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Fußballerinnen wie Anja Mittag beherrschen das Spiel mit dem Ball. Dennoch spielen sie kaum eine Rolle im Diskurs über den Umgang mit der Krise.

© picture-alliance/ dpa/dpaweb

Ungleichbehandlung im Sport: Wer sorgt sich eigentlich um die Fußballerinnen?

Alle reden über Geisterspiele und existenzielle Nöte der Klubs. Der Frauenfußball dagegen wird weitgehend ignoriert. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Claus Vetter

Die Krise nimmt uns alle mit, manche viel, manche weniger. Vielen Menschen ist klar, dass es nach der Coronavirus-Pandemie – wenn es überhaupt so einen genau definierbaren Zeitpunkt geben sollte – in vielen Bereichen des Arbeitens und Lebens nicht genau so weitergehen wird, wie vor dem Virus.

Die Branche Profifußball in Deutschland allerdings ist eher der Meinung, dass es weitergehen muss, so widrig die Umstände auch sein mögen. Zur Not eben in dieser Woche mit Geisterspielen. Im Fußballgeschäft gibt es kaum einen ernsthaften Reflex zu sagen: Wir müssen etwas verändern. Dabei gibt es zentrale Punkte, die das Geschäft Profifußball reflektieren könnte.

Vielleicht sind Geisterspiele nun die Chance zu sehen, wie entseelt das Ganze ist. Zuschauer sind für die Bundesligaoberen zwar eine Stimmungskulisse. Aber die Kurve ist eben auch ein vor allem männliches Ventil. Wehe, die Fans sind unbequem, kritisieren am Geschäft herum. Aber das Problem wird es nun nicht geben, die Angst der Fußballmächtigen vor den Fans konzentriert sich nun darauf, ob es irgendwelche Aufmärsche in Nähe der leeren Stadien geben kann.

Die Bundesliga der Männer ist nach wie vor ein rein männliches Geschäft, die Hälfte der Menschheit ist mehr oder weniger außen vor. Eine Schiedsrichterin Steinhaus, Journalistinnen und Frauen in klassischen Frauenrollen auf der Geschäftsstelle verschieben dieses Bild noch kaum. Weibliche Fans, Geldgeber und Spielerfrauen sind dagegen erlaubt.

Der deutsche Fußball hinkt der gesellschaftlichen Entwicklung im Land hinterher

Auf der anderen Seite strafen immer noch Männer die Bundesliga der Frauen mit Verachtung, das geht bis zum Deutschen Fußball-Bund, der am Montag darüber entscheiden will, wie es im DFB Pokal, der 3. Liga und beim „Frauenfußball“ weitergehen soll – in der Reihenfolge.  Der deutsche Fußball hinkt der gesellschaftlichen Entwicklung im Lande in etwa so weit hinterher wie die katholische Kirche, die auch keine Frauen an der Spitze sehen will. Ob die Frauen nun wieder gegen den Ball treten oder nicht – geschenkt. Geht ja um wenig Geld.

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Es sprechen noch viele andere Argumente, die gesundheitlichen zumal, gegen dieses Konstrukt, in dem sich ab Sonnabend junge Männer schlecht vorbereitet und womöglich mit der Angst vor dem Virus auf das Feld werfen.

Und trotzdem freuen sich viele Menschen auf das nahende Geister-Männer-Bundesliga-Wochenende, weil Fußball halt doch zu unserer Kultur gehört. Aber auch der schönsten Kultur tun Veränderungen gut. Es ist gut, dass wieder gespielt wird, vielleicht wird ja mit den Geisterspielen auch klar, wie wichtig die Menschen abseits des Platzes die Fußball-Bundesliga finden. Denn was unterscheidet den Fußball von allen anderen Sportarten in Deutschland: Die große Zuneigung der Zuschauer.   

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