zum Hauptinhalt
Parteichefin Birgit Bessin auf dem Jüterboger Parteitag

© Thorsten Metzner

AfD will in Brandenburg regieren : Kampfansage auf Landesparteitag in Jüterbog

Die rechte Oppositionspartei trommelt gegen Flüchtlinge, die Ukraine-Hilfe und die Russland-Sanktionen. Ihr Ziel: Sie will die Landtagswahl 2024 gewinnen.

Brandenburgs AfD strebt den Durchmarsch bei der Landtagswahl 2024 an, nachdem die vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer „Verdachtsfall“ beobachtete rechte Oppositionspartei nach Umfragen aktuell stärkste Kraft in der Mark ist. „Wir wollen die Politik im Land maßgeblich mitbestimmen. Wir wollen nächstes Jahr in Brandenburg Regierungsverantwortung übernehmen“, erklärte Parteichefin Birgit Bessin am Sonntag auf einem Landesparteitag in Jüterbog.

Dort wurde fast einstimmig eine „Friedens-Resolution“ verabschiedet, in der die AfD den Abzug alliierter Truppen aus Deutschland und einen Stopp der militärischen Unterstützung der Ukraine und die Aufhebung aller Sanktionen nach dem Angriff Putin-Russlands fordert.

Deutschland muss den Kurs der Unterwerfung unter Interessen raumfremder Mächte beenden und sich seiner nationalen Identität wieder bewusst werden!

AfD-Parteichefin Birgit Bessin

Nötig sei ein gerechter Frieden, der „die Sicherheitsinteressen sowohl Russlands als auch der Ukraine berücksichtigt“, heißt es in dem Papier, und: „Dieser Krieg ist im Kern ein Stellvertreterkrieg zwischen der USA und Russland.“ Gefordert wird auch die Reparatur der Nordstream-Pipelines und die Wiederaufnahme der Versorgung mit russischem Gas, die Wiederherstellung der außenpolitischen und sicherheitspolitischen Souveränität Deutschlands und der „Abzug aller fremden Streitkräfte und ihrer Atomwaffen.“

Und weiter: „Deutschland muss den Kurs der Unterwerfung unter Interessen raumfremder Mächte beenden!“ Als Bessin das vorlas, gab es tosenden Beifall, auch einen Zwischenruf: „Ami go home!“

Der Stand der Jungen Alternative (JA)
Der Stand der Jungen Alternative (JA)

© Thorsten Metzner

Die Ausgangslage der AfD für die Landtagswahl 2024 könnte kaum besser sein. Die Partei ist laut Bessin von 1340 Mitgliedern im vorigen Jahr auf 1600 Mitglieder angewachsen. Brandenburg sei das einzige Bundesland, in dem die AfD deutlichen Vorsprung vor dem Zweitplatzierten habe. Nach der jüngsten Insa-Umfrage liegt die Brandenburger AfD mit 25 Prozent in der Wählergunst aktuell klar vorn. Die SPD, die das Land seit 1990 regiert, folgt mit 21 Prozent.

Ziel müsse es sein, „diesen Vorsprung nicht nur zu halten, sondern ganz deutlich auszubauen“, sagte Bessin. Sie gehörte dem früheren völkisch-nationalistischen Flügel um den Thüringer AFD-Landes- und Fraktionschef Björn Höcke an und gilt als Vertraute von Andreas Kalbitz, Brandenburgs Ex-Partei- und Fraktionschef der AfD. Der war wegen verschwiegener Mitgliedschaften in einer Neonazi-Organisation in seiner Vita aus der Partei ausgeschlossen worden, ist aber parteiloses Mitglied der Landtagsfraktion. Letzte Woche hatte Bessin dem rbb gesagt, dass sie sich freuen würde, wenn Kalbitz wieder den Weg in die AfD zurückfände.

AfD will „Festung Brandenburg“ gegen Flüchtlinge

Nach dem jüngst vorgestellten Verfassungsschutzbericht gibt es weiterhin eine enge Vernetzung von Landes-AfD und rechtsextremer Szene, vor allem zum rechtsextremen Magazin Compact und dem Cottbuser „Verein Zukunft“. Der Landesverband propagiere ein Politikkonzept, „das primär auf die Ausgrenzung, Verächtlichmachung und weitgehende Rechtlosstellung von Ausländern, Migranten, insbesondere Muslimen und politisch Andersdenkenden gerichtet ist“, so der Befund. „Der Fortbestand eines ethnisch homogonen Volkes wird als höchster Wert angesehen.“

Dazu passten die Botschaften aus Jüterbog. „Festung Brandenburg. Aufnahmestopp ist Heimatschutz“ konnte man da etwa auf Plakaten lesen. „Solidarisch. Heimatverbunden. Deutsch.“ Das Magazin Compact war in Jüterbog anders als früher nicht mit einem Stand präsent.

„Wir sind das letzte Bollwerk gegen eine Ersetzungseinwanderung“, erklärte Bessin und kündigte eine AfD-Kampagne gegen die grüne, linke und auch schwarze Asylpolitik mit Großplakaten an. Nötig seien keine neuen Asylunterkünfte, vielmehr müsse Schluss sein „mit dem Welcome-Service an der Grenze.“ Sie forderte ein Einreise- und Aufnahmestopp.

Konflikte zwischen Fraktion und Parteispitze

Zwar ist die AfD nach zwei Legislaturen im Landtag nicht mehr der „gärige Haufen“, wie es Ex-Landeschef Alexander Gauland mal nannte. Doch sind die Richtungskonflikte zwischen Landesvorstand und Fraktion ein offenes Geheimnis. Waren bei der Vorstandswahl im vorigen Jahr Brandenburgs AfD-Fraktionschef Hans-Christoph Berndt und der parlamentarische Geschäftsführer Dennis Hohloch noch gescheitert, gab es am Vortag bei den Delegiertenwahlen für den Europaparteitag eine Niederlage für Bessin.

Die AfD-Landtagsfraktion jedenfalls verschickte über ihren Newsletter pünktlich zum Parteitag ein neues Kampagnenvideo – professionelle Machart, knackige Botschaften – in der sie sich als Hüter von Verfassung und Demokratie inszeniert und plump rechtsextreme Botschaften vermeidet. Wie weit die AfD von einer normalen Partei entfernt ist, zeigte auch schon das Regime in der Jüterboger Wiesenhalle: Den Medienvertretern war ein Arbeitsbereich am Rande des Saales zugewiesen, in sicherem Abstand zur Basis. Zugang zu den Stuhlreihen der Parteitagsteilnehmer war untersagt, durchgesetzt von schwarzgekleideten Security-Personen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false