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Seit 2015 fährt die Formel E in Berlin, bei der Premiere damals auch schon auf dem Tempelhofer Feld.

© picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild/Britta Pedersen

Formel E auf dem Tempelhofer Feld: Warum die Rennserie so gerne nach Berlin kommt

Großer Aufwand für ein besonderes Wochenende: Die Formel E klotzt mächtig, um die Rennen in Berlin zu einem Erfolg zu machen. Eine Variable bleibt jedoch – das Interesse der Fans.

Von Dietmar Gessner

André Lotterer ist schon in fast jeder bedeutenden Motorsportserie gestartet: Testfahrer und ein Renn-Einsatz in der Formel 1, Sieger beim legendären 24-Stunden-Rennen von Le Mans, er wurde Fia-Langstrecken-Weltmeister, der 41-Jährige fuhr unzählige Runden in Formel 3, Formel BMW, Formel Renault und Super Formula.

Der in Duisburg geborene Routinier sitzt nun im Cockpit des Formel-E-Boliden vom Team Avalanche Andretti. Er kann sich also einen fundierten Vergleich erlauben und sagt: „Formel E fahren ist wie Fahrradfahren im Wohnzimmer.“ Will heißen: nicht nur das Tempo ist entscheidend, sondern die Geschicklichkeit, der Gesamtüberblick.

Edgar Mielke hat in über drei Jahrzehnten für diverse TV-Anstalten schon Rennen in der Formel 1, der DTM und bei Motorrad-Weltmeisterschaften kommentiert. Für Pro 7 ist bei der Formel E am Mikro. Er sagt: „In der Formel E gewinnt nicht immer der Schnellste, aber fast immer der Cleverste.“ Was auch damit zusammenhängt, dass Formel-E-Piloten viel intensiver mit den Energiereserven ihrer Antriebsbatterien haushalten müssen, als das im klassischen Motorsport auf Verbrenner-Basis der Fall ist.

13
verschiedene Sieger gab es bei den bisher 16 Rennen der Formel E in Berlin.

Es gibt viel mehr Überholmanöver als in der Formel 1, es gibt viel mehr verschiedene Sieger – und folglich bisher in acht Saisons sieben verschiedene Meister. In diesem Jahr sind sechs der insgesamt 16 Rennen absolviert. Zwischenbilanz: fünf verschiedene Gewinner.

In Berlin sind seit 2015 bereits 16 Formel-E-Läufe ausgetragen worden, die 13 verschiedene Sieger sahen. Spannung ist also vor dem Gastspiel am Samstag und Sonntag auf dem Tempelhofer Feld garantiert. Hier geht es in den WM-Läufen sieben und acht um Punkte. Als WM-Spitzenreiter tritt Porsche-Pilot Pascal Wehrlein an. Er ist im bisherigen Saisonverlauf der einzige Fahrer, der schon zweimal ganz oben auf dem Podium stand.

Wehrlein führt die Gesamtwertung nach bisher sechs Rennen an

Der 28 Jahre alte Wehrlein scheint dabei in der Formel E sein Rennfahrer-Glück gefunden zu haben. 2015 war er Meister in der DTM. Er folgten zwei erfolglose Jahre in der Formel 1 und die Rückkehr in die DTM. Mercedes hatte gehofft, Wehrlein zum kommenden deutschen Motorsport-Superstar aufzubauen. Das klappte nicht.

Erst jetzt – bei Porsche in der Formel E – entfaltet der gelernte Feinmechaniker die Reife und Klasse, die ihn zu einem Siegfahrer hat werden lassen. Er freut sich auf Berlin, denn „man kann an mehreren Stellen gut überholen“. Eine besondere Herausforderung sind die tückischen Streckenverhältnisse auf dem Tempelhofer Feld. Dort gibt es kein perfektes, glattes Asphaltband. Die Strecke ist rau, es geht an einigen Stellen sehr holprig zu. Das macht die Fahrzeugabstimmung schwierig, die Schonung der Reifen komplexer – und erhöht somit den Stressfaktor für die Fahrer erheblich.

Der Vertrag der Formel E mit Tempelhof läuft bis 2024: Verlängerung wahrscheinlich. Denn die Formel E kommt gerne nach Berlin. Marco Greil ist der für das Renn-Wochenende in Berlin verantwortliche Eventmanager der Formel E. Er sagt: „Berlin ist eines unserer wichtigsten Rennen. Hier können wir uns hervorragend präsentieren.“

Dafür wird geklotzt. Der Aufbau der Infrastruktur an der Strecke dauerte 18 Tage, der Abbau acht Tage. Über 3500 Mitarbeiter investieren 175.000 Arbeitsstunden. Der ADAC stellt 250 Streckenposten. Eine portugiesische Spezialfirma ist nur für die richtige Anordnung von begrenzenden Betonblöcken am Streckenrand zuständig. Betonblöcke, mit denen die Fahrer rund um WM-Spitzeneiter Pascal Wehrlein bestenfalls nicht in Berührung kommen möchten. Daher haben sie vor dem Rennen in Berlin teilweise täglich bis zu zwölf Stunden im Rennsimulator trainiert.

Vielleicht ist Fahrradfahren im Wohnzimmer doch etwas leichter.

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