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Kohle für die Kohle. Vattenfall will bis 2015 einen der Blocks des Kraftwerks Jänschwalde auf CCS umrüsten.

© ddp

CO2-Endlagerung: Vattenfall lockt Gemeinden mit Geld

CO2-freie Kohlekraftwerke gibt es nicht - man kann das Klimagas jedoch isolieren und speichern. Doch gegen solche Lagerstätten formiert sich Widerstand. Vattenfall setzt deshalb auf die Finanznot vieler Kommunen.

Der Energiekonzern Vattenfall stellt Brandenburger Gemeinden, die sich bereit erklären, Kohlendioxid (CO2) unterirdisch einzulagern, erstmals Geld in Aussicht. Rainer Knauber, Vattenfalls Generalbevollmächtigter für Berlin und Ostdeutschland, verwies in einem Gespräch mit dem Tagesspiegel auf Überlegungen in der Politik, betroffene Gemeinden an der Wertschöpfung der Kohlendioxidspeicherung zu beteiligen. „Diese Idee finden wir nachvollziehbar und sind für Gespräche offen. Da haben wir gelernt“, sagte er. Bisher hatte sich Vattenfall bei entsprechenden Forderungen von Politikern eher bedeckt gehalten.

Der Vattenfall-Konzern erprobt derzeit die sogenannte CCS-Technik, bei der das CO2 abgeschieden wird, damit es nicht in die Atmosphäre gelangt. Kohlendioxid fällt bei der Verbrennung fossiler Rohstoffe wie Kohle oder Gas zur Stromerzeugung an.

Die meisten im Brandenburger Landtag vertretenen Parteien sprechen sich mehrheitlich für eine Erforschung der CCS-Technologie aus und begrüßen Vattenfalls Pläne grundsätzlich. CCS gilt als Schlüsseltechnologie auf dem Weg, die Erzeugung von Strom aus Kohle klimafreundlich zu gestalten. Das wiederum gilt als Voraussetzung dafür, dass der Tagebau und die Arbeitsplätze in der Region langfristig eine Zukunft haben. Weltweit gibt es nur eine Handvoll größerer CCS-Projekte. Meist handelt es sich dabei um Gasförderanlagen, die das CO2 aus dem Gas waschen, um es dann an gleicher Stelle wieder in das Gasfeld zu pumpen. Der norwegische Staatskonzern Statoil etwa betreibt schon seit 1996 eine derartige Anlage in der Nordsee auf einer Gasförderinsel. CO2 von der Kohle abzuscheiden ist aber ungleich komplizierter.

Vattenfall ist zumindest unter den in Deutschland tätigen Stromkonzernen Vorreiter und betreibt im Industriepark Schwarze Pumpe in Spremberg die nach eigenen Angaben „weltweit erste Pilotanlage für ein CO2-emissionsarmes Kohlekraftwerk“. Dort werden mehr als 90 Prozent des bei der Kohleverbrennung entstehenden Kohlendioxids abgeschieden. In dieser kleinen Anlage mit 30 Megawatt Leistung sammelt der Konzern Erfahrungen. Zugleich plant er im nahe gelegenen Jänschwalde bei Cottbus die Umrüstung eines 500-Megawatt-Blocks zum CCS-Demonstrationskraftwerk, welches ab 2015 unter Volllast arbeiten soll. Die EU-Kommission hält dieses Vorhaben für so vielversprechend, dass sie Vattenfall dafür bis zu 180 Millionen Euro Fördermittel bereitstellt.

Doch was hilft es, das klimaschädliche, aber für Mensch und Tier ungiftige Gas abscheiden zu können, wenn man nicht weiß, wohin damit? Das Landesbergbauamt hatte dem Konzern im März zwar die Lizenz erteilt, im Raum Neutrebbin (Landkreis Märkisch-Oderland) testweise Salzwasser in 1200 Meter Tiefe zu pumpen, bereits im Oktober hatte es auch Versuche bei Beeskow (Oder-Spree) genehmigt. Doch auch dort formierte sich Widerstand. „Die Menschen hier fürchten um die Sicherheit ihrer Grundstücke, das Trinkwasser und das Image der Region, wenn CO2 hier eingelagert wird“, sagt Beeskows Bürgermeister Frank Steffen (SPD).

Rainer Knauber von Vattenfall kennt diese Argumente. „Jetzt müssen wir um Akzeptanz werben, alle Fragen beantworten und Ängste ausräumen“, sagt er. Wie genau kann Geld dabei helfen? „Aus unserer Sicht muss sichergestellt sein, dass eine solche Mechanik marktnah ist, also etwa in Verbindung mit einem CO2-Zertifikatpreis steht und auch wirklich bei den Kommunen ankommt, in denen Speicher entstehen“, erklärt Knauber das Prinzip.

Es gibt Rechnungen, wonach Vattenfall den Gemeinden ab 2015 rund 2,5 Millionen Euro jährlich zahlen müsste, um das Gas aus Jänschwalde einzulagern, ginge man von einem Euro je Tonne CO2 aus. Voraussetzung dafür wäre, dass der Bund mit einem CCS-Gesetz die rechtlichen Grundlagen schafft. Ein erster Anlauf dazu scheiterte vergangenen Sommer am Widerstand einiger Länder wie Schleswig-Holstein. Minister der brandenburgischen Landesregierung reagierten damals empört. Die Regierung will nach Auskunft eines Sprechers aber vorerst keine neue Gesetzesinitiative starten.

„Gut so“, sagt Frank Steffen aus Beeskow: „Wir wollen Vattenfalls Geld nicht, wir lehnen CCS ganz grundsätzlich ab.“

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