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Telekom: Rundum zufrieden

Henning Voscherau, ehemaliger Hamburger Bürgermeister, legt seinen Schlichterspruch vor: Mitarbeiter bekommen 5,5 bis 8,6 Prozent mehr Geld. Das sein durchaus anständiges Ergebnis für alle Beteiligten, meint Vorscherau.

Beinahe beschwingt stellte sich Hennig Voscherau vor die Kameras im Berliner Maritim-Hotel Pro Arte. Ungewöhnlich für einen Hanseaten, unerwartet nach drei intensiven Tagen und zwei Nächten, in denen der ehemalige Hamburger Bürgermeister die Tarifparteien der Telekom zu einem Kompromiss führte. Das Resümee des Schlichters Voscherau: „Ein durchaus anständiges Ergebnis.“ Und zwar für alle Beteiligten. „Die Arbeitnehmer fahren heute etwas in die Scheuer für das nächste Jahr“, freute sich der Sozialdemokrat über die vereinbarten Lohnprozente. Schließlich könne niemand wissen „ob es sonst noch ’was gebe“ in diesen Zeiten der Weltwirtschaftskrise, in denen nichts so unsicher ist wie die Zukunft.

Kaum betroffen von der Krise ist bislang die Telekom. Das vergangene Geschäftsjahr lief sehr gut, der Gewinn verdoppelte sich auf 1,5 Milliarden Euro, und entsprechend hoch war die Forderung von Verdi: 8,5 Prozent mehr Geld für die 50 000 Tarifbeschäftigten der Telekom und ihre drei Servicegesellschaften, mindestens jedoch 220 Euro mehr im Monat. Vor der Schlichtung hatte das Unternehmen drei Prozent rückwirkend zum 1. Januar und zum 1. Januar 2010 weitere 2,5 Prozent angeboten. Das Schlichtungsergebnis ist ungewöhnlich, denn es liegt, zumindest auf den ersten Blick, genau auf dem Niveau des Arbeitgeberangebots: Also drei Prozent in diesem und weitere 2,5 Prozent im nächsten Jahr. Die Azubis bekommen 25 Euro (Techniker) und 30 Euro (Kaufleute und Call Center) mehr Geld.

Thomas Sattelberger, Personalvorstand der Telekom, redete dann auch nicht lange herum, als er gemeinsam mit seinem Verdi-Verhandlungsgegner Lothar Schröder und Voscherau am Freitagnachmittag das Ergebnis erläuterte. „Sie sehen mich frohgestimmt“, er sei „außerordentlich zufrieden“. Zu den Kosten des Abschlusses wollte er nur so viel sagen: „Sie liegen innerhalb des Budgetrahmens.“ Dem Grundsatz der Telekom, nämlich „finanzielle Teilhabe und Arbeitsplatzschutz“, werde das Tarifergebnis gerecht, freute sich Sattelberger.

Auch Verdi-Mann Schröder fühlte sich als Sieger. Denn für die rund 40 000 Mitarbeiter in den Servicegesellschaften – also den ganz überwiegenden Teil der Telekom-Belegschaft, dem beim letzten Tarifabschluss 2007 Lohneinbußen zugemutet worden waren – hat Schröder gut drei Prozent mehr herausgeholt als für die übrigen 6000 Beschäftigten. Statt ein Minus um 4,4 Prozent, wie ursprünglich vorgesehen, gibt es nun in diesem und im nächsten Jahr ein Plus von 4,4 Prozent. „Die drohende Absenkung ist vom Tisch, das Aufholen hat begonnen“, lobte Schröder das Ergebnis. Dass Verdi die Servicekräfte besonders im Auge hatte, ist verständlich: In diesen Unternehmensbereichen gibt es besonders viele Gewerkschaftsmitglieder. Und auch Sattelberger findet den überdurchschnittlichen Lohnzuschlag für die Servicekräfte ganz in Ordnung, denn „wir sind voll auf Kurs, was die Wettbewerbsfähigkeit der Servicegesellschaften angeht“, sagte der Personalchef.

Schröder, Sattelberger und Voscherau lobten sich einmütig für die Verlängerung des Kündigungsschutzes um ein Jahr. Damit sind betriebsbedingte Entlassungen in der Telekom bis Ende nächsten Jahres und in den Servicegesellschaften sogar bis Ende 2013 ausgeschlossen. Schließlich ist es der Telekom frühestens 2012 gestattet, eine Servicetochter zu verkaufen.

Zum Schluss appellierte Voscherau an Schröder und Sattelberger, nun ihrerseits in ihren Gremien für die Zustimmung zum Schlichterspruch zu werben. Er sei bereit, falls erforderlich, auch Verantwortung „auf meine nicht sehr breiten Schultern zu nehmen“. Sattelberger braucht das Einverständnis des Vorstands, Schröder die Zustimmung durch die Tarifkommission, die sich am kommenden Dienstag mit der Angelegenheit befasst.

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