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Tamir Blatt (links) gelangen gegen Mailand in der Verlängerung die entscheidenden Aktionen.

© IMAGO/Simone Lucarelli

„Man fühlt sich, als stünde man am Grand Canyon“: Alba Berlin tänzelt am Abgrund entlang

Nach fünf Siegen am Stück, zuletzt am Freitag beim Euroleague-Topteam Mailand, steht Alba Berlin vor dem ersten K.o.-Spiel der Saison. Am Montag geht es im Pokal mal wieder gegen Bonn.

Der Grand Canyon ist ein wahres Wunder der Natur. Vom Nordrand der Schlucht geht es bis zu 1800 Meter in die Tiefe, ein Abgrund aus kargem Stein, unten in weiter Ferne der Colorado River. Israel Gonzalez bemühte das Weltnaturerbe im Südwesten der USA vor einigen Tagen als rhetorisches Mittel. „Wenn man sich unseren Spielplan anschaut“, sagte Alba Berlins Trainer, „fühlt man sich, als stünde man am Grand Canyon und würde gleich fallen“.

Vier Spiele in einer Woche sind selbst für den belastungserprobten Deutschen Meister eine seltene Herausforderung, Gonzalez‘ Respekt ist also keinesfalls unbegründet. Angst vor dem Absturz in die Schlucht muss der Spanier aktuell aber nicht bekommen. Denn seine Mannschaft präsentiert sich in dieser Saison in einer erstaunlichen Frühform.

In der Vergangenheit tat sich Alba in den ersten Wochen stets schwer, im Vorjahr gab es drei Niederlagen in den ersten fünf Spielen. In dieser Saison haben die Berliner die ersten fünf Partien alle gewinnen können, zuletzt mit einer beeindruckenden Leistung am Freitag bei einem der großen Euroleague-Favoriten in Mailand. Hätten die Berliner mehr Zeit, könnten sie von hoch oben den fantastischen Ausblick genießen.

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Doch daraus wird nichts. Denn am Montag (19 Uhr, MB Arena und Magentasport) balanciert Alba schon wieder am Rande der Schlucht, im Pokal steht das erste K.o.-Spiel dieser Saison an. Erneut heißt der Gegner Bonn. Vor einem Jahr stand Alba in der ersten Runde gegen den einstiegen Rivalen bereits vor dem Aus, bevor Luke Sikma sein Team mit einem einbeinigen Flamingo-Wurf im Stile Dirk Nowitzkis in die Verlängerung rettete. Dort setzten sich die Berliner durch, holten vier Monate später den Pokal und dann auch die Meisterschaft. Viel besser lässt sich kaum illustrieren, wie schmal der Grat zwischen Erfolg und Misserfolg im Sport sein kann.

Auf solch einen Krimi können die Berliner am Montag gerne verzichten, schließlich mussten sie in Mailand bereits in die Verlängerung und die Belastung ist ohnehin enorm. Nach Bonn geht es am Mittwoch in eigener Halle gegen Panathinaikos Athen, am Freitag in Istanbul gegen Euroleague-Titelverteidiger Anadolu und am Sonntag in der Max-Schmeling-Halle gegen Heidelberg. „Vier Spiele in einer Woche sind echt hart“, sagt Jonas Mattisseck.

Zumal die personelle Lage die Herausforderungen noch vergrößert. In Mailand fehlten Alba mit Marcus Eriksson, bei dem weiter kein Ende der Leidenszeit abzusehen ist, der beste Werfer und mit dem kranken Ben Lammers ein wichtiger Center. Außerdem musste Nationalspieler Maodo Lo mit Problemen am Sprunggelenk passen. Ob er gegen Bonn mitwirken kann, ist sehr fraglich.

Umso erstaunlicher ist es, wie stark sich die Berliner am Freitag präsentierten. Sie führten bis in die letzte Spielminute der regulären Spielzeit, zwischenzeitlich schon zweistellig, und zeigten dann eine beeindruckende Reife.

Die Italiener um Startrainer Ettore Messina verfügen mit Kyle Hines, Shavon Shields, Nicolo Melli, Kevin Pangos und dem deutschen Nationalspieler Johannes Voigtmann über reihenweise abgezockte Euroleague-Veteranen und glichen erst kurz vor Schluss aus. Im Normalfall setzt sich der Favorit nach einer solchen Aufholjagd in der umkämpften Verlängerung mit all seiner Routine durch, doch Alba ließ sich durch nichts beunruhigen – allen voran Tamir Blatt, der das Spiel am Ende entschied.

Diese mentale Reife könnte auch in den kommenden Tagen ein entscheidender Trumpf der Berliner sein. Angesichts des engen Spielplans kann man nicht erwarten, dass Albas Siegesserie endlos weitergeht, am Montag sollte sie aber besser nicht reißen.

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