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Trump-Anhänger mit Maske auf einer "Stop-the-steal"-Demonstration

© Nathan Howard/Getty Images/AFP

Ein Mann wurde abgewählt, nicht seine Ideologie: Zerbricht mit Trumps Aus jetzt auch die Republikanische Partei?

Der US-Präsident will von seiner Niederlage nichts wissen. Das Gros seiner Parteifreunde aber hält weiter zu ihm. Kein Wunder. Eine Analyse.

Das wäre es doch: Eine Abordnung honoriger Repräsentanten der Republikanischen Partei geht ins Weiße Haus und bittet den Präsidenten um ein Gespräch. Einer nach dem anderen legt Donald Trump dar, warum er aufhören soll, das Ergebnis der Wahl in Zweifel zu ziehen. Inständig bitten sie ihn, seine Anwälte zurückzupfeifen und seine Niederlage einzugestehen.

Heißt konservativ zu sein nicht auch, einen friedlichen Machtwechsel anständig über die Bühne zu bringen? 

Wer an ein solches Szenarium glaubt, verdrängt in seiner Fantasie, wie fundamental der Transformationsprozess ist, den Trump seiner Partei aufgezwungen hat. Trump wetterte gegen Migranten, städtische Eliten, das Establishment, die Globalisierung.

Er kündigte reihenweise internationale Verträge auf, das Pariser Klimaschutzabkommen verhöhnte er als unsinnig. Die Republikanische Partei nahm all das nicht nur klaglos hin, sondern folgte dem Präsidenten. Einer nach dem anderen fiel um.  

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Wird die Partei nun, nach dessen Abwahl, zu ihren moderaten Wurzeln zurückfinden? Wird sie gar die Idee eines „mitfühlenden Konservativismus“ wiederbeleben, wie George W. Bush ihn einst propagiert hatte?  

Das Pendel schlug nicht deutlich genug aus

Nein. Aus Sicht der „Grand Old Party“ (GOP) wurde ein Mann abgewählt, nicht seine Ideologie. Im Repräsentantenhaus gewannen die Republikaner hinzu, die Sitzverteilung im Senat ist weiter offen, in fast allen Wählergruppen konnte Trump zulegen, auch bei Frauen und Latinos. Nur unter alten, weißen Männern bröckelt die Unterstützung. Anlass zu Selbstzweifel, Strategiedebatten und Neuorientierungen gibt es also nicht.  

Das Gefühl, auf dem richtigen Weg zu sein, wird verstärkt durch den Kontrast des Wahlergebnisses, das keine Klatsche war, mit der Schwere der Probleme, vor denen das Land steht.

Covid-19 hat mehr als 230.000 Amerikaner getötet, die Wirtschaft ist eingebrochen, Straßenproteste gegen Rassismus und Polizeigewalt halten an, die Polarisierung der Bevölkerung gipfelte in einem – zum Glück vereitelten – Entführungsversuch der Gouverneurin von Michigan durch Rechtsextremisten. Nicht zuletzt der verheerende Aufritt Trumps in der ersten TV-Debatte hätte das Pendel deutlich in Richtung Joe Biden ausschlagen lassen müssen.  

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Hat es aber nicht. Und das heißt, wiederum aus republikanischer Sicht: Der Trumpismus bleibt mehrheitsfähig. Die Umarmung Trumps hat den Republikanern nicht geschadet. Warum sollten sie jetzt auf Distanz zu ihm gehen, zumal Gegnerschaft zum Präsidenten in aller Regel den Abtrünnigen geschadet hatte.  

Trump spielte über Bande

Die Annahme der Demokraten jedenfalls, dass eine zunehmend diverse Gesellschaft automatisch ihrer Partei nützt, wurde durch das Wahlergebnis nicht klar bewiesen. Trump war in der Lage, die Basis zu mobilisieren, Enthusiasmus zu entfachen – ohne dafür wirklich abgestraft zu werden.  

Der Trumpismus war erfolgreich durch eine Art Zangenbewegung. Trump versuchte gar nicht erst, die GOP durch geduldiges Zureden und gute Argumente von seinem Kurs zu überzeugen, sondern er spielte über Bande. Durch stete Twittereien und hetzerische Reden bewirkte er eine Radikalisierung seiner Anhängerschaft.

Die wiederum übte Druck aus auf die Abgeordneten und Senatoren der Republikanischen Partei. Dadurch setzten sich in vielen Vorwahlen Trump ergebene Politiker durch. Die im „Lincoln Project“ und bei den „Never Trumpers“ versammelten Dissidenten hatten dieser Dynamik kaum etwas dagegenzusetzen.  

Stark und falsch schlägt schwach und richtig

Trump ist bald weg, doch seine Partei hat er erfolgreich auf Kurs gebracht. Es ist nicht zu sehen, zu welchen Zielen des Trumpismus die Republikaner auf Distanz gehen können, ohne dass dies erbittert geführte Grabenkämpfe auslösen würde.  

Das heißt nicht, dass ein zweiter Trump wahrscheinlich ist, denn der war ein Unikat. Jeder Nachfolger wird vom Charakter her weniger Angriffsfläche bieten. Eine Versöhnung mit den Demokraten indes, auf die Biden hofft, eine pragmatische und kompromissbereite Zusammenarbeit im Kongress etwa, dürfte die Ausnahme bleiben.

Schon Bill Clinton hatte gewarnt: „Strong and wrong beats weak and right“ (stark und falsch schlägt schwach und richtig). Die Republikaner haben gezeigt, wie man sich diese Lehre zunutze macht.

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