zum Hauptinhalt
Philippe Martinez von der Sorbonne Université in Paris nutzte eine spezielle Röntgentechnik, um übermalte Farbpigmente zu analysieren.

© Catherine Defeyt - CEA - Univers

Altägyptische Grabbilder gefakt: Forschende enttarnen Übermalungen

Bilder in ägyptischen Grabkammern scheinen exakt vorausgeplant zu sein. Doch perfekt waren sie nicht immer. Ein internationales Team hat mit moderner Strahlentechnik nachträgliche, deutliche Veränderungen aufgedeckt.

Von Simone Hummel, dpa

Bilder in altägyptischen Gräbern wurden nachträglich zum Teil drastisch verändert. Das hat ein internationales Forschungsteam mit modernen Strahlentechniken bei über 3000 Jahre alten Gräbern in der altägyptischen Stadt Theben nachgewiesen. Demnach wurden das Bild von Ramses II. im Grab des Priesters Nakhtamun und ein Gemälde im Grab des hohen Beamten Menna nachträglich zum Teil übermalt. So wurde etwa der Kopfschmuck im Bild von Ramses II. grundlegend überarbeitet. In einer Anbetungsszene in Mennas Grab wurden Position und Färbung eines Arms verändert.

„Die Forschung des Teams zeigt, dass pharaonische Kunst und die Bedingungen ihrer Produktion sicherlich dynamischer und komplexer waren als bisher angenommen“, schreibt die nationale französische Forschungsorganisation CNRS in einer Mitteilung. Die Gruppe um Philippe Martinez und Philippe Walter von der Sorbonne Université in Paris nutzte eine spezielle Röntgentechnik, um übermalte Farbpigmente zu analysieren.

Das Porträt von Ramses II., der Ägypten von etwa 1279 bis 1213 v. Chr. regierte, zeigte deutliche Veränderungen: Die ältere Darstellung des Pharaos im Grab von Nakhtamun hatte eine andere Krone, ein anderes Zepter und eine veränderte Halskette. Den Grund für die komplexen Veränderungen der Machtsymbole des Pharaos kennen die Forscher nicht.

Menna war Aufseher über die Landvermessung unter dem Pharao Amenophis III. (etwa 1391–1353 v. Chr.). Andere Forscher hatten schon entdeckt, dass die Haltung eines Arms in einer Anbetungsszene in seinem Grab nachträglich verändert wurde. Nun fand das Team zudem, dass sich auch die für die Hautfarbe des Armes verwendeten Pigmente von denen unterscheiden, die bei der ersten Version genutzt wurden.

Aus Analysen der Pinselführung schließen die Forscher, dass in dem Grab mindestens vier Maler tätig waren. Leider zeige die Analyse des Vorgehens der Maler bei ihrer Arbeit nicht, warum diese Veränderung geschehen ist, schreiben die Autoren im Journal „PLOS ONE“.

Umfangreiche Überarbeitungen

Der Umfang der Überarbeitungen habe ihn überrascht, sagte Thomas Christiansen, Ägyptologe der Danish National Encyclopedia dem Online-Magazin „Science“. Der Experte war nicht an der Studie beteiligt. Nach seiner Vermutung deuten die Überarbeitungen darauf hin, dass ein Meisterkünstler das Projekt geplant hatte, dann Lehrlinge die Farbe auftrugen und der Meister später die Bilder korrigierte. „In die Umsetzung einer vorgefassten künstlerischen Idee wurde mehr Aufwand gesteckt, als wir dachten“, betonte er.

Die Tatsache, dass die Maler Gemälde überhaupt veränderten, stelle die Annahmen vieler Historiker über die ägyptische Kunst als präzise in Frage, sagte Martinez dem Magazin. „Wir sehen, dass nichts perfekt ist.“

Porträt von Ramses II. aus dem Grab von Nakhtamon (ca. 1.200 v. Chr.). Der Kopfschmuck, die Halskette und das königliche Zepter wurden während der Ausführung des Gemäldes nachgebessert.
Porträt von Ramses II. aus dem Grab von Nakhtamon (ca. 1.200 v. Chr.). Der Kopfschmuck, die Halskette und das königliche Zepter wurden während der Ausführung des Gemäldes nachgebessert.

© LAMS-MAFTO, CNRS

Bislang seien solche Veränderungen der Bilder selten registriert worden, was aber auch an der lange fehlenden Technik liegen könne, schreiben die Studienautoren. Für die Studie nutzte das Team nun die Makro-Röntgenfluoreszenzspektroskopie (MA-RFS), bei der Geräte langsam über eine Bildfläche bewegt werden. Die dazu genutzten Geräte seien klein genug, um in die Grabkammern getragen zu werden.

Mit der Röntgenfluoreszenzspektroskopie lassen sich Farbpigmente zerstörungsfrei untersuchen. Die Farbe wird dabei durch bestimmte Röntgenstrahlen angeregt. Ein Detektor misst die daraufhin entstehenden Fluoreszenzstrahlen, die für jedes Element spezifisch sind. Da bekannt ist, aus welchen Elementen sich die jeweils genutzten Farben zusammensetzen, können die Forscher von den Elementen auf die Farben schließen.

Die Anwendung dieser Röntgenmethode auf altägyptische Wandgemälde „ist wirklich ein Paradigmenwechsel“, sagte Marine Cotte von der European Synchrotron Radiation Facility (ESRF) in Grenoble dem Online-Journal „Science“. Sie hatte früher mit den Autoren der Studie zusammengearbeitet, war aber nicht an dieser Studie beteiligt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false