentlichen Wahrnehmung unter anderem ein Problem – weil sie immer ungeduldig ist, und das nicht zuletzt mit sich selbst. Immer reicht ihr selber vor allen anderen nicht, was sie erreicht hat, ganz schnell muss es noch mehr sein. Und das ist, logischerweise, in einer Koalition nicht zu schaffen.

Dabei hat diese Koalition, die Groko, die seit Anfang umstrittene, in den ersten 15 Monaten ihrer Regierungsarbeit schon mehr 60 Prozent der insgesamt 296 Versprechen in die Tat umgesetzt oder angepackt, wie es eine Studie der Bertelsmann-Stiftung ergibt. Daher das Urteil „rekordverdächtig“. Man stelle sich vor: Diese Groko kann es schaffen, alle Versprechen abzuarbeiten! Mit der Einschränkung, dass sie dafür bis zum Ende dieser Legislaturperiode durchhalten müsste.

Genossen trotz Erfolg unzufrieden

Ja, und wer schneidet besonders gut ab? Die SPD. Ein Viertel (!) des Koalitionsvertrags findet sich ausschließlich in ihrem Programm, im Vergleich zu den elf Prozent der Union. Aber die Genossen sind nicht euphorisch, nicht einmal so richtig zufrieden. Da sagt Manuela Schwesig, Interimsvorsitzende, sie kämen in der Koalition ganz gut voran. Zu Gerhard Schröders Kanzlerzeiten wäre das die Untertreibung des Jahres geworden.

Wer, wenn nicht die SPD, müsste von sich selbst überzeugt sein, um auch andere zu überzeugen? Nur ist ihr das so gar nicht gegeben. Stattdessen überlegen die meisten – linken – Kandidaten für den Parteivorsitz, ob die Groko nicht doch besser passé sein sollte. Weil die Wähler weglaufen.

Unzufriedenheit als Markenzeichen führt bloß dazu, dass auch der Wähler, der es ja nicht besser weiß, unzufrieden wird. Was im Übrigen zunehmend auch für die CDU gilt. Darum: Mit ein wenig Geduld auf beiden Seiten kommen Grundrente und Soli-Abschaffung und all das andere. 296 ist die Zauberzahl, und zur Halbzeit war niemand je besser. Nicht zuletzt „Crazy Horst“ Seehofer gibt sich größte Mühe als Innenminister: Seine Bilanz ist sogar die beste. Cool – ein Sieg der Geduld.

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