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Krise ohne Ende. Lukas Podolski (1.FC Köln, links) und Roman Hubnik (Hertha BSC).

© dpa

Kontrapunkt: HaHoHe, Hertha und FC

Ein Berliner Kölner und ein Kölner Berliner verlieren gemeinsam. André Görke und Lorenz Maroldt über die Leiden des Abstiegskampfes aus Fan-Sicht.

Wir haben nichts zu gewinnen! Und deshalb auch nichts mehr zu verlieren. Wir, das sind ein Urberliner Hertha-Fan mit einem Herz für den 1. FC Köln und ein Urkölner FC-Fan mit einem Herz für Hertha. Wir treten in einem Fernduell gegeneinander an – und gegen uns selbst. Ein Teil von uns wird an diesem Sonnabend absteigen, so oder so, und der andere folgt vielleicht schon eine Woche später, nach der Relegation. Und das ist dann auch gut so, dann bleiben wir wenigstens zusammen, und jeder bekommt dann wenigstens wieder sein Heimspiel in der heimatlichen Fremde.

Ein Transparent mit der Aufschrift „Amoklauf Kladow“, das trostlos treu in einem trostlos leeren Olympiastadion hing, ein Artikel darüber und ein Leserbrief dazu haben uns zusammengebracht. Später sind wir mit rot-weißen Schals nach Hamburg ans Millerntor gefahren, mit Berliner Kennzeichen nach Müngersdorf, haben Aufstiege in Aue (FC) und Aue (Hertha) erlebt und bittere Blamagen an Orten, die es nicht wert sind, sie zu nennen. Burghausen zum Beispiel, 650 Kilometer die einfache Strecke. Der Berliner war für den FC bei gefühlten minus 20 Grad in Rostock, der Kölner für Hertha bei ebenfalls gefühlten minus 20 Grad gleichfalls in Rostock (das erste Spiel von Alex Alves, der später mit einem Tor vom Anstoßkreis im Olympiastadion Hertha half, aus einem Rückstand von 0-2 einen 4-2-Sieg zu machen – gegen den FC).

Ja, wir sind vielleicht ein bisschen komisch, wir Berliner Kölner, wir Kölner Berliner, aber längst nicht allein. Es gibt noch ein paar mehr von unserer Sorte, und für keinen von uns wird der Samstag ein Feiertag. Aber wohl doch schon so etwas wie eine Erlösung, eine Katharsis. Wir haben genug. Es soll nur noch aufhören.

Immer nur Wolfsburg, Hannover, Hamburg – warum nicht mal nach Aalen oder Sandhausen?

In Köln hat es ja schon angefangen aufzuhören, als die Saison zum absehbaren Desaster wurde. Präsident weg, Sportdirektor weg, Trainer weg, Poldi weg. Hertha muss erst noch absteigen, sonst würde die Saison womöglich noch als Erfolg gefeiert und dann ginge es ewig so weiter.

Hertha in der zweiten Liga, das bietet die erfreuliche Aussicht, dass die Herren Ramos und Raffael demnächst anderswo lustlos herumtraben dürfen, gerne in Mönchengladbach, das gefällt dann auch dem FC-Fan. Über andere handelnde Personen des Niedergangs ist ja bereits genug gesagt worden. Hier nur so viel: Dass Preetz mal Düsseldorfer war, hat immer ein bisschen gestört. Aber da sind wir ja schon wieder bei der Relegation, den beiden Spielen, bei denen die eine oder die andere der beiden Leichen abgeschossen wird. Wenn schon, denn schon: Lasst uns wenigstens gegen Paderborn untergehen!

Immer nur Wolfsburg, Hannover, Hamburg – warum nicht mal nach Aalen oder Sandhausen? Der Zweitligastrafraum: unendliche Weiten, neue Welten! Die anderen können gerne wieder nach Hoffenheim.

Ja, wir freuen uns auf die pralle Sonne beim dachlosen FSV Frankfurt, den Nudeleintopf in Aue, die S-Bahnfahrt nach Köpenick. Was sollen wir da wieder in Mainz? Als der FC dort das letzte Mal war, saß da an einem bitter nasskalten Dienstagabend auch der kleine Neffe Fabian. Nach dem vierten Tor für Mainz riefen die FC–Fans: „Wir sind Kölner und ihr nicht!“ Und Fabian sagte: Wenn die endlich abgestiegen sind, dann muss ich ja nicht mehr FC-Fan sein. Ach ja... Ach je...

Wir haben es uns nicht ausgesucht, es hat sich so ergeben. Wir bleiben dabei, so oder so, bei den einen wie den anderen. Wir haben künftig die Nachmittage frei und montagabends was Festes vor. Ja, wir reden uns die Lage schön, aber schlimm war es ja jetzt lange genug. HaHoHe, Hertha und FC!

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