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© dpa

Aserbaidschans Trainer: Berti Vogts: Rendezvous mit der Vergangenheit

Der ehemalige Bundestrainer Berti Vogts tritt zum vierten Mal gegen Deutschland an - diesmal mit der Nationalmannschaft Aserbaidschans.

Berti Vogts ist jetzt als Botschafter mit doppeltem Auftrag unterwegs. Immer noch vertritt er die Sache des deutschen Fußballs in der weiten Welt, aber genauso überzeugend macht er sich als Botschafter für das Land seines derzeitigen Arbeitgebers. Am Tag vor dem WM-Qualifikationsspiel gegen die deutsche Nationalmannschaft schwärmt Vogts, der Nationaltrainer Aserbaidschans, von den freundlichen Menschen, preist Baku, diese wunderschöne Stadt am Kaspischen Meer. Die sollten sich die Besucher aus Deutschland unbedingt anschauen und „die gute Küche entdecken: Bratkartoffeln und leckeres Bier“.

Bratkartoffeln und ein leckeres Bier – Berti Vogts wird den Deutschen in sich nicht los. Nicht mal dreieinhalbtausend Kilometer von der Heimat entfernt, an der Schnittstelle zwischen Orient und Okzident. Seit Februar 2008 arbeitet er für den Aserbaidschanischen Fußballverband. Vordergründig betreut er das Nationalteam, in Wirklichkeit geht es um mehr. „Ich bin hier, um eine Mission zu erfüllen“, sagt Vogts. Wieder einmal. Aufbauarbeit leisten, Strukturen schaffen, den Nachwuchs fördern. Das ist sein Thema, egal ob beim Deutschen Fußball-Bund (DFB), in Kuwait, Schottland, Nigeria oder Aserbaidschan. „Nach und nach sieht man kleine Fortschritte“, sagt er.

Vorletzter ist Aserbaidschan in der deutschen Qualifikationsgruppe, ohne Sieg und ohne Tor. Aber die Auftritte werden besser. Gegen Russland hat die Mannschaft 0:1 verloren; und nur einmal gab es unter Vogts eine heftige Niederlage, im Juni gegen Spanien. 6:0 hieß es am Ende für den Europameister, doch bis kurz vor der Pause hatten die Aserbaidschaner das 0:0 verteidigt. „Die Leute sind stolz und begeistert, dass Berti unser Nationaltrainer ist“, sagt sein Dolmetscher Aydin Rustamow. „Sie wissen, dass man in einem Jahr kein Wunder vollbringen kann – nicht mal Berti Vogts.“

Man muss in größeren Dimensionen denken. „In vier, fünf Jahren können wir im europäischen Fußball mithalten“, sagt Vogts. Vorausgesetzt, der Verband bringt genügend Geduld auf und folgt seinem Weg. Warum sind die Schotten wieder so gut? Weil er, Vogts, damals als Nationalcoach auf junge Spieler gesetzt hat. Und die Deutschen? Haben die ihn nicht immer für sein ewiges Genörgele über die mangelhafte Nachwuchsarbeit belächelt? Jetzt haben sie wieder Talente über Talente, Bewegung auf allen Positionen, „eine unheimliche Breite in der Spitze“, sagt Vogts. „Goldene Zeiten stehen bevor.“

Das hat man auch gedacht, als er 1990 Franz Beckenbauer ablöste und Bundestrainer wurde. Bis 1998 hat Vogts die Nationalmannschaft trainiert, zweimal scheiterte er mit ihr im WM-Viertelfinale, beide Male war es ein Desaster. Aber auch der Titel bei der EM 1996 fällt in seine Amtszeit. Bis heute ist es der letzte für den DFB, in dessen Dienst Vogts 19 seiner 62 Lebensjahre verbracht hat.

„Er ist der gleiche Berti wie immer“, sagt sein Dolmetscher Rustamow vor dem Duell, das eher für Vogts als für die Nationalmannschaft ein Rendezvous mit der eigenen Vergangenheit ist. Über seine Zeit als Bundestrainer hat sich längst ein Grauschleier gelegt. Und so treu Vogts dem DFB geblieben ist, so flatterhaft war sein Berufsleben danach. Zum inzwischen vierten Mal misst er sich heute mit der Nationalmannschaft, zum dritten Mal wird er verlieren, das Heimspiel knapp und das Rückspiel in einem Monat nicht gar zu hoch – so wünscht sich Vogts das. „Wir spielen ja nicht gegen Honkatonka, wir spielen gegen die beste Mannschaft der Welt.“ Die beste Mannschaft der Welt? Berti Vogts wird den Deutschen in sich einfach nicht los.

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