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Die Neonaziszene in Brandenburg ist mit 416 Aktivisten aktiver als im Vorjahr. Erst am Samstag gab es Neonazi-Aufmarsch im Stadtzentrum von Frankfurt (Oder).

© dapd

Verfassungsschutzbericht: Neonazis unterwandern Kampfsport-Szene

Der aktuelle Verfassungsschutzbericht für Brandenburg warnt vor rechten Kickboxern. Der Kampfsport-Run fügt sich in das weitere Erstarken der Neonazi-Szene ein, die mittlerweile 416 Aktivisten umfasst, 30 mehr als im Vorjahr.

Vor einem neuen Trend warnt der aktuelle Verfassungsschutzbericht für Brandenburg, den Innenminister Dietmar Woidke (SPD) am Donnerstag in Potsdam vorstellte: Neonazis unterwandern Kampfsport-Vereine. „Es wird versucht, Kampfsport als Plattform für rechtsextreme Agitation zu nutzen“, sagte Verfassungsschutzchefin Winfriede Schreiber. Es gehe Neonazis darum, „sich selbst zur Waffe zu formen und diese auch einzusetzen.“ In Brandenburg habe sich ein rechtsextremes Kampfsportmilieu herausgebildet. Es gebe Verbindungen zur Türsteherszene und „punktuell“ zum Wachschutzgewerbe.

Der Kampfsport-Run fügt sich in das weitere Erstarken der Neonazi-Szene ein, die mittlerweile 416 Aktivisten umfasst, 30 mehr als im Vorjahr. Die Sicherheitsbehörden beobachten das aus aktuellem Anlass sehr genau. „Wir können nicht ausschließen, dass Militanz in Terror umkippt“, sagte Schreiber. Bislang habe man aber keine Erkenntnisse, dass es für die Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) im Land ein Unterstützernetzwerk gegeben habe.

Dem Zulauf der Neonazi-Szene steht der anhaltende Niedergang der NPD gegenüber. Die einzige rechtsextreme Partei Brandenburgs sei auf 350 Mitglieder geschrumpft, doch sei die „Nazifizierung der NPD unverkennbar“, sagte Woidke. Von „inneren Verschiebungen“ abgesehen ist das rechtsextreme Potenzial in Brandenburg laut Verfassungsschutz mit 1150 Personen „nahezu unverändert“ .

Dass Neonazis nach „Hassmusik“, Fußball, Internet-Netzwerken und Aktionsformen wie Fackelzügen nun die eigentlich wenig politisierte Kampfsportszene entdecken, ist kein Zufall. Sie hat sich auch hier erst in den letzten Jahren stärker entwickelt. Kickbox-Schaukämpfe, sogenannte Fight-Nights, besuchen bis zu tausend Gäste. Für Neonazis sei Kampfsport wegen der „hohen Affinität zum Körperkult“ in der rechten Szene attraktiv und man lehne sich an die Ästhetik des Nationalsozialismus an, sagt der Verfassungsschutz.

Als Beispiel nennt der Bericht den „semiprofessionellen“ Cottbuser Kickboxer Markus Walzuck. Der vom Verfassungsschutz als Hooligan und Rechtsextremist eingestufte Mann läuft bei Turnieren mit Musik der rechtsextremistischen Band „Blitzkrieg“ als „nationalrevolutionärer Krieger“ auf. „Nationale Kampfsporttage“ werden regelmäßig und konspirativ vom Neonazi-Netzwerk „Widerstand Südbrandenburg“ in der Lausitz, einem Schwerpunkt von Szene-Aktivitäten im Land, organisiert.

Trotz der rechtsextremen Gefahr hält Woidke am Personalabbau beim Verfassungsschutz fest, der von 107 Mitarbeitern bis 2014 auf 90 verkleinert werden soll. Keine Abstriche soll es am Präventionsprogramm „Verfassungsschutz durch Aufklärung“ geben, bei dem die Geheimdienstler mit Vorträgen durchs Land touren. Dass dies vom Koalitionspartner Linkspartei als angebliche Konkurrenz zur Landeszentrale für politische Bildung infrage gestellt wird, ist Woidke unverständlich: „Die Praxis spricht eine andere Sprache“.

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