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Weil fast alles dicht ist, ist der Spaziergang im Park oder um den See eine das Gemüt aufhellende Alternative.

© Peter Byrne/PA Wire/dpa

Das Jahr, in dem wir unseren sportlichen Horizont erweitert haben: Wenn Wünsche gewinnen

2020 war hart, aber es war auch das Jahr, in dem wir unser Spektrum erweitert haben. Das wird uns 2021 helfen.

Es ist Tradition. Wenn das alte Jahr geht, dann wünschen sich die Menschen ein Frohes Neues Jahr. Und natürlich, nach diesem 2020, ist es im Nachhinein tragikomisch, dass wir uns vor einem Jahr gute Wünsche um die Ohren gehauen haben. Denn die verschwanden anscheinend in einem schwarzen Loch. Gut war in diesem Jahr auf den ersten Blick nur wenig. Für die Menschen nicht und für den Sport auch nicht.

Doch es gab Gutes. Wir haben Sportarten neu entdeckt, wir haben gemerkt, dass vieles immer geht und läuft. Dass wir kein Stadion und keine Halle brauchen, um uns zu bewegen. Laufen und Radfahren zum Beispiel, Fitness im eigenen Heim oder Yoga vor dem Bildschirm begleiten uns zuverlässig. Wir haben uns neu kennen gelernt und unsere Umgebung anders entdeckt. Weil fast alles dicht ist, ist der Spaziergang im Park oder um den See eine das Gemüt aufhellende Alternative. Es war auch ein interessantes Jahr. Es war das Jahr, in dem wir unseren sportlichen Horizont erweitert haben.

Der Sport hat sich thematisch breiter aufgestellt, keine Frage. Doch vieles schmerzt, natürlich. Der Mannschaftssport ist im Zwangsschlaf, viele Jugendliche wandern in die virtuelle Welt ab, ganze Jahrgänge sind betroffen. Kürzlich klagte Schwimmikone Franziska van Almsick, dass die Kinder nun nicht einmal mehr schwimmen lernen und viele nicht mehr schwimmen könnten. Das lässt sich auf andere Sportarten übertragen. Und die Jugend wird, wenn dann mal wieder mehr möglich ist, auch nicht geschlossen in die Vereine zurückkehren. Viele Sportarten fallen gerade hinten runter.

Das ist keine gute Entwicklung: Sechsjährige Mädchen und Jungen können zurzeit nicht in einen Sportverein eintreten. Die Generation Corona flüchtet ins Virtuelle, der Sport wird sein Nachwuchsproblem verstärken. Dauert die Pause zu lange, wird der Profisport noch mehr zu einem abgekoppelten Geschäft.
Der Breitensport wird an den Folgen des gefühlt schon ewig andauernden Lockdowns leiden. Das Gemüt wird unter dem Sportverzicht leiden, denn Sport ist ja für Körper und geistiges Wohlbefinden gut. Wenn alle nur für sich allein laufen oder Fitness daheim betreiben, dann kann keine Gemeinschaft entstehen.
Auch das Verfolgen von Sport erzeugt Gemeinschaft. Von der Fanmeile bis zur Kneipe oder dem Public Viewing im Biergarten. Jede Großveranstaltung, jeder Spieltag der Fußball-Bundesliga hat auch bis Anfang diesen Jahres davon gelebt, dass die Menschen die Spiele nicht nur allein vorm Fernseher verfolgt haben. Das fehlt – ganz klar.

Was nicht fehlt, ist die Diskussion über den Profisport, denn der findet – nach einer kurzen oder langen Pause – statt. Und das ist auch sehr gut so. Die Unterhaltungsbranche Profisport hat ihren Weg gefunden und wenn die Ligen vor leeren Rängen spielen, dann ist das auch ein großes Stück gespielte Hoffnung auf bessere Zeit und vor allem auch ein Zeichen, dass der Sport nicht aufgibt.

Ohne Vorbilder gibt es keinen Nachwuchs

Logisch, die verdienen alle viel, die vielen Profisportler und wenigen Profisportlerinnen. Aber: Ohne Vorbilder gibt es keinen Nachwuchs, gibt es keine Breite im Sport. Seien wir froh, dass noch Menschen laufen, schießen und springen im bezahlten Sport. Denn wenn wir uns ausgetobt haben, dann verfolgen wir auch gerne visuell, was die Profis im leeren Fußballstadion oder die Handballerinnen in der leeren Halle so vorspielen. Und wir können drauf wetten, dass der FC Schalke 04 schon mal kommenden Sonnabend mit einer Niederlage den langen Negativrekord vom SC Tasmania1900 holt. Oder vielleicht kommt es ja doch anders.

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2021 soll uns die aufgeschobenen Großereignisse bringen, so hoffen wir. Fußball-Europameisterschaft der Männer und Olympische Sommerspiele in Tokio für alle. Doch 2021 wird uns hoffentlich vor allem den ganzen Sport zurückgeben, den wir lieben, den der Nachwuchs braucht. Und wenn es dann so weit ist, dann werden wir feststellen, dass wir viel dazugewonnen haben. Wir werden merken, dass die von uns neu entdeckten Wege Sport zu betreiben, unser Leben bereichern. Das wünschen wir uns zumindest.
Und das Gute an guten Wünschen ist ja, dass sie auch mal in Erfüllung gehen. Wir werden in einem Jahr nicht wie die Deppen dastehen, wenn wir uns an unsere Wünsche zum Frohen Neuen Jahr erinnern. Versprochen.

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