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DFB-Büroleiter Georg Behlau jubelt, als hätte er höchstselbst den Treffer verantwortet.

© dpa

Fußball-WM in Russland: Kein Verständnis von Fairplay

Einige DFB-Mitarbeiter nutzten die WM-Bühne für ihren großen Auftritt. Jetzt sollten sie sich wieder ganz dem Schreibtisch widmen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Martin Einsiedler

Die große Bühne, auf die die ganze Welt blickt, ist nur einen Schritt entfernt. Warum nicht auch mal Hauptdarsteller sein für ein paar Sekunden? Warum nicht einfach mal den Schritt machen, auch wenn man nicht zum Ensemble gehört? David Bowie hat das schon vor vielen Jahren angeregt. „We can be heroes just for one day.“

Am Samstag, als Toni Kroos den deutschen Fußballern mit seinem Freistoßtor wieder Hoffnung gab, haben zwei ältere Herren diesen Schritt gewagt.
Georg Behlau und Uli Voigt können, soweit bekannt ist, erst einmal nichts zum unmittelbaren Erfolg einer Fußballmannschaft beitragen. Sie können nicht fest schießen, sie können nicht schnell rennen und nicht präzise passen. Sie können keine taktischen Anweisungen geben und sie können auch keinem verletzten Spieler wieder auf die Beine helfen. Georg Behlau und Uli Voigt können – das soll nicht geringschätzend sein – Büroarbeit im Verband leisten, also eine Tätigkeit weit weg vom großen Scheinwerferlicht, in das sie sich am Samstag wagten.

Nach dem Siegtreffer von Kroos stürmten die beiden in ihren hellblauen Hemden und dunkelgrauen Jeans mit geballten Fäusten in Richtung schwedischer Bank, als wären nicht Kroos und Reus für den Sieg in letzter Sekunde verantwortlich, sondern eben Behlau und Voigt. Als würden sie in ihrem beruflichen Alltag nicht Telefonate tätigen und E-Mails schreiben, sondern in muskulösen Körpern über den Fußballplatz jagen und anschließend Interviews geben.

Kaum etwas ist schwerer zu ertragen als die eigene Bedeutungslosigkeit

Der Fußballweltverband Fifa hält von derlei Rollenspielen nichts und hat nun sogar Ermittlungen gegen die beiden eingeleitet. Der Deutsche Fußball-Bund hat die Vorkommnisse in einer Stellungnahme am Montagabend „ausdrücklich bedauert“. Gleichzeitig hat der DFB entschieden, dass das Duo gegen Südkorea nicht im Innenraum sein wird. Unabhängig davon droht der Entzug der Akkreditierung durch die Fifa. Sie könnten dann den Spielen der Mannschaft von Bundestrainer Löw nicht mehr von der Bank beiwohnen. Für die deutsche Nationalmannschaft hätte das nullkommanull Folgen für dieses Turnier, was wiederum die Ursache der emotionalen Ausschweifungen der beiden sein könnte. Denn kaum etwas ist schwerer zu ertragen als die eigene Bedeutungslosigkeit.

In der Welt des Spitzenports sind solche Verhaltensweisen nicht neu. Der Pressesprecher geriert sich schon mal als unverzichtbarer Kombattant auf dem Feld. Und der Zeugwart will nicht nur die verschwitzen Trikots einpacken. Er will sich auch freuen und ärgern können mit dem Team. Es geht daher nicht nur um den Reiz des Rampenlichts, sondern auch ums Dazugehören.

Insofern sind die emotionalen Ausschweifungen von Behlau und Voigt als verzweifelter Versuch zu verstehen, wahrgenommen zu werden. Von der Öffentlichkeit und von der Mannschaft. Ohne Zweifel ist das den beiden im Spiel gegen die Schweden gelungen. Immerhin waren sie Antihelden, wenn auch nur für einen Tag. Nun aber sollten sie sich wieder dem Schreibtisch widmen.

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