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Beim Unterwasserhockey wird, wie es der Name schon sagt, getaucht statt gelaufen. Außerdem besteht der Puck hier aus Blei.

© Jürgen Engler

Viel Stadt, viel Sport: Mit Schnorchel und Bleipuck beim Unterwasserhockey

Nur in zehn deutschen Städten wird bislang Unterwasserhockey gespielt. Derzeit kämpfen sieben Klubs um den Meistertitel – auch ein Berliner Verein ist dabei.

Von Gerd Graus

Unterwasserhockey? Wie geht das denn?“ Natascha Keller ist verblüfft. Dabei muss doch gerade sie wissen, wie Hockey funktioniert. Die 46-Jährige kommt aus der Hockey-Familie in Berlin. Schon der Opa gewann Silber bei Olympischen Spielen, der Vater, die Brüder und sie selbst standen auf dem olympischen Siegertreppchen – natürlich auch ganz oben.

Kein Wunder, dass sich da gleich ein Film im Kopf abspielt: der lange Schläger, die Regeln – wie alles soll das unter Wasser funktionieren? Laufen die durchs Wasser, mit einer Sauerstoffflasche auf dem Rücken? Schwer vorstellbar, wenn man selbst Jahrzehnte an Land, auf Rasen oder Hallenparkett, dem Ball hinterherjagte.

Okay, es gibt noch ein anderes Hockey. Auf dem Eis. Und da wird mit einem Puck gespielt. Unter Wasser ist der auch geeigneter als ein Ball. Und der Schläger? Der darf maximal 35 Zentimeter lang sein, gebräuchlich sind Schläger von 30 Zentimetern Länge. Die sehen eher aus wie ein Säbel im Miniaturformat als dass sie einem Hockey-Schläger gleichen. Eigentlich logisch, wenn man sich vergegenwärtigt, wie da unter Wasser gespielt und gekämpft wird.

Laufen unter Wasser mit Schläger? Geht nicht. Also wird geschwommen und getaucht. Klar, dass da ein Schläger benötigt wird, der direkt in der Hand liegt und nicht in der Bewegung behindert. Und klar auch, dass die Spieler und Spielerinnen einen Handschuh benötigen, um ihre Hände zu schützen. Beim Hakeln um den Puck kann es schon mal handgreiflich werden.

Der Puck selbst ist aus Blei, aber mit Kunststoff ummantelt, schließlich soll er ja zumeist auf dem Beckenboden bleiben. Die Spielfläche ist aber ein Schwimmbecken, das bei Wettkämpfen schon zwei Meter Tiefe haben sollte – und auch Fliesen sind empfindlich.

Beim Trainer des Unterwasserhockey-Teams der Sporttaucher Berlin sieht das etwas anders aus. Elf Mann und eine Frau haben sich da an einem Mittwochabend in der Schwimmhalle Schöneberg versammelt. Fließend sind die Bewegungen, wenn sie schwimmen oder tauchen, kraftvoll, elegant.

Unterwasserhockey wird in zehn deutschen Städten angeboten

Wenn sie dann die Trainingseinheiten im Stehen besprechen, reicht ihnen der Wasserspiegel nicht einmal bis zur Hüfte. Sie müssen im Nichtschwimmerbecken trainieren, die große Halle ist den Wasserball-Spielern und -Spielerinnen von Spandau 04 vorbehalten. Trainer Julian Debruyne schwärmt trotzdem: „Wir haben tolle Bedingungen für unseren Sport hier in Berlin. Wir können dreimal in der Woche trainieren – mittwochs hier, donnerstags in einer super Halle am Prenzlauer Berg und sonntags dann nochmals in einer Traglufthalle.“

Der Neuseeländer mit belgisch-deutschen Wurzeln hat seine Sportart in der Schule kennengelernt. „In Neuseeland war das ein Wahlfach“, erzählt er. In Deutschland sieht das anders aus. Gerade mal in zehn Städten wird Unterwasserhockey gespielt. Sieben Klubs kämpfen in diesem Jahr um den deutschen Meistertitel. Und die Berliner sind mit Ehrgeiz dabei. „Bei uns kommen 25 Menschen zusammen, um zu spielen. In der Liga stellen wir aber nur ein Team. Wir wollen ja Meister werden“, erklärt Debruyne. Was aber nicht heißt, dass nicht alle mit großem Einsatz und vor allem Spaß bei der Sache sind.

Absolut durchtrainiert oder eher etwas stämmig, im Wasser sehen die Bewegungen sehr behände aus. Alles wird trainiert. Zu welchem Zeitpunkt abtauchen, wer von den sechs Teammitgliedern im Wasser (Männer und Frauen spielen zusammen in einem Team, nur die Nationalmannschaften treten nach Geschlechtern getrennt an) agiert nach welcher Taktik? Wie gehe ich in einem Spiel, das ohne Zweikampf auskommen soll, dennoch in den Kampf um den Puck? Ob alles regelkonform abläuft, bewerten drei Schiedsrichter, zwei im Wasser und einer am Beckenrand. Sechs Augen sehen mehr – und eben doch nicht alles.

Man kann wirklich schnell anfangen, aber braucht schon ein Jahr, um richtig flicken zu können.

Julian Debruyne, Trainer des Unterwasserhockey-Teams der Sporttaucher Berlin

Worauf es ankommt bei dem Sport, ist schnell erklärt. Das Tor ist eine drei Meter lange, zwölf Zentimeter breite und zwei Zentimeter tiefe Rinne, Schreien hilft nichts, nur Fluchen in die Maske ist möglich, und die Unparteiischen machen mit einer sehr lauten Tröte oder zwei Klangstäben, die unter Wasser aufeinander geschlagen werden, auf sich aufmerksam.

Einzig die Umsetzung dauert ein wenig. „Man kann wirklich schnell anfangen, aber braucht schon ein Jahr, um richtig flicken zu können“, sagt Debruyne. Flicken? So wird es genannt, den Puck zu spielen oder zu schleudern. Denn auch das geht unter Wasser. Wasserwiderstand mal Geschwindigkeit – oder so ähnlich jedenfalls. Bei der „Octopush“-Truppe der Sporttaucher Berlin können sie es gut erklären und vermitteln.

Debruyne sogar so gut, dass es schon eine Anfrage gab, ob er sich vorstellen könne, irgendwann mal Nationaltrainer zu werden. In Deutschland natürlich. Nationalspieler ist er schon, auch wenn er früher für Neuseeland gespielt hat. Da sind die Regeln nicht so streng.

Die, die er im Training vorgibt, sind das schon eher. Aber immer so, dass alle begeistert und mit einem Lächeln dabei sind, wenn das mal zu erkennen ist bei Maske und Schnorchel. Und vielleicht wird sogar Natascha Keller mal zuschauen. „Das hört sich ja spannend an“, meinte sie, als sie bei der Hallenhockey-Europameisterschaft der Frauen im Horst-Korber-Sportzentrum zum ersten Mal davon erfuhr, dass Hockey auch unter Wasser gespielt werden kann.

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