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Aufräumarbeiten in der Ukraine.

© AFP/Sergey Bobok

Ukraine-Invasion Tag 603: In der Ukraine gibt es erste Anzeichen einer beginnenden wirtschaftlichen Erholung

Erneuter ukrainischer Vorstoß über den Dnipro, Außenminister Kuleba rechnet mit weiteren Lieferungen der ATACMS-Raketen und Sergej Lawrow zu Besuch in Pjöngjang. Der Abendüberblick.

Wegen des russischen Angriffskriegs war die Wirtschaft der Ukraine stark geschrumpft – um ein Drittel im vergangenen Jahr. Eine logische Folge angesichts zerstörter Unternehmen und Infrastrukturen sowie einer Bevölkerung, die mitunter ums nackte Überleben kämpft. Doch Experten sehen inzwischen Hoffnungsschimmer für die ukrainische Wirtschaft, wie die „New York Times“ nun berichtet (Quelle hier).

So sieht die aktuelle Prognose der Weltbank demnach ein Wachstum von 3,5 Prozent für dieses Jahr voraus, der private Konsum könnte sogar um fünf Prozent wachsen (letzterer sank im vergangenen Jahr um ein Viertel). Der Internationale Währungsfonds wiederum sagt ein Wachstum von zwei Prozent in diesem Jahr vorher – zuvor war man noch von einem Minus ausgegangen.

Nun kommt die Ukraine wegen des Kriegs von einem sehr niedrigen Niveau, und die Unberechenbarkeit angesichts der Kämpfe macht die Prognosen sehr volatil. Aber dennoch hat so mancher Geschäftsmann oder so manche Geschäftsfrau in der Ukraine wieder mehr Hoffnung. So sagte Andriy Cherukha, Inhaber eines Kleidungsgeschäfts, der Zeitung, dass die Menschen auch wieder Dinge kauften, die nicht als lebensnotwendig angesehen würden, um ein Gefühl der Normalität aufrechtzuerhalten.

Ähnlich sieht das Olga Kustenko, Mitinhaberin einer Espresso-Bar in Kiew. Sie sagt, die Menschen bräuchten Routinen, um den Krieg zu bewältigen, und suchten vertraute Orte wie eben das Café auf. „Die ukrainische Wirtschaft passt sich an den Krieg an“, sagte auch Olga Bilan, Chefsvolkswirtin in Kiew, der Zeitung. Die Menschen seien von einem „Sparmodus“ in eine Phase übergegangen, in der sie wieder anfangen, Geld auszugeben. 

In Kriegszeiten ist es aber durchaus auch möglich, dass die Wirtschaft eines Landes wächst, weil sie durch die massive Militärproduktion aufgebläht wird – wie zum Beispiel auch in Russland. Durch eine solche Konzentration auf diese Produktion könnte der Rest der Wirtschaft zum Erliegen kommen und bei einem Kriegsende damit das gesamte Wirtschaftsleben erst einmal zum Erliegen kommt. Wie die „New York Times“ weiter schreibt, glauben Experten aber, dass das bei der Ukraine nicht der Fall sein dürfte.

Die wichtigsten Nachrichten des Tages:

  • Die ukrainische Armee hat erneut einen Vorstoß am russisch besetzten Ufer des Dnipro in der Südukraine unternommen. Der ukrainische Generalstab informierte über russischen Beschuss des Dorfes Pischtschaniwka im besetzten Teil des Gebietes Cherson. Mehr dazu hier.
  • Kremlchef Wladimir Putin hat dem Internationalen Olympischen Komitee eine „ethnische Diskriminierung“ russischer Sportler vorgeworfen. Er kritisierte bei dem internationalen Forum „Russland – eine Sportgroßmacht“ die Nichtzulassung von Athletinnen und Athleten zu internationalen Wettbewerben. Mehr hier.
  • In der russischen Stadt Kasan ist eine US-russische Journalistin festgenommen worden. Alsu Kurmasheva werde zur Last gelegt, sich nicht „als ausländische Agentin“ gemeldet zu haben, erklärte ihr Arbeitgeber Radio Free Europe/Radio Liberty. Mehr dazu erfahren Sie hier.
  • Die nach den Angriffen vom Juli 2023 verursachten Schäden an der Krim-Brücke konnten offenbar behoben werden, behauptete der stellvertretende russische Ministerpräsident Marat Chusnullin. Allerdings sei die Verbindung zur Krim nur eingeschränkt nutzbar, schreibt der britische Geheimdienst. Mehr im Newsblog.
  • Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba rechnet mit weiteren Lieferungen der ATACMS-Raketen aus den USA. In einem von ukrainischen Medien verbreiteten Interview leitete er dies „zwischen den Zeilen“ aus einer Vereinbarung zwischen US-Präsident Joe Biden und seinem Staatschef Wolodymyr Selenskyj ab. 
  • Nach Forderungen des Westens, sich an Sanktionen gegen Russland zu halten, hat die zentralasiatische Republik Kasachstan den Verkauf von 106 Gütern an das Nachbarland untersagt. Es gehe um Drohnen, deren Bestandteile, Spezialelektronik, Mikrochips und ähnliche Produkte, die einen Bezug zum Krieg hätten. 
  • Die Ukraine will pro-russische Kirchengemeinden verbieten. Das Parlament in Kiew nahm laut der Nachrichtenagentur Ukrinform in erster Lesung einen Gesetzentwurf an, der die Tätigkeit von religiösen Organisationen untersagt, die mit dem orthodoxen Moskauer Patriarchat verbunden sind. 
  • Russlands Außenminister Sergej Lawrow hat bei seinem Besuch in Pjöngjang die strategische Partnerschaft Moskaus mit Nordkorea bekräftigt: Die Beziehungen der Länder hätten mit dem Treffen von Machthaber Kim Jong Un und Kremlchef Wladimir Putin im September ein qualitativ neues Niveau erreicht.
  • Oppositionsführer Friedrich Merz fordert von der Europäischen Union ein neues und deutliches Bekenntnis zur Unterstützung der Ukraine. Erforderlich sei ein „sehr klares und unmissverständliches Signal“, dass der Westen nicht müde werde, die Ukraine zu unterstützen, sagt Merz im Bundestag.
  • Bundeskanzler Olaf Scholz hat der Ukraine weitere Waffenlieferungen und finanzielle Unterstützung zugesagt. „Mehr als empört“ sei er, dass Russlands Präsident Wladimir Putin vor zivilen Opfern im Nahost-Konflikt gewarnt habe. „Zynischer als das geht es nun wirklich nicht“, sagte er im Bundestag. 
  • In der Südukraine sind am Mittwochabend mindestens zwei Menschen durch russischen Beschuss getötet und vier weitere verletzt worden. Bei einem russischen Raketenangriff auf ein Lebensmittellager kamen in der Region Mykolajiw nach Angaben des Innenministeriums zwei Zivilisten um Leben, eine Person wurde verletzt. In der angrenzenden Region Cherson wurden drei weitere Menschen verletzt. 

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