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Brüssel wartet. Die griechische Regierung hat noch keine abschließende Reformliste vorgelegt.

© Michael Kappeler/dpa

Update

Athen überweist fälligen Kredit: In Brüssel spricht man von "Baby-Schritten" der Regierung Tsipras'

Athen vermeidet vorerst den Staatsbankrott: Am Donnerstag hat die griechische Regierung einen IWF-Kredit zurückgezahlt. Doch bei den geforderten Reformen tut sich aus Sicht der Geldgeber zu wenig.

Kurzes Durchatmen in Griechenland: Am Donnerstag hat Athen nach Regierungsangaben einen Kredit von rund 450 Millionen Euro an den Internationalen Währungsfonds (IWF) zurückgezahlt. Kreise des Finanzministeriums bestätigten am Vormittag gegenüber der halbamtlichen griechischen Nachrichtenagentur ANA-MPA, das Geld sei an den IWF überwiesen worden. Wäre dies nicht erfolgt, wäre das Euro-Krisenland als bankrott eingestuft worden.

Offen ist, wie lange das Geld in Athen noch reicht. Ohne rasche Hilfen droht schon bald die Staatspleite. Die Geldgeber von Europäischer Zentralbank (EZB), EU-Kommission und IWF verlangen eine umfassende Reformliste. Erst wenn es mit Griechenland eine Einigung auf eine solche Liste gibt, können blockierte und von Athen dringend benötigte Hilfen von 7,2 Milliarden Euro fließen.

Am 24. April wird mit der Eurogruppe verhandelt

Staatsminister Alekos Flambouraris erklärte am Donnerstag im griechischen Fernsehen, seine Regierung wolle die Verhandlungen mit Experten der Geldgeber bis zum 24. April abschließen. „Bei der Sitzung der Eurogruppe am 24. April wird es 100 Prozent eine Einigung geben“, sagte der enge Mitarbeiter des griechischen Regierungschefs Alexis Tsipras. An dem Tag kommen die Euro-Finanzminister zu einem schon länger geplanten Treffen im lettischen Riga zusammen.
Die konservative Athener Zeitung „Kathimerini“ berichtete am Donnerstag von einem Ultimatum der Geldgeber an Athen, die konkrete Reformliste müsse vor dem 24. April fertig sein. Der griechische Vertreter in der Arbeitsgruppe der Eurogruppe (Eurogroup Working Group), Nikos Theocharakis, habe seinen Kollegen am Mittwoch gesagt, Athen habe noch Geld bis zum 24. April. Diese hätten ihm geantwortet, das Land solle endlich Reformvorhaben konkretisieren. Nur dann würden sie den Euro-Finanzministern empfehlen, die Auszahlung weiterer Hilfen an Athen zu genehmigen. Andere Regierungsvertreter erklärten dagegen am Donnerstag in Athen, Griechenland habe genug Geld bis Mai.
Die Finanz-Staatssekretäre der Eurogruppe wollten am Donnerstag in Brüssel über die griechischen Reformpläne beraten. Zu den Reformen gehören der verstärkte Kampf gegen die Steuerflucht in Griechenland sowie Privatisierungen von Häfen und Flughäfen.

Die Regierung von Ministerpräsident Alexis Tsipras habe bisher nur "Baby-Schritte" getan, verlautete am Donnerstag aus Verhandlungskreisen in Brüssel. Tsipras sagte gleichwohl vor Studenten in Moskau: "Ich bin zuversichtlich, dass trotz der Schwierigkeiten alle Seiten zu einem ehrenwerten Kompromiss kommen." Aus dem Finanzministerium in Athen verlautete, im April könnten alle Rechnungen bezahlt werden, im Mai könnte es aber kritisch werden.

Tsipras berät in Moskau offenbar doch über Möglichkeiten, Embargo zu umgehen

Tsipras hatte nach seinem Treffen mit Russlands Präsident Wladimir Putin am Mittwoch betont, dass er entgegen Befürchtungen von EU-Vertretern keinen Beistand von Moskau erbeten habe. Am Donnerstag wiederholte er, die Schuldenkrise sei "ein europäisches Problem", für das er eine "europäische Lösung" suche. Sein Ziel bleibe "der Verbleib im Euro".

Putin hatte am Mittwoch gesagt, Griechenland werde nicht grundsätzlich von einem Obst- und Gemüse-Embargo ausgenommen, das Russland als Reaktion auf die EU-Sanktionen wegen der Ukraine-Krise gegen alle EU-Mitgliedstaaten verhängt hat. Am Donnerstag wollen Tsipras und Russlands Regierungschef Dmitri Medwedew aber offenbar über Möglichkeiten beraten, das Embargo zu umgehen. Beide Länder könnten gemeinsame Unternehmen gründen, die Obst und Gemüse aus Griechenland nach Russland einführen, verlautete am Vorabend aus Regierungskreisen in Athen. Wegen der russischen Beteiligung an solchen Unternehmen würden ihre Einfuhren dann nicht als EU-Exporte betrachtet.

Das Embargo hat Griechenlands Wirtschaft besonders hart getroffen, bei 40 Prozent der griechischen Exporte nach Russland handelt es sich um Landwirtschaftsprodukte. Tsipras und Putin hatten am Mittwoch auch über mögliche russische Investitionen in die Verlängerung einer Gas-Pipeline von der türkischen Grenze nach Griechenland beraten, um aus dem Land einen Umschlagplatz für russisches Gas zu machen. Russland könne "Griechenland die zu erwartenden künftigen Einnahmen dieses Projekts vorstrecken und sie ab 2019 zurückerhalten, wenn die Gasleitung zu funktionieren beginnt", verlautete dazu aus Athen. Putin selbst hatte sich dazu nur vage geäußert.

Tsipras' zweitägiger Antrittsbesuch in Moskau hatte bei den EU-Partnern für Unmut gesorgt. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) hatte Tsipras gewarnt, für die Aussicht auf russischen Finanzbeistand die geschlossene Haltung der EU gegenüber Russland spalten zu wollen. Schulz zeigte sich nach der Pressekonferenz von Putin und Tsipras aber "beruhigt". Im Gegensatz zu Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Staatschef François Hollande plante der griechische Regierungschef bislang auch, zum 70. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges am 9. Mai nach Moskau zu reisen. Merkel und Hollande haben ihre Teilnahme mit Blick auf Russlands Rolle in der Ukraine-Krise abgesagt. Griechische Medien berichteten am Donnerstag, nun wolle auch Tsipras nicht mehr nach Moskau reisen, er werde von Präsident Prokopis Pavlopoulos ersetzt. dpa/AFP

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