zum Hauptinhalt
Sozialpartner: Bundeskanzlerin Angela Merkel und der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann.

© Ralf Hirschberger/dpa

Gewerkschaften in den USA: Sehnsuchtsland Deutschland

US-Gewerkschafter empfangen den DGB-Chef Reiner Hoffmann. Vom deutschen Modell der Mitbestimmung sind sie weit entfernt.

Der Satz sagt alles. "Ich bin voller Neid, wenn ich höre, dass in Deutschland Regierung, Arbeitgeber und Gewerkschaften gemeinsam beraten“, gibt Richard Trumka zu. "Hier kommen Wirtschaft und Regierung zusammen und sprechen darüber, wie sie die Arbeiter loswerden können.“ Trumka weiß, wovon er spricht. Er ist seit 2009 Präsident des amerikanischen Gewerkschaftsdachverbands AFL-CIO und hat früher selbst eine Weile im Kohlebergbau gearbeitet. Um von den Erfahrungen der Deutschen zu lernen, hat der Verband Reiner Hoffmann, den Chef des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), nach Washington eingeladen. Es geht um die Zukunft der Arbeit. Auch die deutsche Botschafterin Emily Haber ist gekommen, um für das deutsche Modell zu werben.

Gewerkschaften haben es schwer in den USA, einer der liberalsten Volkswirtschaften der Welt. Die Mitgliederzahlen sinken, Mitbestimmung, wie sie in Deutschland praktiziert wird, ist Wunschdenken. Einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Gallup zufolge unterstützen angesichts der guten Wirtschaftsdaten zwar wieder 62 Prozent der befragten Amerikaner Gewerkschaften, aber nur 39 Prozent sind dafür, dass diese mehr Einfluss ausüben, 29 Prozent wollen sogar, dass ihr Einfluss abnimmt.

Die Digitalisierung bringt neue Herausforderungen

Auch darum schauen Arbeitnehmervertreter wie Trumka sehnsüchtig nach Deutschland, wo Gewerkschaften als "Sozialpartner“ akzeptiert sind. Aber auch in Deutschland zeigen sich inzwischen ähnliche Probleme wie in den USA, etwa beim Onlinehändler Amazon. Hoffmann gibt zu: "Arbeitgeber wie Amazon sind schwierig, da sie sich nicht an dem gesellschaftlichen Dialog beteiligen.“

Die Digitalisierung stellt nicht nur die Gewerkschaften vor ganze neue Herausforderungen. "Was passiert mit einer Gesellschaft, wenn es keinen Mechanismus gibt, um die Vorteile von Technologie, Robotik und künstlicher Intelligenz auf alle zu verteilen?“, fragt Trumka. Das sei eine Bedrohung, nicht nur für die Arbeiter, sondern für die Demokratie als Ganzes. Trumka betont zwar, dass die Gewerkschaften den Wandel begrüßten, aber es wird auch deutlich, wie wenig sie in den USA an der Debatte über dessen Konsequenzen beteiligt sind. "Arbeiter müssen wie in Deutschland einen Platz am Tisch bekommen“, fordert er.

Ein bisschen Hoffnung schöpfen die Gewerkschaften, die traditionell den US-Demokraten nahestehen, aus der Tatsache, dass Präsident Donald Trump den amerikanischen Arbeiter zum Thema macht. So hat Trump im Wahlkampf versprochen, die heimische Industrie zu stärken. Und beim Thema Aus- und Weiterbildung sucht die Regierung den Dialog mit den Gewerkschaften. Auch daher betont Trumka: "Wir unterstützen Themen, keine Parteien. Wir wollen Teil der nationalen Debatte sein.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false