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Kenia kämpft mit der dritten Dürre innerhalb eines Jahrzehnts.

© dpa / Dong Jianghui

Schattenseite der Zinswende: Welche Folgen drohen Entwicklungsländern?

Mehr Schulden, weniger Investitionen und stockende Exporte. Drei Expertenmeinungen zu den Folgen der Zinswende der westlichen Notenbanken.

Der Wandel der Zinspolitik der amerikanischen Notenbank Fed sowie der Europäischen Zentralbank (EZB) stellt nicht nur Unternehmen und Verbraucher:innen in den USA bzw. Europa vor große Herausforderungen. Welche Folgen hat die Zinspolitik westlicher Notenbanken in Entwicklungs- und Schwellenländern?

In unserem Format „3 auf 1“ fragen wir drei Expert:innen nach ihrer Einschätzung. (Alle Folgen „3 auf 1“ können Sie hier nachlesen)


Entwicklungs- und Klimainvestitionen bleiben auf der Strecke

Im Rückblick auf die Geldpolitik der 1980er Jahre bekannte der ehemalige US-Notenbankpräsident Paul Volcker: „Afrika war damals nicht einmal auf meinem Radar“. Auch bei den gegenwärtigen Zinssteigerungen drohen den Entwicklungsländern katastrophale Nebenwirkungen.

Die durch Pandemie und Inflation ohnehin schon angespannten Staatshaushalte der Entwicklungsländer werden jetzt durch steigende Zinsen zusätzlich belastet – vielerorts drohen Schuldenkrisen. Privates Kapital, welches während der Jahre niedriger Zinsen in Schwellenmärkten gute Renditen erzielte, fließt in risikoärmere Industrienationen zurück. Währungen geraten unter Druck, was lokale Preise weiter steigen und Reallöhne sinken lässt. Das verschärft die ohnehin vorhandene Armut. Dringende Entwicklungs- und Klimainvestitionen bleiben auf der Strecke. Durch verantwortungsvolle Finanzierung und Unterstützung bei der Schuldenpolitik sollten Industrienationen den ärmeren Staaten helfen, die Konsequenzen ihrer Geldpolitik abzufedern.


Die Zinswende verschärft die Schuldenkrise

Aufgrund der Zinswende fließt mehr Kapital aus Entwicklungsländern ab und weniger neue ausländische Direktinvestitionen fließen dorthin. Die Währungen der Entwicklungsländer haben daher gegenüber dem US-Dollar erheblich an Wert verloren. Diese Trends haben mindestens drei negative Auswirkungen auf Entwicklungsländer.

Erstens verschärft die Zinswende die Schuldenkrise. Die Zinskosten für bestehende Schulden sind gestiegen. Und die Risikoprämien für neue Schulden werden höher. Da die Schulden dieser Länder häufig in Dollar denominiert sind, erhöht eine Währungsabwertung zudem proportional ihre Schuldenlast. Zweitens haben die Währungsabwertungen zusammen mit der weltweiten Inflation zu einer sehr hohen Inflation in den Entwicklungsländern geführt. Drittens werden sowohl staatliche als auch private Investitionen unterdrückt wegen des stark angespannten fiskalischen Spielraums und der hohen Kapitalkosten. Das wiederum hat schwerwiegende Folgen für eine nachhaltige Entwicklung.


Die Exporte aus Entwicklungsländern sinken drastisch

Während in der Eurozone noch über die möglichen Profiteure der Zinswende gestritten wird, stehen die Verlierer außerhalb der Eurozone und den USA schon fest: die Schwellen- und Entwicklungsländer. Da die Zinsen in den USA kräftig steigen, fließt das Kapital aus diesen Ländern ab. Zudem geht die Nachfrage in den USA und der Eurozone zurück, auch nach den Produkten der Entwicklungs- und Schwellenländer. Deren Exporte verringern sich drastisch. Zudem ist mit der Zinswende eine Aufwertung des Dollars verbunden. Da Schwellen- und Entwicklungsländer ihre Kredite in Dollar aufnehmen müssen, müssen sie in ihrer Landeswährung nun mehr zahlen, um Zinsen und Kredite zu bedienen.

Deswegen bleibt weniger Geld in den Ländern für Konsum und Investitionen. Zu allem Überfluss sind die Zentralbanken dieser Länder in der Situation, zwischen Pest und Cholera wählen zu müssen: Erhöhen sie ebenfalls die Zinsen, verringern sie zwar den Abfluss des Kapitals und die Aufwertung des Dollars. Allerdings würgen sie damit die eigene Wirtschaft ab.

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