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Gewinnerin im Judo

© IMAGO/GEPA pictures

Organisatoren ziehen positive Bilanz zu World Games: Die glücklichen Spiele

Viele Sportler und Besucher erlebten bei den Weltspielen von Special Olympics unvergessliche Momente. Doch was kann und was wird das Erbe von Berlin 2023 sein?

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Für Leo Heckel geht der Ausnahmezustand langsam zu Ende: Der Schwimmer hatte bei den Weltspielen von Special Olympics in Berlin zu Beginn zwei Silbermedaillen gewonnen. Am Sonntag wurde das größte Multisportevent für Menschen mit Lernbeeinträchtigung und mehrfacher Behinderung nun mit einer Abschlussfeier am Brandenburger Tor beendet. Heckel, 23 Jahre alt, kehrt jetzt erst einmal in seinen Beruf als Gärtner in Hamburg zurück. Trainieren wird er natürlich weiterhin, mindestens dreimal die Woche.

„Es bringt nicht nur etwas, darüber zu reden. Wir müssen es tun“, sagte der Schwimmer Heckel am Sonntag im Beisein der Organisatoren und einiger Politiker. Doch was wird sich tun? Was wird das Erbe von Berlin 2023 sein?

Die Weltspiele waren – ohne Zweifel – ein Großevent. Die Veranstalter sprechen von der größten Sportveranstaltung in Deutschland seit den Olympischen Spielen 1972 in München. Es ist völlig normal, dass ein Event dieser Größe nicht völlig reibungslos über die Bühne geht. In Berlin hielt sich das Unerwartete allerdings in Grenzen. Ein Gewitter hatte zum Beispiel den Zeitplan ordentlich durcheinander gewirbelt. Oder diese Anekdote, die im Umlauf ist: Vor der Eröffnungsfeier wurde Material angeblich an das falsche Olympiastadion geliefert. Es ging nach München.

Kleinigkeiten, zumindest aus der Sicht des Organisations-Teams. Die Verantwortlichen halten fest: Die Spiele waren aus ihrer Sicht ein Erfolg. 330.000 Menschen haben sie erreicht, physisch in Berlin. 20.000 Schüler*innen und Kita-Kinder waren bei Veranstaltungen dabei, 50.000 Menschen besuchten die Eröffnungsfeier. Enorme Mengen, nicht vergleichbar mit einem Event wie den Olympischen Spielen natürlich, aber dennoch riesig. „Wir sind zusammen über uns hinausgewachsen“, sagte Sven Albrecht, Chef des Organisationskomitees.

Wir sind zusammen über uns hinausgewachsen.

Sven Albrecht, Chef des Organisationskomitees

Reichweite, sowohl in Berlin als auch durch die gut 1800 Medienvertreter*innen, das sind zudem Kriterien, nach denen Carsten Kranz den Erfolg der Spiele bemisst. Er ist ebenfalls im Organisationskomitee tätig – und er setzte noch zwei weitere Kriterien an: Nachhaltigkeit, sozial wie ökologisch. Und dass die Politik die Themen um Inklusion im Sport wie in der Gesellschaft aufgreift.

Wie kann das aussehen? Nicola Böcker-Giannini, Berliner Staatssekretärin für Sport, legte dar, wie es in der Gastgeberstadt weitergehen soll. In Berlin verfolgen sie ein Programm, das „Inklusion ’23“ getauft wurde. Es soll das gesellschaftliche Bewusstsein für Inklusion und Teilhabe verbessern und nachhaltige Strukturen schaffen. Seit Mai 2021 gibt es mit Tim Tschauder zudem einen Inklusionsmanager in der Stadt, der beim Landessportbund Ansprechpartner für Vereine ist.

Aber es braucht nicht nur ausgebildete Trainer*innen, es braucht auch inklusive Sportstätten. Und an denen mangelt es in der Hauptstadt. Zumindest an einem Ort setzt der Senat seinen Wunsch um: Der Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark soll der erste inklusive Sportpark der Stadt werden. Wirklich nutzbar könnte die Anlage dann aber auch erst gegen Ende des Jahrzehnts sein.

Für die Athlet*innen der diesjährigen Spiele könnte sich schneller etwas tun: Joannah Faust ist bei Special Olympics Deutschland (SOD) für die Einbindung der Athlet*innen zuständig. Dafür also, dass Sportler*innen mit Lernbeeinträchtigung zum Beispiel einen Job finden und anderweitig an der Gesellschaft teilhaben können. „Teilhabe ist für uns eines der obersten Prinzipien“, sagt sie, und meint damit mehr als nur Sport. Während der Spiele hat sie ihr Mail-Postfach nicht im Blick gehabt, aber sie hofft natürlich auf eine hohe Resonanz.

Auch Philipp Lahm, Turnierdirektor der Fußball-EM in Deutschland, schaute bei den Weltspielen vorbei.

© imago/Eibner/IMAGO/Eibner-Pressefoto/Stephanie Zerb

Auch bundesweit tut sich was, etwa im Beachvolleyball. Die Schwellen einzusteigen seien niedrig – und das Angebot wächst. Im Feldhockey, das in Berlin zu Demonstrationszwecken dabei war, plant ein etablierter Verein in Hamburg ein Programm für Menschen mit Lernbeeinträchtigung.

Auch die Fußball-EM der Männer im kommenden Jahr in Deutschland soll vom Geist von Special Olympics beeinflusst sein, zumindest sagt das Juliane Seifert, Staatssekretärin im Bundesinnenministerium. Bei den Weltspielen arbeiteten viele Volunteers in Tandems – mit Lernbeeinträchtigung und ohne. Für die EM will man dies erneut umsetzen.

Was also das Erbe von Berlin sein wird, hängt von den Entscheidungsträgern in Politik und Sport ab. Aber auch von jedem lokalen Verein: „In erster Sache geht es darum, dass der Wille da ist. Der Wille, einen Sportverein zu öffnen“, sagt Joannah Faust.

Die Erinnerungen aber, die kann allen Beteiligten niemand mehr nehmen. Die Begegnungen und Umarmungen, die Freude und die Feiern. Mary Davis, CEO beim Weltverband von Special Olympics, sagt: „Die Spiele in Berlin werden als die glücklichen Spiele in Erinnerung bleiben.“ Im O-Ton auf Englisch: „Happy Games“.

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