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Herthas Torhüter Tjark Ernst muss sich gehörig strecken.

© Ottmar Winter/Ottmar Winter

1:2-Heimniederlage gegen St. Pauli: Nach zwei Siegen verliert Hertha BSC wieder

Die Vorfreude war groß, die Kulisse prächtig. Doch Hertha BSC muss sich dem FC St. Pauli im eigenen Stadion mit 1:2 geschlagen geben.

Knapp zehn Minuten waren gespielt, als Pal Dardai zum ersten Mal seine Befugnisse überschritt. Der Trainer von Hertha BSC hatte seine Coachingzone verlassen, er stand sogar schon auf dem Feld, um seinen Spielern Anweisungen zu erteilen. Das war auch dringend notwendig.

Zum dritten Mal in diesem Jahrtausend spielt Hertha derzeit in der Zweiten Liga, und vermutlich ist noch kein Gegner im Olympiastadion so selbstsicher aufgetreten wie der FC St. Pauli am Samstagabend. Es war keine drückende Überlegenheit, die der Gast aus Hamburg ausübte, aber das Team des jungen Trainers Fabian Hürzeler, 30, hatte das Geschehen zumeist unter Kontrolle. St. Pauli zeigte sich gänzlich unbeeindruckt, sowohl von Herthas großem Namen als auch von der mächtigen Kulisse.

Und so endete am Samstag die kleine Erfolgsserie der Berliner. Nach zuvor zwei Siegen unterlagen sie den Hamburgern mit 1:2 (0:1). Während Hertha dadurch einen weiteren Satz in der Tabelle verpasste, sprang St. Pauli in der Zweiten Liga sogar auf Platz eins. „St. Pauli hat verdient gewonnen“, sagte Herthas Torhüter Tjark Ernst.

Pal Dardai hatte dieselbe Startelf aufgeboten wie beim 3:2 gegen Holstein Kiel, aber vom Schwung der jüngsten Erfolge war wenig zu sehen. St. Pauli, mit nur vier Gegentreffern aus sieben Spielen die defensivstärkste Mannschaft der Liga, ließ Hertha nicht ins Spiel kommen. Offensiv fanden die Berliner in der ersten halben Stunde überhaupt nicht statt.

Eine erstligareife Kulisse

An den äußeren Umständen lag das nicht. Der Rahmen war prächtig. 66.113 Zuschauer im Olympiastadion, ein erklecklicher Teil auch mit Präferenz für den FC St. Pauli. Und schon vor dem Anpfiff wurde es emotional, als Kevin-Prince Boateng, der im Sommer seine Karriere beendet hat, unter donnerndem Applaus der Hertha-Fans offiziell verabschiedet wurde.

Kurz vor dem Anpfiff dann ging der Vorsänger der Ultras auf große Tour. Aus der Ostkurve begab er sich zu den teuren Plätzen in der Geraden. Auch dort, so seine Ansage, sollten sich alle Fans einhaken und auf und ab hüpfen. Tatsächlich lag die Mitmachquote deutlich höher als sonst. Die Vorfreude war groß.

In der ersten Halbzeit war St. Pauli einen Tick zu viel für uns.

Pal Dardai, Trainer von Hertha BSC

Aber der Enthusiasmus übertrug sich nicht auf die Mannschaft – weil St. Pauli, das einzige noch ungeschlagene Team der Zweiten Liga, es auffallend gut machte. Dass die Hamburger extrem ballsicher sind, bewiesen sie auch im Olympiastadion, ohne sich eine Fülle von Torchancen herauszuspielen.

Die erste Hälfte der ersten Hälfte war bereits vorüber, als es für Hertha erstmals richtig gefährlich wurde. Elias Saad startete im Mittelfeld, ließ Michal Karbownik stehen und bediente Johannes Eggestein. Dessen ersten Versuch konnte Tjark Ernst noch mit dem Fuß abwehren, im Nachsetzen aber überwand Eggestein Herthas Torhüter und vollendete zum 1:0.

Erst nach dem Rückstand wurden die Hausherren ihrerseits erstmals in der Offensive auffällig. Eine Flanke von Karbownik fand Smail Prevljak, doch der brachte nicht genügend Druck hinter seinen Kopfball, um Nikola Vasilj im Tor der Gäste ernsthaft zu gefährden. Prevljak hatte auch die zweite und letzte Gelegenheit der Berliner vor der Pause. Sein Schuss aus der Drehung flog deutlich über das Tor.

Nach der Pause wurde Hertha besser

Hertha hatte immerhin Glück, zu diesem Zeitpunkt nicht schon deutlicher zurückzuliegen. Schiedsrichter Deniz Aytekin hatte zehn Minuten vor der Pause auf Elfmeter für St. Pauli entschieden, nachdem Eric Smith im Berliner Strafraum zu Boden gegangen war. Nach Ansicht der Videobilder aber nahm Aytekin seine Entscheidung zurück, weil er keinen Tritt von Andreas Bouchalakis hatte erkennen können.

„In der ersten Halbzeit war St. Pauli einen Tick zu viel für uns“, sagte Trainer Dardai, der daher schon zur Pause reagierte. Er brachte Gustav Christensen für Marten Winkler. Die erste gute Chance aber hatten die Gäste. Der starke Saad tanzte Herthas Innenverteidiger Marc Kempf aus, verfehlte mit seinem Schuss aber knapp das Ziel.

Insgesamt aber trat Hertha mutiger auf, attackierte auch forscher und setzte St. Pauli dadurch stärker unter Druck. „Für Moral und Teamgeist kann ich die Note eins geben“, sagte Trainer Dardai über den Auftritt seiner Mannschaft in der zweiten Hälfte. Allerdings öffneten sich nun für die Gäste auch mehr Räume, die sie mit Lust bespielten. Hertha tänzelte schon früh auf der Rasierklinge.

Das Spiel wurde nun insgesamt wilder, aber permanenten Druck vermochten die Berliner nicht aufzubauen. Dazu war ihr eigener Vortrag zu fehlerhaft. Vor allem aber war St. Pauli dazu weiterhin zu stark. Selbst Torhüter Vailj wagte im eigenen Strafraum ein Dribbling und passte den Ball dann sauber ins Mittelfeld.

Eine knappe Viertelstunde vor Schluss wurden Herthas Hoffnungen auf wenigstens ein Unentschieden dann abrupt beendet. St. Paulis Kapitän Marcel Hartel setzte zunächst einen Kopfball an die Latte des Berliner Tores. Der Ball fand umgehend erneut den Weg in Herthas Strafraum, wieder auf Hartels Kopf – und diesmal zielte er besser. Von der Unterkante der Latte sprang der Ball zum 2:0 über die Linie.

Hertha steckte nicht auf, verkürzte sieben Minuten vor Schluss durch den eingewechselten Derry Scherhant auf 1:2. „Jetzt geht’s los!“, riefen die Fans in der Ostkurve. Aber kurz darauf war es dann auch schon vorbei.

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