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NS-Kriegsverbrecher Erich Priebke: Innenminister fürchtet Pilgerstätte für Neonazis

Ralf Holzschuher will die Bestattung des NS-Kriegsverbrechers Erich Priebke in Brandenburg nur anonym – aber am liebsten gar nicht.

Hennigsdorf/Potsdam - Am besten heimlich und anonym an einem möglichst versteckten Ort unter die Erde bringen: Das ist die Idealvorstellung von Brandenburgs Innenminister Ralf Holzschuher (SPD) zur Lösung des Problems Erich Priebke, sollte sich eine Bestattung des in Rom verstorbenen NS-Kriegsverbrechers im Land Brandenburg nicht vermeiden lassen. Am liebsten wäre es Holzschuher allerdings, wenn Priebke anderswo seine letzte Ruhe fände. Denn ebenso wie die Stadt Hennigsdorf, die ein Begräbnis des einstigen SS-Offiziers auf ihrem Waldfriedhof entschieden ablehnt, sieht auch der Minister die Gefahr, „dass sich ein Anziehungspunkt für Neonazis entwickeln könnte“, so Holzschuher zu den  PNN. „Zu dem verstorbenen, völlig uneinsichtigen Nazi würden noch die jungen uneinsichtigen Neonazis hinzukommen.“ Dieses Szenario wolle die Landesregierung vermeiden. Es gibt aber auch andere Stimmen – selbst in der Landesregierung. „Das ist unsere Geschichte. Die lässt sich nicht in Italien entsorgen“, sagte Justizminister Volkmar Schöneburg (Linke).

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Wie berichtet ist nach dem Tod von Priebke am vergangenen Freitag ein Streit um die Frage entbrannt, wo seine Leiche bestattet werden soll. In Italien, wo er maßgeblich an einem der schlimmsten Nazi-Massaker beteiligt war (s. Kasten), will man keinen Friedhof für den mit 100 Jahren Verstorbenen öffnen. Deshalb hat die jüdische Gemeinde von Rom Priebkes Geburtsort zur Bestattung vorgeschlagen: Hennigsdorf. Während das Hin und Her um die letzte Ruhestätte gestern anhielt, gab es am Dienstag bei einer „privaten Totenmesse“ der katholischen Piusbruderschaft für Priebke bei Rom heftige Proteste. Danach solle die Leiche in Rom eingeäschert werden, schrieb gestern die Zeitung „Messaggero“. Der endgültige Platz für die Urne ist damit aber weiter unklar.

SS-Hauptsturmführer Priebke

Nach dem Massaker untergetaucht

Er leugnete den Holocaust bis zu seinem letzten Atemzug: Der am 11. Oktober verstorbene einstige SS-Führer Erich Priebke gehört zu jenen Kriegsverbrechern, denen es gelang, nach 1945 jahrzehntelang unterzutauchen.
Priebke wurde am 29. Juli 1913 in Hennigsdorf geboren und arbeitete bis 1935 als Hotelfachmann. Danach begann seine SS-Karriere. 1941 wurde er zur Gestapo in Rom versetzt, rückte dort als Hauptsturmführer in die Leitung auf. Nach einem Anschlag von Widerstandskämpfern, bei dem 33 Wehrmachtssoldaten starben, war er hauptverantwortlich an einem Rache-Massaker beteiligt, bei dem 335 italienische Zivilisten hingerichtet wurden. Nach dem Krieg flüchtete er mithilfe katholischer Mönche nach Argentinien, lebte dort mit Frau und zwei Söhnen lange unbehelligt. Erst nach einem deutschen Auslieferungsantrag 1993 stellte ihn Argentinien unter Hausarrest, lieferte ihn 1995 dann aber nach Italien aus, wo er zu lebenslanger Haft verurteilt wurde. Aus Gesundheitsgründen wurde die Haft bis zum Tode in Hausarrest abgemildert. (CS)

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