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Vor Prozessbeginn wurde der Angeklagte (r.) noch in Handschellen vorgeführt.

© Henri Kramer

Russland-Propagandist auf freiem Fuß: „Kreml“-Schmierer in Potsdam zu Bewährungsstrafe verurteilt

Der angeklagte Ukrainer räumte seine Taten vor dem Amtsgericht ohne große Reue ein. Nun erwägt er, sich dem russischen Militär anzuschließen.

Nur knapp zwei Monate nach seiner Ergreifung ist der Russland-Propagandist, der an der Garnisonkirche unter anderem ein Ukraine-Kunstbanner zerschnitten hatte, vor dem Amtsgericht verurteilt worden. Allerdings konnte der 41 Jahre alte Mann das Gericht am Dienstag nach mehr als einem Monat Untersuchungshaft als freier Mann verlassen. Denn Richter Jannik Helbig setzte die von ihm beschlossene einjährige Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, folgte damit auch einem Antrag der Potsdamer Staatsanwaltschaft. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.

In der Verhandlung räumte der Mann aus der ukrainischen Hafenstadt Odessa, der seit vergangenem Sommer in Deutschland lebt, die ihm vorgeworfenen Taten ohne größere Reue ein. Unter anderem hatte er im Februar am Baugerüst des Kirchturms der Garnisonkirche ein Großplakat der Künstlerin Julia Krahn, das eine ukrainische Mutter mit ihrem Kind zeigte, teilweise zerstört. Er schnitt den Kopf der Frau heraus und hängte ein Plakat mit einem Slogan pro Russland dorthin.

Mehrere tausend Euro Sachschaden

Zuvor hatte er am alten Landtag im Februar eine russische Flagge angebracht sowie „Z“- und „V“-Symbole aufgemalt. Das „Z“ stellt das Symbol der russischen Kriegsführung dar. Dies wertete Richter Helbig als strafbare Billigung eines Angriffskriegs, „geeignet den öffentlichen Frieden zu stören“. Hier stoße die in Deutschland geltende Meinungsfreiheit an die Grenzen des Strafrechts, schloss er sich auch der Meinung der Staatsanwaltschaft an. Bei den Taten waren mehrere tausend Euro Sachschaden entstanden. Die Höhe der Summe zweifelte der Angeklagte wortreich an.

Dieses Banner hatte der Angeklagte teils zerstört - nach seiner Reparatur wurde es aber wieder aufgehängt.
Dieses Banner hatte der Angeklagte teils zerstört - nach seiner Reparatur wurde es aber wieder aufgehängt.

© dpa/Bernd settnik

Der Mann hatte sich bei den Taten auch selbst gefilmt und diese Filme in sozialen Netzwerken veröffentlicht – ganz offensichtlich politisch motiviert. Vor Gericht erklärte er, übersetzt von einem Dolmetscher, mit den Handlungen habe er zeigen wollen, dass es auch viele Ukrainer gebe, die für Russland seien, für eine gemeinsame große Nation. Viele hätten ihm in den sozialen Netzwerken dafür gedankt, zumal er ein „Millionenpublikum“ erreicht habe, wie er behauptete. Insofern seien seine Ziele erreicht, darauf sei er auch stolz: „Es war eine Art Berufung.“ Doch weitere Taten in dieser Richtung schloss er aus. „Ich habe das Maximum des Möglichen gemacht“.

Nächste Lebensstation: Das Kriegsgebiet?

Zu seinen Zukunftsplänen sagte der Vater eines Sohnes, der offenbar noch in der Ukraine ist, in Potsdam wolle er nicht bleiben. Hier habe es schon Übergriffe gegen seine Person gegeben. Auch eine Rückkehr in die Ukraine sei wegen aktueller Strafverfahren derzeit nicht möglich. Daher wolle er versuchen, nach Russland zu kommen, um sich dort vielleicht freiwillig für das Militär zu melden. Wenn er dann im Gefecht sterben würde, geschehe das mit Ehre und Stolz: „Ich bin bereit dafür.“ Früher oder später werde Russland aber siegen, zeigte er sich überzeugt. Dann wolle er auch zurück nach Odessa.

Offen blieb bei der Verhandlung, wie und warum der obdachlose Mann überhaupt nach Deutschland gekommen war und wie er sich hier auch finanziell über Wasser hielt.

Einsatzkräfte hatten den Mann im März in einem Kellerverschlag in Zentrum-Ost aufgegriffen. Danach hatte die Staatsanwaltschaft auf ein schnelles Verfahren gedrungen, von einem besonderen öffentlichen Interesse an der Strafverfolgung war auch im Gericht die Rede. Schließlich hatte der Mann zum Beispiel auch weitere Ukraine-Flaggen aus dem Stadtbild entfernt. Vor allem aber die Taten an der Garnisonkirche und am alten Landtag hatten für viel Empörung gesorgt. Allerdings wurde das Banner in der Folge repariert und wieder gezeigt. Und auch am Landtagsturm sind die „Z“-Zeichen inzwischen entfernt worden.

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