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Der Maler Alfred Schmidt legte 2022 seinen letzten Wandkalender vor.

© Andreas Klaer

Zum 80. Geburtstag von Alfred Schmidt: In seinen Bildern steckt ganz Potsdam

Alfred Schmidt trägt die Landeshauptstadt in den Genen wie kaum ein zweiter Künstler. Seine Kalender machten ihn berühmt, seine Grafiken harren der Wiederentdeckung.

Die Kalender von Alfred Schmidt gehörten knapp dreißig Jahre lang zum Jahreswechsel wie die unerfüllte Sehnsucht nach Schnee. Abnehmer fanden sich in Potsdam, Wilmhelmshorst, Magdeburg, sogar Hamburg. Wer ihn zum Jahresende besuchte, fand ein Atelier voller Postsendungen. Alfred Schmidt verschickte alles selbst. Dieses Jahr dürfte es ruhiger sein an der Kalenderfront: Das erste Mal seit 1996 wird es 2023 keinen Schmidt-Kalender geben. Dafür darf sich der Potsdamer Künstler feiern lassen: Am Nikolaustag wird er 80.

Zum Siebzigsten vor zehn Jahren hatte das Potsdam Museum 20 von Schmidts Grafiken gezeigt, damals noch in der Benkertstraße. Einige davon waren auch 2016 in der Ausstellung „Potsdam in der Grafik“ zu sehen, andere Anfang 2017 im Landtag in der Schau „Erzählte Geschichten“.

„Abrisshäuser“. Alfred Schmidt dokumentierte in den 1980er und 1990er Jahren den Verfall in der Potsdamer Innenstadt.
„Abrisshäuser“. Alfred Schmidt dokumentierte in den 1980er und 1990er Jahren den Verfall in der Potsdamer Innenstadt.

© Andreas Klaer

Die dunkle Seite eines Künstlers, der viel Lichtes geschaffen hat

Im Kontext seines 75. Geburtstages fand Alfred Schmidt, dass der Zeitpunkt gekommen war, seine Grafiken und Aquatinta-Radierungen dem Museum zu übergeben. 70 hatte er ausgewählt, darunter 56 Abrisshäuser, die er seit den frühen 1980er-Jahren festgehalten hatte. Gebündelt gezeigt wurden sie dort bislang nicht. Auch zu entsprechenden Plänen ist von Museumsseite nichts zu vernehmen.

Viele der Bilder, die er 2017 dem Museum übergab, sind Schmidt zufolge noch nie ausgestellt worden. Dabei machen seine Radierungen eine Welt greifbar, die heute wieder auf großes Interesse trifft. In den Achtzigern war er in marode Potsdamer Dachböden gekrochen, durch die Hinterhöfe im Holländischen Viertel geschlichen. Hatte, was düster war, den Verfall der historischen Fassaden in düster anmutenden Grafiken dokumentiert.

Es ist die dunkle Seite im Werk eines Künstlers, der auch viel Lichtes geschaffen hat, gerade in jüngerer Zeit. Die populären Potsdam-Kalender zeigten vorwiegend pastellfarbene Potsdam-Ansichten: Blumen, Gärten, Schlösser, Seen. 2500 Exemplare gab es Jahr für Jahr. Immer waren sie ausverkauft.

Klassiker. Der letzte Kalender von Alfred Schmidt war schnell vergriffen.
Klassiker. Der letzte Kalender von Alfred Schmidt war schnell vergriffen.

© Andreas Klaer

Künstler-WG in der Villa Rumpf

Auch wenn es paradox scheint: In beidem, den düsteren Aquatinta-Radierungen und den idyllischen Landschaften, blieb Schmidt nah bei sich. In maroden Häusern hatte er in den 1970er- und 1980er-Jahren selbst gelebt, herrschaftlich am Heiligen See. In der Gegend war er auch aufgewachsen. Der Magnolienbaum in der Berliner Vorstadt, von dem er als Kind auf dem Schulweg immer ein paar Blüten abpflückte, steht heute noch.

In den 1950er Jahren war er als Malerlehrling unter denen, die die Fassade des Schlosses Sanssouci neu anstrichen. Später wohnte er in der Villa Rumpf, in einer legendären Künstler-WG mit Peter Wilde, Christian Heinze und Manfred Nitsche. Noch später in der Seestraße. Die Idylle des Weltkulturerbes, Marmorpalais und Neuer Garten, all das war nie weit weg. 2009 aber wurde saniert. Schmidt musste raus, wehrte sich, solange es ging. Sogar der „Spiegel“ berichtete. Seitdem schaut Schmidt auf einen anderen See: den Tiefen.

Verbittern konnte Alfred Schmidt das nicht. Vielleicht, weil auch Leute wie Günther Jauch zu den Schmidt-Fans gehören. Vielleicht, weil Potsdam, diese Stadt, wo Schmidt seit 80 Jahren lebt, genügend Schönheit zu bieten hat, um mit unschönen Erinnerungen seinen Frieden machen zu können. Vielleicht, weil manche Dinge eben sind, wie sie sind. Auf die Frage, „Warum jetzt mit den Kalendern aufhören?“, hatte Schmidt letztes Jahr mit einem Schulterzucken und einem Lachen geantwortet. „Irgendwann is einfach jut.“

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