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Die Wirtschaft stagniert. Vor allem im Bausektor verschärft sich die Krise.

© ILLYSCHKA/pressmaster/AdobeStock

Keine Rezession mehr: Deutsche Wirtschaft stagniert im Frühjahr

Das Bruttoinlandsprodukt bleibt im zweiten Quartal auf dem Niveau des Vorquartals. Der Außenhandel stockt, immerhin sinkt der private Konsum nicht mehr. Firmen beurteilen ihre Geschäftslage trotzdem schlechter.

Die deutsche Wirtschaft hat sich im Frühjahr etwas stabilisiert. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stagnierte von April bis Juni auf dem Niveau des Vorquartals, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte und damit seine erste Schätzung bestätigte. Deutschland lässt damit die Rezession nur knapp hinter sich. Vom Außenhandel gingen weiter keine Wachstumsimpulse aus. Im Bausektor ging die Auftragslage im ersten Halbjahr deutlich zurück. Insgesamt hat sich die Geschäftslage der Unternehmen laut Ifo-Geschäftsklimaindex im August weiter eingetrübt. 

„Nach den leichten Rückgängen in den beiden Vorquartalen hat sich die deutsche Wirtschaft im Frühjahr stabilisiert“, sagt die Präsidentin des Statistischen Bundesamtes, Ruth Brand. Im vergangenen Winter rutschte Deutschland in eine technische Rezession, da das BIP zwei Quartale hintereinander geschrumpft war.

Die privaten Konsumausgaben schrumpften nun nicht mehr, die staatlichen stiegen im Vergleich zum Vorquartal leicht um 0,1 Prozent. Im Außenhandel gingen die Exporte um 1,1 Prozent zurück, während die Importe ebenfalls stagnierten.

Die deutsche Wirtschaft stagniert im zweiten Quartal, nach zwei Rückgängen im Winter.

© AFP/STF

Die Aufträge am deutschen Bau sind im ersten Halbjahr deutlich eingebrochen und unterstreichen damit die Krise der Branche. Die Bestellungen sanken binnen Jahresfrist preisbereinigt um 12,8 Prozent und nominal um 2,2 Prozent, wie das Statistische Bundesamt ebenfalls am Freitag mitteilte. Inflationsbereinigt fielen die Umsätze um 5,5 Prozent. „Der Nachfrageeinbruch im Wohnungsbau setzt sich immer weiter fort“, sagte Hauptgeschäftsführer Felix Pakleppa vom Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB). „Seit über einem Jahr sehen wir Monat für Monat markant sinkende Baugenehmigungszahlen und Auftragseingänge.“ Pakleppa bekräftigte, dass die Regierung dringend für Investitionsanreize sorgen müsse. Die Bauinvestitionen stiegen im zweiten Quartal nur noch minimal um 0,2 Prozent.

„Der Wohnungsbau befindet sich weiter im freien Fall“, sagte Hauptgeschäftsführer Tim-Oliver Müller vom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie. „Wenn nicht bald gegengesteuert wird, entwickelt sich die Wohnungsfrage zum sozialen Sprengstoff.“ Erst brächen die Baugenehmigungen und die Aufträge ein, dann fehlten die dringend benötigten Wohnungen. Dies führe zu steigenden Miet- und Kaufpreisen, die sich keiner mehr leisten könne, warnte Müller. Bundesbauministerin Klara Geywitz will im September ein Hilfspaket für die kriselnde Baubranche vorstellen. In rund einem Monat treffen sich Bau und Politik zu einem Wohnungsgipfel. 

Im Vorjahresvergleich sank das Bruttoinlandsprodukt (BIP) preisbereinigt um 0,6 Prozent und kalenderbereinigt um 0,2 Prozent, da im zweiten Quartal dieses Jahres ein Arbeitstag weniger zur Verfügung stand. Vor allem die Konsumausgaben lagen im Vorjahresvergleich deutlich im Minus: die privaten um 1,2 Prozent und die staatlichen sogar um 3,1 Prozent. Das lag vor allem an den deutlich niedrigeren Ausgaben wegen der Corona-Pandemie. Die Wirtschaftsleistung wurde im zweiten Quartal von rund 45,9 Millionen Erwerbstätigen erbracht. Die übliche Frühjahrsbelebung fiel mit 0,5 Prozent verglichen mit dem Vorquartal damit schwächer aus als vor einem Jahr.

Die Stimmung in den Chefetagen der deutschen Wirtschaft hat sich im August nicht nur im Bau, sondern auch im Handel, dem Verarbeitenden Gewerben sowie dem Dienstleistungsgewerbe weiter eingetrübt. Der ifo-Geschäftsklimaindex ging im August in allen Bereichen zurück und sank auf den niedrigsten Stand seit August 2020. Nach 87,4 Punkten im Juli, notiert der Index aktuell bei 85,7 Punkten. Zudem blicken die Unternehmen pessimistischer auf die kommenden Monate. 

Die Bundesbank geht davon aus, dass die Konjunktur auch im laufenden Sommerquartal stagnieren dürfte. Viele Fachleute erwarten für das Gesamtjahr 2023 einen Rückgang des BIP. Zuletzt verschärften Daten zum Einkaufsmanagerindex die Sorge, dass die maue Lage der Industrie noch stärker auf die Dienstleister übergreifen könnte. Die staatliche KfW-Förderbank geht in ihrer neuen Konjunkturprognose von einem Rückgang von 0,4 Prozent in 2023 und einem Wachstum von 0,8 Prozent in 2024 aus. Der Internationale Währungsfonds erwartet, dass Deutschland 2024 wieder um 1,3 Prozent wächst. (mit Reuters, dpa)

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