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Die Schuldenuhr der Lobbyorganisation „Bund der Steuerzahler“

© Imago/dts Nachrichtenagentur

77,4 Milliarden Euro mehr: Deutschlands Schuldenberg ist um gut drei Prozent gewachsen

Die öffentliche Verschuldung ist auch im vergangenen Jahr gestiegen. Führende Ökonomen empfehlen dennoch, die Schuldenbremse weniger streng zu handhaben.

Die Schulden der öffentlichen Hand in Deutschland sind im vergangenen Jahr gestiegen. Der Öffentliche Gesamthaushalt von Bund, Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände sowie Sozialversicherung samt aller Extrahaushalte war Ende 2023 mit 2,45 Billionen Euro verschuldet, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte.

Damit kletterte die öffentliche Verschuldung binnen Jahresfrist um 3,3 Prozent oder 77,4 Milliarden Euro. Zum dritten Quartal 2023 gab es einen Rückgang um 0,3 Prozent. Gläubiger war der nicht-öffentliche Bereich – Kreditinstitute sowie der sogenannte sonstige inländische und ausländische Bereich wie private Firmen im In- und Ausland.

Die Schulden des Bundes stiegen bis Ende 2023 um 4,7 Prozent oder 76 Milliarden Euro. Grund sei vor allem der Anstieg der Verschuldung des Wirtschaftsstabilisierungsfonds Energie um 41,5 Milliarden Euro oder gut 137 Prozent auf 71,7 Milliarden Euro. „Dieses Sondervermögen wurde zur Finanzierung von Maßnahmen zur Abfederung der Energiekrise im Zusammenhang mit dem russischen Angriff auf die Ukraine im November 2022 gegründet und zum Jahresende 2023 aufgelöst“, erklärte das Statistikamt.

Die Verschuldung des Sondervermögens Wirtschaftsstabilisierungsfonds Corona sank hingegen um fast 30 Prozent auf 36,9 Milliarden Euro. Das Mitte 2022 errichtete Sondervermögen Bundeswehr verzeichnete eine Verschuldung von 5,8 Milliarden Euro, Ende 2022 hatte es noch keine Schulden aufgenommen.

Die Länder standen Ende 2023 mit 595,4 Milliarden Euro in der Kreide, das waren 1,9 Prozent weniger als Ende 2022. Die stärksten prozentualen Schuldenrückgänge gab es für Mecklenburg-Vorpommern (-13,1 Prozent), Bayern (-8,7 Prozent) und Niedersachsen (-6,2 Prozent). Am kräftigsten stiegen die Schulden relativ gesehen in Brandenburg (+6,0 Prozent), Sachsen (+4,1 Prozent) und Hessen (+2,7 Prozent).

Institute für „behutsame Reform“ der Schuldenbremse

Bei den Gemeinden und Gemeindeverbänden stieg die Verschuldung um gut neun Prozent auf 153,6 Milliarden Euro. Bei der Sozialversicherung gab es einen Zuwachs um 3,2 Prozent auf 22,3 Millionen Euro.

Die führenden Wirtschaftsinstitute in Deutschland empfehlen derweil eine „behutsame Reform“ der Schuldenbremse. Es erscheine sinnvoll, sich bei der Rückkehr zur Einhaltung der Schuldenbremse nach einer Notlage mehr Zeit zu lassen, sagte Stefan Kooths vom Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW Kiel) am Mittwoch.

Ein „allmähliches Wiederscharfstellen“ der Schuldenbremse würde den „ökonomischen Nachwehen“ der Probleme, die zur Aussetzung der Regeln geführt hatten, Rechnung tragen, sagte Kooths weiter. Eine solche Lockerung würde auch die „Vorhersehbarkeit der Finanzpolitik“ stabilisieren. Im Frühjahrsgutachten der fünf führenden Wirtschaftsinstitute des Landes wird ein Zeitraum von bis zu drei Jahren genannt, innerhalb derer die strengen Schuldenregeln noch nicht wieder eingehalten werden müssten.

Eine Reform der Schuldenbremse sei jedoch „kein Allheilmittel zur Lösung der Probleme“, betonte Oliver Holtemöller vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH). Ihre Grundaufgabe – die Stabilisierung der Staatsfinanzen – erledige die Schuldenbremse bereits, auch wenn kleinere Veränderungen sinnvoll sein könnten. Starke Hinweise dafür, dass die strengen Schuldenregeln tatsächlich die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands bremsen, gebe es hingegen nicht. (Reuters/AFP)

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