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Potsdam Heute, 10. November 2023: Nie wieder ist jetzt

Die interessantesten Themen und News, die wichtigsten Termine. Alles, worüber Potsdam spricht, im PNN-Newsletter „Potsdam Heute“.

Guten Morgen,

gestern wurde bei verschiedenen Veranstaltungen in Potsdam an die Novemberpogrome vor 85 Jahren erinnert. In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurde die Potsdamer Synagoge am heutigen Platz der Einheit verwüstet und zerstört, auch der Jüdische Friedhof am Pfingstberg wurde geschändet. Der Potsdamer Anwalt Ludwig Levy legte später Zeugnis ab von seinen Erlebnissen. Die Gewaltexzesse markierten eine neue Dimension des Antisemitismus, der längst in Gesellschaft und NS-Staat verwurzelt war, sich nun aber zunehmend entgrenzt und ungehemmt Bahn brach.

Die Angst ist zurück

85 Jahre später haben Juden in Potsdam wieder Angst. Nach den Terrorangriffen der Hamas vom 7. Oktober auf Israel und den folgenden israelischen Militärschlägen im Gazastreifen ist der Antisemitismus weltweit aufgeflammt. „Unser Gemeindehaus sieht aus wie eine Justizvollzugsanstalt“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Jüdischen Gemeinde Potsdam, Evgeni Kutikow, beim Gedenken auf dem Jüdischen Friedhof: „Ich hätte nie gedacht, dass wir unsere Gemeinde hinter Stacheldraht und Betonklötzen verstecken müssen. Dass wir Angst haben müssen, um unsere Kinder, die in der Schule oder an der Universität als Juden erkannt und ausgegrenzt oder gar bedroht werden“, sagte Kutikow. Doch die Gefahr sei real.

Es macht fassungslos, traurig, beschämt.

Der Stargeiger Daniel Hope, dessen Urahn im 18. Jahrhundert Potsdams erster Rabbiner wurde, kam am Jahrestag zurück an den Ort, zu dem seine Familie vielfältige, auch ambivalente Verbindungen hat. Am Abend sollte er in Babelsberg die diesjährige Oberlinrede halten. Mit meiner Kollegin Lena Schneider hat er über seine jüdischen Wurzeln gesprochen, über die Dialog stiftende Kraft der Musik und seinen Optimismus. „Es ist ein Fehler zu denken, dass eine Veränderung nur kommen kann, wenn alle mitmachen. Veränderung passiert in einem selber. Diese Veränderung muss man anschubsen, und dann hoffentlich Verbündete finden.“

Daniel Hope beim Progrom-Gedenken auf dem jüdischen Friedhof in Potsdam.

© Andreas Klaer

Am Abend versammelten sich am früheren Standort der Synagoge deutlich mehr Potsdamerinnen und Potsdamer als in den vergangenen Jahren. Evgeni Kutikow sprach erneut von der Angst, die in der Jüdischen Gemeinde zurückgekehrt sei. Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) zeigte sich besorgt: „Wir stehen an Ihrer Seite und lassen alle, die sich mit Israel verbunden fühlen, nicht allein.“

Für diesen Sonntag 12.15 Uhr lädt die Deutsch-Israelische Gesellschaft Berlin-Brandenburg gemeinsam mit der Stadt zur Solidaritätskundgebung auf dem Alten Markt ein. Motto: Nie wieder ist jetzt.

Auch im heutigen Newsletter:

  • Darüber spricht die Stadt: Wo sich Radfahrer unsicher fühlen - und warum es Streit um die Bewertung der Unfallzahlen gibt
  • Die gute Nachricht: Potsdam steht auf Mode aus zweiter Hand
  • Ausblick auf die kommenden Tage, Veranstaltungshinweise und ein Gastrotipp
  • Person der Woche: Angela Hoffmann, die Leiterin der Potsdamer Kleist-Schule und Vorsitzende des Bundesrings der Abendgymnasien

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