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Richard Lutz ist seit 1994 bei der Bahn und hat einen tadellosen Ruf.

© Britta Pedersen/dpa

Update

Neuer Chef für die Deutsche Bahn: Finanzvorstand Richard Lutz soll's richten

Die Suche nach einem Nachfolger für Rüdiger Grube an der Spitze der Bahn scheint entschieden: Finanzvorstand Richard Lutz soll den Staatskonzern aus der Krise führen.

Überraschung bei der Deutschen Bahn: Der langjährige Finanz-Vorstand Richard Lutz wird wohl an die Spitze des Schienenkonzerns rücken. Wie der Tagesspiegel am Montagabend aus Aufsichtsratskreisen erfuhr, soll Lutz in der kommenden Woche zum Nachfolger von Rüdiger Grube ernannt werden, der im Januar zurückgetreten war.

„Lutz ist ein fähiger Mann, er bringt Ruhe in den Konzern“, sagte eine Mitglied des Aufsichtsgremiums. Für Sonnabend habe Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) den 20-köpfigen Aufsichtsrat des Staatskonzerns zusammengerufen, um über die Personalie zu informieren. Der Aufsichtsrat tagt in der kommenden Woche, am 23. März wird die Bahn ihre Jahresbilanz vorlegen.

Auch die Nachrichtenagentur Reuters meldete unter Berufung auf mehrere Insider, dass Lutz neuer Bahn-Chef werden soll. Der 52-Jährige hat sich einen Ruf als tadelloser Controller und Finanzfachmann erworben. Ob er gut genug in Berlin vernetzt ist, um den politisch dominierten Bahn-Konzern zu führen, wird sich zeigen müssen. Lutz ist seit 1994 bei der Bahn und seit 2010 Finanzvorstand.

Der Grünen-Verkehrspolitiker Oliver Krischer hat die geplante Ernennung von Richard Lutz kritisiert. „Die Benennung von Lutz zeigt die Perspektivlosigkeit, mit der die große Koalition das Thema Bahn weiter betreibt“, sagte Krischer der Deutschen Presse-Agentur. „Von Aufbruch keine Spur.“ Lutz stehe für die „Verwaltung des Status Quo“ und nicht für einen Neuanfang für ein Unternehmen, das nachhaltige Mobilität als allererste Priorität ansehe. „Das Gewurschtel zwischen öffentlichem Auftrag und Weltlogistikkonzern geht weiter. Auf der Strecke bleibt der eigentliche Auftrag der DB: Umweltfreundliche und verlässliche Mobilität im Sinne der Kunden und Fahrgäste ermöglichen“, sagte Krischer.

Dem Vernehmen nach hat Lutz auch die Unterstützung von Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD), Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und des früheren Kanzleramtsministers und jetzigen Bahn-Infrastrukturvorstands Ronald Pofalla (CDU), der selbst als möglicher Nachfolger Grubes im Gespräch gewesen war.

Daran war jedoch aus dem Aufsichtsrat Kritik gekommen. Pofalla, einem Vertrauten von Kanzlerin Angela Merkel, fehle es an der nötigen Management-Erfahrung, um Bahn-Chef werden zu können, hieß es. Pofalla traf insbesondere bei der SPD und bei den Arbeitnehmervertretern auf Widerstand. Auch wollte man sich im Aufsichtsrat vor der Bundestagswahl nicht dem Vorwurf der „Mauschelei“ aussetzen.

Richard Lutz hingegen scheint auf breite Zustimmung zu stoßen. „Er hat weder ein SPD- noch ein CDU-Ticket“, sagte ein Aufsichtsrat dem Tagesspiegel. Nachdem Grube im Streit um seine Vertragsverlängerung überraschend den Konzern verlassen hatte, führte Lutz bereits kommissarisch das Unternehmen.

Würde er tatsächlich Vorstandschef werden, könnte sich Pofalla gleichwohl weiterhin Hoffnungen auf eine spätere Nachfolge an der Konzernspitze machen. Die Deutsche Bahn machte zuletzt mit 300.000 Beschäftigten einen Umsatz von 40 Milliarden Euro.

Mehrere Namen waren für die Grube-Nachfolge gehandelt worden. Unter anderem wurde der Siemens-Vorstand Siegfried Russwurm genannt. „Jenseits aller Spekulation gilt: Für einen solchen Job bewirbt man sich nicht, sondern wird nach intensiver Prüfung ausgewählt“, hatte Russwurm gesagt.

Auch der Chef der Schweizer Bahn SBB, Andreas Meyer, war genannt worden. Bevor er 2006 SBB-Chef wurde, arbeitete er neun Jahre lang für die Deutsche Bahn, war Leiter der Energiesparte und Mitglied der Konzernleitung. Heute ist Meyer auch stellvertretender Vorsitzender der europäischen Eisenbahngesellschaften.

Offenbar könnte es neben der Neubesetzung des Chef-Postens bei der Bahn einen größeren Umbau im Konzernvorstand geben. So soll dem Vernehmen nach ein neues Digital-Ressort geschaffen werden. Inwieweit die Ernennung von Richard Lutz zum Bahn-Chef die Position von Aufsichtsratschef Utz-Hellmuth Felcht berührt, blieb am Montagabend offen. Felcht war nach dem überraschenden Rückzug von Rüdiger Grube massiv unter Druck geraten.

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