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Reisende steigen am Bremer Hauptbahnhof in einen Zug.

© dpa/Sina Schuldt

Gescheiterte Tarifverhandlungen: Neuer Bahn-Streik steht bevor – die wichtigsten Fragen und Antworten

Der Tarifkonflikt zwischen Bahn und GDL eskaliert weiter. Bereits kommende Woche könnte es neue Streiks geben.

Die Verhandlungen laufen erst seit Anfang November. Doch der Tarifstreit ist bereits jetzt festgefahren und die Ereignisse um den Tarifkonflikt zwischen Bahn und der Lokomotivführergewerkschaft GDL eskalierte schon mehrfach.

Vergangene Woche Freitag leitete die GDL eine Urabstimmung ihrer Mitglieder ein. Bei mehr als 75 Prozent Zustimmung könnte es längere und häufigere Streiks geben. Einen Vorgeschmack darauf erhielten Fahrgäste bereits tags zuvor. Kurzfristig rief die GDL zu einem bundesweiten Warnstreik ab Mittwochabend aus, der bis in den späten Donnerstagabend für massive Störungen im Bahnverkehr sorgte.

Eine Woche später verabredeten sich Bahn und GDL zur zweiten Verhandlungsrunde. „Wir wollen verhandeln, wir wollen Ergebnisse erzielen, wir wollen keine weitere Eskalation“, sagte Personalvorstand Martin Seiler vor den neuen Gesprächen am Donnerstag.

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Doch bereits am Freitagmittag erklärte GDL-Chef Claus Weselsky die Verhandlung für gescheitert. Wie konnte es dazu kommen? Sind die Forderungen der GDL überzogen? Wann wird als nächstes gestreikt?


Warum scheitern die Verhandlungen bereits jetzt?

Von Seiten der Bahn sei „keinerlei Verhandlungswille erkennbar“, sagte Claus Weselsky am Freitag. Mit Blick auf die Verhandlungen warf Weselsky den Arbeitgebern eine Hinhaltetaktik vor. Daher seien weitere Verhandlungen „ohne Sinn und Zweck“.

„Die Lokführergewerkschaft will mit dem Kopf durch die Wand. Das geht bekanntlich nicht gut“, sagte Seiler zum Ablauf der Verhandlungen. „Wer nach dem zweiten Termin bereits das Scheitern erklärt und vor dem zweiten Termin bereits die Urabstimmung einleitet – da sieht man schon sehr deutlich, wie viel Raum denn für Lösungen gegeben wird. Eigentlich so gut wie gar nichts.“


Was fordert die GDL?

Die Gewerkschaft will unter anderem 555 Euro mehr im Monat sowie eine Inflationsausgleichsprämie von 3000 Euro. Knackpunkt der Verhandlungen ist die Forderung nach einer Absenkung der Arbeitszeit von 38 auf 35 Wochenstunden für Schichtarbeiter bei vollem Lohn. Aus Sicht von GDL-Chef Weselsky kann nur so die Attraktivität dieser Berufe verbessert werden.


Was bietet die Bahn?

Insgesamt orientiert sich das Angebot der Bahn am Abschluss im öffentlichen Dienst. Konkret legte die DB eine elfprozentige Entgelterhöhung für eine Laufzeit von 32 Monaten auf den Verhandlungstisch. Dazu bietet auch die Bahn eine Inflationsprämie an.

Auf dieser Grundlage wollte man laut Seiler am Donnerstag und Freitag verhandeln. Die GDL hatte diese Forderungen allerdings bereits vorab als völlig unzureichend abgelehnt. Weselsky kritisierte, die Lohnerhöhung von elf Prozent über 32 Monate, reduziere sich auf das Jahr gesehen auf unter vier Prozent.


Sind die Forderungen der GDL überzogen? 

Insgesamt hat die GDL 35 Forderungen aufgestellt, die die Personalkosten der Bahn nach deren Aussage um 50 Prozent steigern würden. Knackpunkt der Verhandlung ist allerdings die von der GDL geforderte Verkürzung der Arbeitszeit. Diese lehnt die Bahn als unerfüllbar ab.

Personalvorstand Seiler sieht hier weiterhin keinen Verhandlungsspielraum. Bei der Bahn gebe es bereits Personalmangel. Dieser würde sich bei Durchsetzung dieser Forderungen noch weiter verschärfen. GDL-Chef Weselsky sieht in der Unattraktivität des Schichtsystems einen der Hauptgründe, weshalb die Bahn nicht mehr für junge Berufsanfänger attraktiv ist, sagte Weselsky im Interview mit dem Handelsblatt.

Die GDL will mit ihren Forderungen allerdings vor allem auch die Verhandlungserfolge der weitaus größeren Bahngewerkschaft EVG übertrumpfen. Diese hatte Ende August eine Entgelterhöhung von 410 Euro sowie eine steuerfreie Inflationsprämie von 2850 Euro für alle Beschäftigten erkämpft. Für einzelne Berufsgruppen fiel die Lohnerhöhung noch deutlicher aus. An dieses Angebot will die GDL mindestens anknüpfen.


Wie viel verdienen Lokführerinnen und Lokführer aktuell?

Wie viel Bahnbeschäftigte verdienen, hängt von ihrer Ausbildung, ihrer Arbeitserfahrung und ihrer Verantwortung ab. Dem aktuell gültigen Bundesrahmentarifvertrag zufolge erhalten Lokführerinnen und Lokführer zwischen 2700 und 3800 Euro brutto im Monat.

Beschäftigte verdienen damit leicht unterdurchschnittlich. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes liegt das Durchschnittseinkommen in Deutschland bei 4105 Euro brutto (Stand April 2022).

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Wann will die GDL streiken?

Die Streiks würden ausgeweitet, teilte GDL-Chef Claus Weselsky am Freitag mit. Einen genauen Zeitpunkt nannte er nicht. Aus der Bahnbranche heißt es, bereits kommende Woche könne es zu neuen Streiks kommen. Das Ergebnis der Urabstimmung soll kurz vor Weihnachten vorliegen, zum großen Streik könnte es dann im Januar kommen. Bis dahin drohen weitere Warnstreiks.

Bahn-Personalvorstand Martin Seiler sagte am Freitag in Berlin, die GDL habe einen dreiwöchigen Weihnachtsfrieden, also eine Zeit ohne Arbeitskampf bei der Bahn, abgelehnt. „Wir haben der GDL ganz konkret vorgeschlagen, dass wir zwischen dem 15. Dezember und dem 7. Januar einen Weihnachtsfrieden einlegen“, sagte Seiler.

Die Lokführergewerkschaft mit ihrem Chef Claus Weselsky sei dazu aber nicht bereit gewesen. Streiks an den Weihnachtstagen hatte der GDL-Chef zuvor allerdings bereits ausgeschlossen.


Bei der GDL ist nur ein kleiner Teil der Bahn-Beschäftigten organisiert. Warum ist sie trotzdem so mächtig?

Die Lokführergewerkschaft GDL vertritt nur etwa 10.000 der insgesamt rund 220.000 Beschäftigten der Deutschen Bahn (DB) – vor allem das Zugpersonal und die Beschäftigten der Fahrzeuginstandhaltung. Weil die GDL durch Streiks den Bahnverkehr massiv einschränken kann, ist ihre Verhandlungsposition in Tarifstreiks trotzdem hoch.


Wie könnte es jetzt weitergehen?

Weselsky ließ am Freitag offen, wie die Tarifgespräche weitergeführt werden sollen. Ein Ausweg aus dem kurzen, aber bereits mehrfach eskalierten Tarifkonflikt könnte eine Schlichtung sein.

Die Bahn hatte Verhandlungen mit Vermittlern bereits vor Beginn der ersten Verhandlungsrunde vorgeschlagen. Weselsky lehnte den Vorschlag aber bereits damals mit klaren Worten ab. Am Freitag sagte er, dass er auch jetzt für eine Schlichtung „keinen Raum“ sehe. (mit Agenturen)

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