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Plakative Botschaft. Eine Kampagne gegen Rassismus in der Premier League.

© imago/Sportimage

Premier League: Englands Fußball hat ein Rassismus-Problem

Einige Fälle in den vergangenen Monaten machen deutlich: Der Rassismus ist aus Englands Fußball noch lange nicht verschwunden.

Den Fall Torben Aakjaer hat Manchester United schnell gelöst. Aakjaer war einer der besten Scouts des englischen Vereins, hatte viele Talente verpflichtet. Der „Guardian“ deckte jedoch auf, dass der Däne in sozialen Medien mehrfach Muslime und Migranten aus Osteuropa rassistisch beschimpft hatte. So jemanden wollte United nicht mehr haben – und löste Aakjaers Vertrag auf.

Aakjaer ist jedoch kein Einzelfall. Immer wieder taucht Rassismus im englischen Fußball auf. Etwa bei Malky Mackay. Im August 2014 wurden einige Mails und SMS des früheren Cardiff-Trainers veröffentlicht, die den finsteren Teil seines Charakters enttarnten. Nicht nur über schwarze Spieler hatte er in Gesprächen mit seinem Sportdirektor Iain Moody geschimpft, sondern auch über Homosexuelle und Frauen.

Mackay war plötzlich nicht mehr vermittelbar. Keiner wollte einem von der Presse geschmähten Rassisten einen Job geben. Keiner, bis auf den Vorsitzenden von Wigan Athletic, Dave Whelan. Whelan holte Mackay im November als Ersatz für den Deutschen Uwe Rösler und geriet in die Kritik. Um die Entscheidung zu rechtfertigen, erklärte Whelan Mackays rassistische und homophobe Wortwahl für „harmlos“, und behauptete, dass er selbst solche Begriffe benutze. Das bedeute aber nicht, dass er Rassist sei.

John Terry hat das auch behauptet, als ihm vor drei Jahren vorgeworfen worden war, einen Gegenspieler rassistisch beleidigt zu haben. Er mag rassistische Begriffe benutzt haben, aber er sei kein Rassist. Der englische Fußball ist anscheinend bevölkert von Menschen, die rassistisch reden, aber eigentlich keine Rassisten sind. Und das in einem Fußballland, das immer wieder behauptet, den Rassismus in den Stadien und auf dem Spielfeld besser bekämpft zu haben als andere Länder.

In den vier Profiligen des englischen Fußballs gibt es nur drei nicht-weiße Trainer

Das sei ein Mythos, sagt Richard Bates, Sprecher von „Kick it Out“, der größten Anti-Rassismus-Organisation im englischen Fußball. „Wir haben immer noch ein Rassismus-Problem auf dem Spielfeld und auf den Rängen. Die Vorfälle der letzten Monate zeigen auch, dass sich viele mächtige Leute im Fußball wenig dabei denken, rassistische Einstellungen privat und in der Öffentlichkeit auszusprechen.“ In der Saison 2013/14 ist die Zahl von Rassismus-Vorfällen, die „Kick it Out“ gemeldet wurden, um 269 Prozent gestiegen.

Noch problematischer als die Einzelfälle wie Mackay, Aakjaer oder Whelan ist der institutionelle Rassismus. In den vier Profi-Ligen des englischen Fußballs gibt es lediglich drei nicht-weiße Trainer. Keiner von ihnen arbeitet in der Premier League. Obwohl der englische Fußball auf dem Spielfeld ein multikulturelles Bild abgibt, arbeiten an der Seitenlinie und in der Klubadministration fast nur weiße Gesichter. Nur vier Prozent aller Verwaltungsmitarbeiter in englischen Klubs sind schwarz oder von einer nicht-weißen Ethnie.

„Der Fußball ist daran gescheitert, das Versprechen der echten Gleichheit zu verwirklichen“, sagte der ehemalige West-Brom-Stürmer Jason Roberts dem „Observer“ im November. Roberts, der als schwarzer Ex-Spieler jetzt als Forscher und Aktivist gegen Rassismus arbeitet, glaubt nicht an Quoten, beklagt aber einen fehlenden Dialog.

Bates glaubt, dass man auch ohne Quoten die Situation für schwarze Trainer verbessern kann. „Die Einstellungsverfahren der Klubs sind einfach mangelhaft. Im Moment beruht keine Trainerverpflichtung auf wahren Verdiensten. Die Klubs müssen fairere Einstellungsverfahren einführen, damit jeder, der qualifiziert ist, eine Chance hat, den Job zu bekommen.“

Das kann „Kick it Out“ jedoch nicht alleine durchsetzen. Bates nimmt die Verbände und Klubs in die Pflicht, höhere Standards einzuführen. Wie eben Manchester United. „Im Fall Torben Aakjaer hat Manchester United schnell und konsequent agiert. Das müssen wir loben“, sagt er. Schade nur, dass die Reaktion des englischen Rekordmeisters eher die Ausnahme ist.

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