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Ein Smartphone mit gebrochenem Bildschirm wird repariert: Auf EU-Ebene ist das sogenannte Recht auf Reparatur beschlossen worden.

© IMAGO/Zoonar.com/Andres Victorero / Bearbeitung Tagesspiegel

Recht auf Reparatur: Was bringt das den Verbrauchern?

Die EU hat beschlossen, ein Recht auf Reparatur bei bestimmten Produkten wie Kühlschränken und Handys einzuführen. Wird das etwas verändern? Das sagen drei Fachleute.

Von
  • Tim Seewöster
  • Katrin Meyer
  • Ralph Walther

Auf europäischer Ebene haben sich das Europäische Parlament und der Rat auf das sogenannte Recht auf Reparatur geeinigt. Erstmals sollen Verbraucherinnen und Verbraucher einen Rechtsanspruch bekommen, dass Hersteller sogenannter weißer Ware –darunter fallen vor allem große Haushaltsgeräte wie Wasch- oder Spülmaschinen – und Hersteller von typischen Alltagsprodukten wie Smartphones diese auf Wunsch reparieren müssen.

Darüber hinaus sollen Hersteller dazu verpflichtet werden, Ersatzteile für ihre Produkte zur Verfügung zu stellen und Kundinnen und Kunden auf das Reparaturrecht hinzuweisen. Mit den neuen Regeln soll es für Verbraucherinnen und Verbraucher einfacher und günstiger werden, ihre Geräte reparieren zu lassen.

Die Vorsitzende des Binnenmarktausschusses des EU-Parlaments, Anna Cavazzini, bezeichnete das Verhandlungsergebnis als einen „Durchbruch für den Verbraucherschutz“. Doch wird die Regelung auch bis zu den Verbrauchern durchdringen? Drei Fachleute ordnen das Gesetzesvorhaben der EU ein. Alle Folgen unserer Reihe „3 auf 1“ finden Sie hier.


Das Gesetz sollte für weitere Produkte ausgeweitet werden

Zunächst die gute Seite: Es wird einfacher werden, gewisse Produkte reparieren zu lassen. Da Hersteller verpflichtet werden, Reparaturen durchzuführen, Ersatzteile zu angemessenen Preisen anzubieten und herstellerunabhängige Reparaturen durch Software-Tricks nicht mehr zu verhindern, sollte es bald mehr attraktive Reparaturmöglichkeiten für Waschmaschinen, Staubsauger und sieben weitere Geräte geben.

Da liegt aber auch der Hase im Pfeffer: Die neue Richtlinie betrifft nur neun Produkte, und zwar explizit solche, die bereits gut zu reparieren sind. Die Richtlinie sollte also zügig auf mehr Produkte ausgeweitet werden.

Jetzt sind außerdem die Nationalregierungen an der Reihe, Anreizysteme wie einen Reparaturbonus umzusetzen und Strategien für den Fachkräftemangel im Reparatursektor zu entwickeln. Denn auch das beste Recht auf Reparatur bringt nichts, wenn wir nicht genug fähige Menschen haben, die eine steigende Nachfrage nach Reparaturen in Zukunft bedienen können.


Regeln für transparente Preise fehlen

Das Recht auf Reparatur markiert einen Eckpfeiler der Kreislaufwirtschaft und der Reduzierung von Elektroschrott. Doch es hat Lücken. Wie ein Brief der deutschen Refurbished-Branche kritisiert, bietet die Richtlinie Grundlagen, verfehlt aber entscheidende Forderungen hin zu einem offenen Reparaturmarkt. Hersteller behalten die Kontrolle über Ersatzteile, Werkzeuge und Anleitungen, was faire Preise und den Zugang für Verbraucher und Reparaturbetriebe einschränkt. 

Olaf Scholz formulierte gerade das Ziel, globaler Vorreiter der zirkularen Wirtschaft zu werden. Dazu muss die Richtlinie ergänzt werden. Ohne transparente Ersatzteilpreise und ein Ende der monopolistischen Hersteller-Praktiken wird das Recht auf Reparatur seine Wirkung verfehlen.

Am Ende geht es darum: Nachhaltiges und preisbewusstes Handeln sind kein Widerspruch und entsprechen dem Zeitgeist. Es ist also an der Zeit, verantwortungsbewusst zu handeln! Das wollen die Verbraucher auch – und genau das sollten die neuen Regelungen auch ermöglichen. 


Auf die konkrete Umsetzung kommt es an

Auch wenn das Recht auf Reparatur noch viele Produktgruppen ausklammert: Die Einigung ist ein wichtiger Schritt. Jetzt kommt es auf die konkrete Umsetzung an. Diese muss so verbraucherfreundlich wie möglich erfolgen und die Hersteller in die Pflicht nehmen. Wer sein Gerät reparieren will, darf nicht durch lange Wartezeiten oder hohe Kosten abgeschreckt werden.

Die Einigung auf EU-Ebene sieht vor, dass alle Mitgliedsstaaten mindestens eine Maßnahme zur finanziellen Förderung von Reparaturen umsetzen müssen. Das ist die Chance für einen bundesweiten Reparaturbonus für Elektrogeräte.

In Thüringen gibt es diesen Zuschuss bereits seit 2021 als gemeinsames Projekt des Thüringer Umweltministeriums und der Verbraucherzentrale. Wir haben sehr gute Erfahrungen damit gemacht. Allein 2023 wurden über 13.000 Reparaturen ermöglicht. Der Reparaturbonus ist ein dreifacher Gewinn: für die Umwelt, für den Geldbeutel der Verbraucherinnen und Verbraucher und für die lokale Wirtschaft.

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