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Mit Herz und Zunge. Alexander Zverev spielt in Australien so gut wie lange nicht.

© IMAGO/USA TODAY Network/IMAGO/Mike Frey

Traum vom Grand-Slam-Titel lebt: Alexander Zverev und der ganz große Wurf

Im Halbfinale der Australian Open trifft der Deutsche am Freitag auf Daniil Medwedew. Auch weil er „ruhiger und erwachsener geworden“ ist, glaubt Zverev an seine Chance.

Ist Alexander Zverev jetzt so weit? Und endlich bereit für seinen ersten Grand-Slam-Titel? Seit Jahren prophezeien nationale und internationale Tennisexperten dem Deutschen das Potenzial für mindestens einen Sieg bei einem der großen Turniere. Doch irgendwas ist dem mittlerweile 26 Jahre alten Zverev immer dazwischengekommen. Zu starke Gegner, die Nerven und natürlich das Verletzungspech. Aber 2024 in Melbourne könnte das passieren, was eigentlich immer schon zwangsläufig erschien.

So viel Talent, so viel Tennis-DNA und inzwischen auch jede Menge Erfahrung: Bei diesen Australian Open hat Zverev von allem ein bisschen gezeigt. Er hat sich durchgekämpft und Matches gewonnen, die er eigentlich nicht hätte gewinnen dürfen. Ganz so wie ein Topspieler. Und als dann erstmals mit Carlos Alcaraz ein Gegner auf ihn wartete, der schon vom Namen her eine wirkliche Herausforderung darstellte, konnte Zverev sein bestes Tennis abrufen.

Phasenweise hat er das in seiner Karriere immer wieder mal geschafft. Die beiden Siege bei den ATP-Finals oder Olympiagold sind der Beweis dafür, dass Zverev große Triumphe feiern kann. Aber das waren eben immer nur Spiele über zwei Gewinnsätze. Bei Best-of-Five-Matches über einen Zeitraum von zwei Wochen stieß der Deutsche oft genug an seine Grenzen – vor allem psychisch. Der Sieg im Viertelfinale gegen Alcaraz war sein erster gegen einen Top-Fünf-Spieler bei einem Grand-Slam-Turnier überhaupt. Eine Statistik, die einiges aussagt über den Menschen und Tennisprofi Alexander Zverev.

Dass er diesen Makel nun abgelegt hat, sagt allerdings auch einiges über ihn aus. „Ich finde, dass ich schon seit eineinhalb bis zwei Jahren ruhiger und erwachsener geworden bin“, meinte Zverev nach dem Erfolg am Mittwoch und bescheinigte sich selbst „eine Weiterentwicklung als Person.“ Tatsächlich wirkt er in Australien bisher sehr fokussiert, die berühmt-berüchtigten Selbstgespräche sind Vergangenheit. Dazu hat er auch mit den Schlägern seinen Frieden gemacht, häufig mussten sie früher leiden, wenn in seinem Spiel wieder einmal etwas nicht nach Wunsch lief.

Im Halbfinale trifft er am Freitagvormittag (9 Uhr/Eurosport) auf Daniil Medwedew. Schon aufgrund der jüngsten Duelle dürfte dieses Match ein echter Tester für Zverev werden. Nicht nur sportlich, wo die Bilanz von 11:7 für den Russen spricht. Sondern vor allem mental. Mit dem eigenwilligen Weltranglistendritten hat sich Zverev im vergangenen Jahr heftig angelegt und ihn als einen der „unfairsten Spieler“ überhaupt bezeichnet. Medwedew konterte mit der Aussage, dass Zverev „in seiner eigenen Welt“ leben würde.

Im Vorjahr geriet Zverev mit Medwedew heftig aneinander

Sechsmal trafen die beiden 2023 aufeinander, fünfmal unterlag der Deutsche. Von einem Angstgegner will er deswegen aber nicht sprechen: „Er war letztes Jahr in Bestform, ich kam zurück aus einer Verletzung, mein Selbstvertrauen war nicht da.“ Das sei nun anders und er ein anderer Spieler, erklärte Zverev vor dem Halbfinale. Körperlich dürfte für beide eine neuerliche Kraftanstrengung nötig werden, sie haben in den Tagen von Melbourne ordentlich Körner gelassen.

„Von der physischen Seite her gibt es kaum einen Spieler, der mehr arbeitet als ich“, sagt Zverev. Wobei ihm Medwedew allerdings in dieser Hinsicht kaum nachsteht. Das bewies der Russe in der zweiten Runde, als er sich gegen Emil Ruusuvuori nach zwei verlorenen Sätzen noch durchsetzen konnte und dabei bis kurz nach halb vier Uhr nachts Ortszeit auf dem Platz stand. Fünf Sätze brauchte er auch in seinem Viertelfinale gegen Hubert Hurkacz, danach bekannte Medwedew: „Ich bin total kaputt und möchte nur noch schlafen.“

Mit diesen Worten eröffnete er bereits die kleine Psycho-Schlacht, die sich am Freitag fortsetzen wird, auch wenn Medwedew zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht wusste, auf wen er im Halbfinale treffen würde. Zverev jedenfalls stellt sich auf alles ein: „Es wird Dinge geben, die mir nicht gefallen und es wird Dinge geben, die ihm nicht gefallen. Das wird Teil des Matches sein“, blickte er auf das Duell mit seinen Erzrivalen voraus. Danach wird wieder ein bisschen klarer sein, ob Alexander Zverev wirklich bereit ist für seinen ersten Grand-Slam-Titel.

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