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Die Sonne scheint auf das Gebäude der Rabbinerschule Abraham Geiger Kolleg.

© dpa/Christophe Gateau

Streit um Potsdamer Abraham-Geiger-Kolleg: Neue Stiftung für Rabbiner-Ausbildung empört Jüdische Gemeinde zu Berlin

Eine Stiftung soll künftig das Geiger-Kolleg und das Zacharias-Frankel-College leiten. Die Jüdische Gemeinde zu Berlin wäre damit als Träger aus dem Rennen.

Der Streit zwischen dem Zentralrat der Juden und der Jüdischen Gemeinde zu Berlin spitzt sich weiter zu. Einen Tag bevor das Präsidium des Zentralrats im Streit um die Rechtmäßigkeit der Gemeindewahlen der Jüdischen Gemeinde zu Berlin über eine Aussetzung des Stimmrechts der zweitgrößten jüdischen Gemeinde Deutschlands beschließen will, ging es am Montag um die Potsdamer Rabbiner-Ausbildung.

Im Januar 2023 hatte die Berliner Gemeinde sämtliche Anteile des als gemeinnützige GmbH firmierenden Potsdamer Abraham-Geiger-Kollegs übernommen. Walter Homolka war nach Vorwürfen des Machtmissbrauchs von seinen Ämtern zurückgetreten. Doch der Zentralrat der Juden hatte sich schon damals über den Verkauf der Anteile irritiert gezeigt, weil er in den Vorgang nicht eingebunden worden war.

Rabbiner Walter Homolka war von seinen Ämtern zurückgetreten.
Rabbiner Walter Homolka war von seinen Ämtern zurückgetreten.

© Andreas Klaer

Aus einer GmbH wird eine Stiftung

In einer gemeinsamen Presseerklärung kündigten der Zentralrat der Juden in Deutschland, das Bundesministerium des Innern und für Heimat, das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg und die Kultusministerkonferenz nun die Gründung einer Stiftung an, die künftig die Aufgaben des Abraham-Geiger-Kollegs und des Zacharias-Frankel-Colleges übernehmen soll.

Hintergrund ist laut der Presseerklärung der „Vertrauensverlust in die aktuelle Trägerstruktur“ des Abraham-Geiger-Kollegs. Die bisherige Förderung des Abraham-Geiger-Kollegs und des Zacharias-Fraenkel-Colleges soll demnach perspektivisch auf die neue Stiftung übergehen soll – die Berliner Gemeinde wäre damit als Träger aus dem Rennen.

Das Abraham-Geiger-Kolleg an der Universität Potsdam.
Das Abraham-Geiger-Kolleg an der Universität Potsdam.

© Andreas Klaer

Die Gründung der Stiftung durch den Zentralrat sorge für die „erforderliche breite Akzeptanz der Absolventinnen und Absolventen“ innerhalb der jüdischen Gemeinden in Deutschland, heißt es in der Presseerklärung. „Dies gilt umso mehr, als von Seiten der Allgemeinen Rabbinerkonferenz bestätigt wird, dass die Jüdische Gemeinde zu Berlin nur die wirtschaftliche Trägerin des Abraham-Geiger-Kollegs ist und als solche einer Rabbinatsausbildungsstätte kein Ordinationsrecht verleihen kann, das Anerkennung und Akzeptanz innerhalb der organisierten jüdischen Religionsgemeinschaft in Deutschland findet.“ Eine Ordination ist aber in der jüdischen Gemeinde ähnlich wie in den christlichen Kirchen Voraussetzung für eine Tätigkeit als Rabbiner.

Jüdische Gemeinde zu Berlin ist empört

Am Montag meldeten sich verschiedene mit dem Zentralrat zusammenarbeitende jüdische Organisationen zu Wort. So erklärte die Vorsitzende der Allgemeinen Rabbinerkonferenz (ARK), Rabbinerin Elisa Klapheck, die Stiftung lege die „Voraussetzungen für eine qualitativ hochstehende Rabbinatsausbildung, die zugleich an ethischen Maßstäben gemessen wird und ein Studium in angstfreier Atmosphäre gewährleistet.“ Auch der Jüdische Liberal-Egalitäre Verband und das Zacharias-Frankel-College begrüßten in Stellungnahmen die Neuregelung ausdrücklich.

Mit großem Erstaunen haben wir die heutige Erklärung des Zentralrates der Juden zur Kenntnis genommen.

Ilan Kiesling, Sprecher der Jüdischen Gemeinde zu Berlin

Die Jüdische Gemeinde zu Berlin reagierte hingegen empört. „Mit großem Erstaunen haben wir die heutige Erklärung des Zentralrates der Juden zur Kenntnis genommen“, erklärte Sprecher Ilan Kiesling auf Anfrage. „Wir sind empört über die darin enthaltenen nachweislich falschen Behauptungen zur angeblichen Bestätigung des fehlenden Ordinationsrechts durch die Allgemeine Rabbinerkonferenz (ARK).“

Der Gemeinde lägen dazu die Aussagen von zwei der drei Vorstandsmitglieder der ARK vor, die erklären, es hätte nie Gespräche bei der ARK bezüglich des Ordinationsrechts durch das Abraham-Geiger-Kolleg gegeben. Dafür sei man im Übrigen auch gar nicht zuständig. „Man kann dabei nur den Kopf schütteln, wie jetzt anscheinend auch die staatlichen Zuwendungsgeber vom Zentralrat hinter das Licht geführt werden sollen“, sagte Kiesling. „Der Zentralrat ist mit seinen irreführenden Verlautbarungen hier eindeutig zu weit gegangen.“

Für die Brandenburger Landespolitik erklärten die religionspolitischen Sprecher der Koalitionsfraktionen, Johannes Funke (SPD), André Schaller (CDU) und Petra Budke (Bündnis 90/Die Grünen) ihre Unterstützung für die Entscheidung. „Unser vorrangiges Ziel in dieser Legislaturperiode ist es, jüdisches Leben in Brandenburg sichtbarer zu machen und zu stärken“, sagte Funke. „Die erfolgreiche Konsolidierung der Rabbinerausbildung neben der Eröffnung der Synagoge in Potsdam würde einen bedeutenden Schritt in diese Richtung darstellen.“ Schaller nannte die Rabbiner-Ausbildung in Brandenburg „ein wichtiges Zeichen für ein lebendiges Judentum.“ Es gelte, alles dafür zu tun, dass sie erhalten bleibe.

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