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Daimler-Chef Dieter Zetsche am Montag beim Future Mobility Summit des Tagesspiegels auf dem Euref-Campus in Schöneberg.

© Kai-Uwe Heinrich

Future Mobility Summit 2018 in Berlin: Streit um die richtige Verkehrspolitik der Zukunft

Politik und Autoindustrie streiten beim Future Mobility Summit des Tagesspiegels um die richtige Richtung bei der Verkehrswende. Daimler-Chef Zetsche bezeichnet den modernen Diesel "als Teil der Lösung".

Ein Wunsch von Anton Hofreiter könnte in Erfüllung gehen. „Ich erwarte, dass die Bundesregierung Sie zu Hardware-Nachrüstungen älterer Diesel auf Ihre Kosten zwingt“, ruft der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag am Montag VDA-Präsident Bernhard Mattes zu. In Meseberg, bei seiner Klausur, könnte sich das Bundeskabinett tatsächlich auf eine solche Verpflichtung der Hersteller verständigen, hat Hofreiters Kollege Sören Bartol von der SPD gerade auf dem Future Mobility Summit des Tagesspiegels erklärt.

Der Ton in der Politik verschärft sich noch einmal – und die schmutzige Vergangenheit des Diesel fehlt bei keiner Diskussion über die Zukunft der Mobilität. Fraktionsübergreifend, mit Ausnahme der FDP, kann man sich offenbar im Bundestag darauf einigen, dass die Autobauer noch nicht aus der Dieselaffäre entlassen und noch einmal zur Kasse gebeten werden sollen. „Keine Toleranz“ gebe es, wenn die Autobauer die zugesagten Abgaswerte nicht einhielten, sagte auch Thomas Jarzombek von der CDU-Fraktion. Und noch ein Konsens ist erkennbar: Eine Initiative für einen kostenlosen ÖPNV für Kinder und Jugendliche können sich alle Fraktionen vorstellen. Beim Deutschen Städte- und Gemeindebund ist man da skeptischer. „Irgendwer zahlt immer, im Zweifel der Steuerzahler“, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg.

Optimismus verbreitete auf dem Summit Henning Kagermann, der sich zufrieden zeigte mit der deutschen Autoindustrie und der Arbeit der 2010 eingesetzten Nationalen Plattform Elektromobilität (NPE), die zu einer Plattform für die Zukunft der Mobilität ausgebaut werden soll. „Elektromobilität ist im Alltag angekommen“, sagte Kagermann. Die immer noch sehr niedrigen Anteile elektrifizierter Autos am gesamten Pkw-Bestand sei nicht beunruhigend. „In fünf Jahren werden die Hürden für die Anschaffung eines Elektroautos verschwunden sein: hoher Preis, geringe Reichweite und lückenhafte Ladeinfrastruktur“, sagte Kagermann. Rund 100 elektrifizierte Modelle würden deutsche Hersteller im Jahr 2020 anbieten, gut 30 seien es heute.

Lücke in der Wertschöpfungskette

Dass es in der europäischen Wertschöpfungskette noch eine Lücke gibt, verdeutlichte Martin Brudermüller, stellvertretender BASF-Chef. Die Hersteller und Zulieferer könnten inzwischen alles – nur keine Batteriezellen produzieren. „Nur zu wollen und zu reden, geht nicht“, warnte Brudermüller. Weil die Zellenproduktion so kapitalintensiv und zugleich zentral für die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Europa sei, müsse der Staat helfen. Denkbar seien im Rahmen der europäischen Industriepolitik neben der Forschungsförderung auch Investitionshilfen oder Ansiedlungsprogramme. Ein „konzertierter Einstieg“ in die Zellenfertigung sei notwendig. Im Jahr 2020 werde es Prognosen zufolge in Europa eine Produktionskapazität für Batteriezellen von 20 bis 25 Gigawattstunden geben. Dies seien nicht einmal zehn Prozent der dann in Asien vorhandenen Kapazität.

Berhard Mattes, Präsident des Verbands der deutschen Autoindustrie (VDA), betonte, dass sich die Industrie nicht aus der Verantwortung stehle, weder beim Diesel noch bei Zukunftsfragen. 250 Millionen Euro zahlten die deutschen Unternehmen in den Mobilitätsfonds ein, mit den Kommunen spreche man über Maßnahmen zur Luftreinhaltung. Außerdem würden 5,3 Millionen Diesel mit einem Software-Update versehen. Generell gelte: „Bestandserneuerung ist das beste Umweltprogramm“, sagte Mattes. Daimler-Chef Dieter Zetsche sagte, der moderne Diesel sei „Teil der Lösung“, räumte aber ein, dass die Branche ein Imageproblem habe, „das die Industrie zu verantworten hat, nicht die Politik“.

Ramona Pop, Wirtschaftssenatorin in Berlin, reist in diesen Tagen nach China, um mit dortigen Elektrobus-Herstellern zu sprechen, deutsche Fabrikate seien nicht zu bekommen, erklärte die Grüne. „Die deutschen Hersteller verpassen buchstäblich den Elektrobus“, sagte Pop. Daimler-Chef Zetsche widersprach: „Unser E-Bus wird noch im laufenden Jahr auf den Markt kommen.“ Die Berliner Verkehrsbetriebe wollen in den kommenden Jahren 120 E-Busse anschaffen, aktuell sind vier batteriebetriebene Fahrzeuge in Berlin im Linienbetrieb unterwegs.

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