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Irland zieht wegen niedriger Steuern immer mehr Firmen an.

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Bruttoinlandsprodukt von Irland: Irlands wundersames Wirtschaftswachstum

Statistiker haben das Wirtschaftswachstum Irlands im Jahr 2015 auf sagenhafte 26,3 Prozent nach oben korrigiert. Ökonomen sind verwundert.

„Sie glauben gar nicht, was hier los war“, sagt Andy McManus, Sprecher von Irlands nationaler Statistikbehörde CSO in Dublin am Mittwoch am Telefon. Es gab Anrufe aus Afrika, aus Amerika natürlich auch. Sein Büro hatte Tags zuvor mitgeteilt, dass man das Bruttoinlandsprodukt (BIP) neu berechnet habe. Demnach sei Irlands Wirtschaft im Gesamtjahr 2015 im Vergleich zum Vorjahr nicht etwa um beeindruckend starke 7,8 Prozent gewachsen. Die Zahl war ja schon Europarekord, Deutschland hatte 1,7 Prozent gemeldet. Nein: 2015 wuchs der Keltische Tiger um 26,3 Prozent! Das wäre Weltrekord. Wäre.

Der US-Ökonom Krugman spottet auf Twitter

„Leprechaun economics“, spottete US-Ökonom Paul Krugman auf Twitter mit Verweis auf die irische Kobold-Figur, die der Überlieferung nach am Ende jedes Regenbogens sitzt und den dort versteckten Topf voller Gold bewacht. 26 Prozent? „Das ergibt keinen Sinn“, twitterte Krugman weiter. Irlands Finanzministerium verbreitete die Zahl der Statistiker weiter. Dazu ein Zitat des Ministers Michael Noonan, der sich bei einem Treffen in Brüssel Schulterklopfen von EU-Amtskollegen abgeholt haben dürfte – für Dublins tolle Rechenkünste. „Ich glaube, die vom Statistikamt veröffentlichten Zahlen zeigen, dass Irlands Wirtschaft weiter wächst." Noonan glaubt, weiß es aber offenbar nicht. Eine Handlungsempfehlung konnte der Minister trotzdem ableiten: „Wir müssen nicht mehr so gewaltige Kürzungen bei öffentlichen Dienstleistungen verhängen.“ Die amtlichen Statistiker hielten auch am Mittwoch an ihren Zahlen fest. Zu erklären seien sie unter anderem mit „einer Zunahme der nach Irland importierten Flugzeuge“ sowie aus „einer enormen Zunahme des Firmenkapitals“.

Immer mehr ausländische Firmen verlagern ihren Sitz auf die Insel

Die 26,3 Prozent – wirklich keine Luftnummer? Immer mehr ausländische Firmen verlagern wegen der niedrigen Unternehmenssteuer von 12,5 Prozent ihren Sitz nach Irland. Ihr Kapital fließt somit in die Berechnung des BIP ein. Mit der Realwirtschaft hat das freilich wenig zu tun, wie die „Financial Times“ in einem Bericht ätzte. Dublins Statistiker räumen ein, dass sich die Beschäftigungssituation wegen dieser Zahl „nicht groß verändert“ hat. Und wie ein Beleg für ihre geistige Gesundheit präsentierten sie für das erste Quartal 2016 eine irdische Zahl: Zum Vorquartal sei Irlands Wirtschaft um 2,1 Prozent geschrumpft. In der irischen Presse sorgten die phantastischen Zahlen für Kopfschütteln: „Sie haben Irlands internationalen Ruf beschädigt, da Investoren und Analysten zu Recht zu dem Schluss kommen, dass dieses Wachstum von 26 Prozent eine Fiktion ist“, schrieb der Kommentator der „Irish Times“.

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