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Eiskalt. Die Bilder zeigen den Südpol des Mondes. Auf der linken Karte sind die Jahresdurchschnittstemperaturen direkt unter der Mondoberfläche farbig gekennzeichnet. Die weißen Flächen auf der rechten Karte zeigen, wo die Temperaturen niedrig genug sind, dass dort Wassereis lagern könnte.

© Science

Astronomie: Schatzkiste auf dem Mond

2009 ließ die Nasa eine Rakete in einen Mondkrater stürzen. Mehr als vier Tonnen Staub wurden durch die Kollision aufgewirbelt. Nun zeigen die Ergebnisse: Es gibt dort viel mehr zu entdecken als Wasser.

Die Nachricht ging um die Welt: Wasser auf dem Mond nachgewiesen! Im vergangenen November setzte die US-Raumfahrtbehörde Nasa alle Hebel in Bewegung, um den Triumph bekannt zu machen. Überraschend kam er aber nicht, schließlich hatten bereits mehrere Mondsonden mit verschiedenen Messverfahren Wasser auf dem Erdtrabanten indirekt nachgewiesen. Was eher faszinierte war die Art und Weise, wie die Nasa-Forscher dieses Mal zu Werke gingen. Am 9. Oktober 2009 jagten sie eine ausgediente Raketenoberstufe in den Krater Cabeus unweit des lunaren Südpols. Das Geschoss wirbelte eine große Staubwolke auf, die dann von zwei Sonden aus unterschiedlichen Perspektiven beobachtet und analysiert wurde.

Und siehe da: Das Stück Rakete hatte neben viel Staub tatsächlich Wassereis aufgewirbelt, wie die Nasa wenige Wochen später meldete. Heute, ein Jahr später, präsentieren mehrere Wissenschaftlerteams im Fachblatt „Science“ gleich sechs Artikel mit Messdaten von dem lunaren Crash (Band 330, Seite 463). Neben weiteren Details zum Wasserfund sind auch einige Überraschungen dabei.

Die Auswahl des Kraters war kein Zufall. Cabeus hatte die besten Voraussetzungen für die Wassersuche: Er ist einer der kältesten Orte des Mondes und zugleich des Sonnensystems. Am Kraterboden, wo die Sonne niemals hinscheint, ist es bis zu minus 235 Grad Celsius kalt, so dass Wasser aber auch Schwefelwasserstoff oder Kohlendioxid als Eis fixiert sind und kaum verdunsten. Zudem hatte ein Neutronendetektor auf der bis heute aktiven Nasa-Sonde LRO (Lunar Reconnaissance Orbiter) dort besonders starke Hinweise für die Existenz von Wasser ausgemacht.

Also wurde die gut zwei Tonnen schwere Oberstufe dorthin geschickt. Mit vier Minuten Verzögerung folgte die Sonde „Lcross“ (Lunar Crater Observation and Sensing Satellite). Sie sollte die erwartete Staubwolke mit neun verschiedenen Instrumenten aus der Nähe analysieren und dann ebenfalls zu Boden gehen. Mit Tempo 9000 schlug die Raketenstufe ein und schuf einen knapp 30 Meter breiten Krater. Wie viel Material nach oben geschleudert wurde, ist unklar. In den höheren „Luft“-Schichten, die von der Sonne beschienen werden, machten die Wissenschaftler vier bis sechs Tonnen Staub aus. Ein nennenswerter Teil davon war Wasserdampf. Anthony Colaprete vom Nasa Ames Research Center und sein Team schätzen, dass der Kraterboden rund fünf Prozent Wassereis enthält.

„Der Auswurf zeigt aber auch, dass der Mondboden komplexer ist als wir dachten“, stellt der Planetengeologe Peter Schultz von der Brown University in Providence fest. Neben Wasser enthält er weitere flüchtige Verbindungen wie leichte Kohlenwasserstoffe, Kohlenmonoxid und Kohlendioxid sowie Schwefelverbindungen. „Am meisten überrascht waren wir, als wir auch Quecksilber entdeckten, und zwar in ähnlicher Häufigkeit wie Wasser“, fügt Kurt Retherford vom Southwest Research Institute in San Antonio hinzu. Auch Silber fand sich in der Dunstwolke.

Bereits die Apollo-Astronauten, die in den äquatornahen Gegenden den Mond erkundeten, hatten geringe Mengen Silber sowie Gold entdeckt. Schultz vermutet, dass die Edelmetalle, wie auch die anderen Elemente, über den gesamten Mond verbreitet sind und atomweise zu den Polen wandern. Seiner Meinung nach geht das so: Asteroiden und Kometen lieferten in den vergangenen viereinhalb Milliarden Jahren massenhaft Elemente und Verbindungen, die im Mondboden eingeschlossen sind. Durch kleinere kosmische Treffer oder durch Sonnenstrahlung erhalten sie Energie, mit deren Hilfe sie sich „befreien“ und auf der Oberfläche bewegen können. Erreichen sie einen der dunklen, kalten Krater in Polnähe, fehlt ihnen Energie, so dass sie gewissermaßen in die Falle gehen. „Cabeus ist eine Art Schatzkiste für Elemente und Verbindungen, die von überall her auf dem Mond kommen und jetzt im ewigen Schatten festgehalten werden“, erläutert Schultz. Trotzdem sei die Silberkonzentration so gering, dass es sich nicht lohne, das Metall dort abzubauen.

Ein Mondbergbau, wie er in manchen Science-Fiction-Büchern beschrieben wird, wäre im Cabeus-Claim ohnehin schwierig, denn der Untergrund ist überraschend weich. Und auch dass der Mensch die Wasservorkommen demnächst anzapfen könnte, um beispielsweise eine Mondstation zu betreiben, ist unwahrscheinlich. Die Nasa will vorerst keinen Astronauten mehr zum Erdtrabanten schicken, sondern eher zu einem Asteroiden und zum Mars. Ob die Russen angesichts der fehlenden Konkurrenz und knappen Budgets ihre bemannten Mondpläne vorantreiben, ist fraglich. Bleibt nur China, das nach wie vor in den nächsten zehn bis 15 Jahren Menschen zum Erdtrabanten bringen will.

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