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Gedenkstätte für die Opfer der Euthanasie-Morde am Standort des Alten Zuchthauses in Brandenburg an der Havel.

© Aktionsbündnis Brandenburg / Aktionsbündnis Brandenburg

Erinnern an den NS-Terror in Brandenburg: Audioführungen erzählen von der Zeit, als die Nazis an die Macht kamen

An acht Orten führt der Hörspiel-Spaziergang entlang. Die Audiowalks decken versteckte Spuren des Geschehens auf.

24. August 1933. Das frühere Zuchthaus in Brandenburg an der Havel wird zum Konzentrationslager. Ein zentraler Ort der Krankenmorde der Nazis, Tausende, darunter auch Kinder, werden hier ermordet. Das KZ wird eingerichtet, da das rund sieben Kilometer entfernte Zuchthaus Brandenburg-Görden schon im Mai 1933 durch zahlreiche Verhaftungen überfüllt gewesen ist.

An der heutigen Gedenkstätte am Nicolaiplatz 28/30, früher war es die Neuendorfer Straße 90, erinnert nun – neben der Gedenkstätte für die Opfer der Euthanasie-Morde – auch ein Audiobeitrag an die Geschehnisse der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten vor 90 Jahren. Es ist eine von insgesamt acht Stationen in Brandenburg des sogenannten Audiowalks des Aktionsbündnisses Brandenburg. Der Hörspiel-Spaziergang führt zu verschiedenen Stationen, die an das Jahr 1933 erinnern und ist Teil des gemeinsam mit dem Moses-Mendelsson-Zentrum initiierten Projekts „Brandenburg ‘33 – Erinnern vor Ort“.

Mehr als 200 Ereignisse erinnern an Machtübernahme

Nur wenige Meter von dem ehemaligen KZ entfernt, weist eine Gedenktafel am Gebäude der Stadtverwaltung auf die Verhaftung von Gertrud Piter hin. Die KPD-Stadtverordnete wurde am 27. Juli 1933 verhaftet. Im neuen KZ wird sie gefoltert, von den SS-Mannschaften vergewaltigt und schließlich am 22. September 1933 ermordet.

Die Stationen in Brandenburg an der Havel, Buckow, Cottbus, Fehrbellin, Luckenwalde, Neuruppin, Teupitz und Wittenberge basieren auf Einträgen der Webseite www.brandenburg-33.de, die mehr als 200 weitere Ereignisse der Machtübernahme erfasst und auf einer Karte sichtbar macht.

„Mit den Audiowalks lassen sich die heute noch offensichtlichen oder versteckten Spuren des Geschehens im Stadtbild entdecken. Diese Spuren entsprechen oft, aber nicht immer, den heute historisch bedeutsamen Gebäuden, Plätzen und Denkmälern der Stadt“, heißt es auf der Seite des Bündnisses.

Ausgewählte Tagesereignisse zeigten, dass die Durchsetzung des Nationalsozialismus mit Gewalt, Terror und Einschüchterung einherging. Die Audiowalks berichten von nationalsozialistischen Überzeugungstätern und ihren ersten Opfern: den Jüdinnen und Juden und den politischen Gegner:innen aus SPD und KPD. 

NSDAP gewinnt bei Wahlen in Buckow

15. Oktober 1933. In Bad Belzig meldet der „Buckower Lokal-Anzeiger“, dass der SS-Führer Hans Kühtz aus Wiesenburg zum kommissarischen Vorsitzenden der Belziger Landkrankenkassen ernannt wird. Es ist die Zeit, in der Hitler viele Posten mit regimetreuen Menschen neu besetzt. Auf solchen Zeitungsartikeln aus der Zeit basieren die über 200 gesammelten Ereignisse. Aktionsbündnis-Vorsitzender Thomas Wisch erklärte dazu, man habe achtsam sein müssen bei der Auswertung der Beiträge, denn Medien seien damals zum Propagandamittel der Nazis geworden.

Auch in Buckow, östlich von Berlin, können Geschichtsinteressierte mit dem Audiowalk des Aktionsbündnisses auf Spurensuche gehen. So erzählt eine Station am Rathaus von den Wahlergebnissen in dem Ort. Die NSDAP erzielte hier einen überdurchschnittlich hohes Ergebnis. Am 14. März 1933 schrieb der „Buckower Lokal-Anzeiger“, dass die meisten Stimmen und damit die meisten Sitze im Stadtparlament an die NSDAP gefallen seien.

Wir sind auf Augenzeugen und Dokumente angewiesen.

Thomas Wisch, Vorsitzender des Aktionsbündnisses Brandenburg

„Wir schauen auf die Geschehnisse in der Kommunalpolitik und blicken in den Alltag der Menschen hier“, heißt es am Anfang der Tour. Aufgezeigt werde aber auch, welche Entscheidungen die Menschen vor Ort in dieser Zeit trafen – und wie sie sich im Anblick des NS-Terrors verhielten. Wie gelang es im Laufe des Jahres 1933, die nationalsozialistische Herrschaft auch in der Fläche durchzusetzen? Welche Unterstützung gab es vor Ort? Dokumente zeigten, dass die Buckower sich früh für die Nationalsozialisten entschieden. Schon in den 1920er Jahren wurde an vielen Häusern die schwarz-weiß-rote Reichsflagge gehisst.

Es gehe um das „Erinnern vor Ort“, sagte Thomas Wisch vom Bündnis bei der Vorstellung des Projekts in Neuruppin. „Was ist an den Orten passiert, vor 90 Jahren? Wir sind auf Augenzeugen und Dokumente angewiesen.“ Mit dem Rundgang sollen die Menschen auch dazu angeregt werden, sich zu erinnern, um so bei der Aufarbeitungsarbeit weiter voranzukommen.

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